Vortrag über Via Claudia lockt viele Zuhörer

Klaus Wankmiller im Gespräch mit Heimatforscher Magnus Peresson
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Da sollte man doch denken, es ist Urlaubszeit, alle sind verreist und niemand interessiert sich für einen Vortrag über die Via Claudia Augusta im Museum Reutte. Doch weit gefehlt – der Vortragsraum war überfüllt, alle Stühle des Museums reichten nicht für die Zuhörer aus. Mehr als 20 Personen saßen und standen noch im Nebenraum ohne Sicht auf den Referenten Klaus Wankmiller.

Klaus Wankmiller war bei dem Thema ganz in seinem Element. Zunächst gab er einen zeitlichen Überblick über die Römerzeit und insbesondere den Bauherren der Via Claudia Augusta – Kaiser Augustus. Um sich vor den angeblichen Überfällen der Kelten in Oberitalien zu schützen, beschloss Kaiser Augustus, dessen Regierungszeit von 31 vor Christus bis 14 nach Christus reicht, die Alpenstämme zu unterwerfen. Im Alpenfeldzug des Jahres 15 vor Christus wurden über 40 Alpenstämme durch die Feldherren Drusus und Tiberius unterworfen. Während Tiberius die westliche Route wählte und es zu einer großen Schlacht nahe einer Insel (vermutlich Lindau) kam, führte Drusus seine Truppen auf den bereits vorhandenen Altwegen der Steinzeit über den Reschenpass und den Fernpass ins Außerfern. Auch bei Drusus kam es zu einer Entscheidungsschlacht, die früher am Fuße des Auerbergs vermutet wurde. Möglicherweise hat diese Schlacht bei Füssen (Damasia) stattgefunden, Klaus Wankmiller favorisiert die Entscheidungsschlacht den Döttenbichl bei Oberammergau – einem vorrömischen Opferplatz.

In den Jahren 46./47. n. Chr. errichteten römische Legionäre die einzge römische Staatsstraße nördlich der Alpen, die Via Claudia Augusta, auch VCA abgekürzt. Nicht nur was den vermuteten Verlauf bei Füssen betrifft, wird in der Fachwelt heftig gestritten. Ebenfalls darüber wird gestritten, wo die Via Claudia beginnt. Hier beäugen  sich die Städte Altino und Ostiglia argwöhnisch. Früher war man sich einig, dass die Via Claudia in eine Straße entlang der Donau einmündet, inzwischen gibt es jedoch auch eine Theorie, die davon ausgeht, dass die Via Claudia bis 60 km vor Berlin führt. Angeblich sei Kaiser Augustus nach der Eroberung Britanniens im Jahr 43 n.Chr. über die Route der jetzigen Via Claudia nach Rom zurück gekehrt und habe sich dabei über den schlechten Straßenzustand geärgert. Mit dem Ergebnis, dass er den Befehl zum Staßenausbau gab auf einer Altstraße, die bereits seit der Steinzeit über den Reschen führt. Im Außerfern kann der Verlauf wie folgt skizziert werden: Fernpass, Lermooser Becken, Reuttener Talkessel, Kniepass, Pinswang, Kratzer, Füssen. Möglich sind auch Varianten bei den Straßenverläufen, wenn etwa ein Hangrutsch eine Verlegung notwendig machte.

Die römischen Straßen wurden von Soldaten gebaut und waren bis zu 10 m breit, meistens jedoch nur einspurig mit Ausweichstellen. Sie hatten eine Wölbung in der Mitte, so dass das Regenwasser zu den Seiten hin abfließen konnte. Das Straßenfundament bestand aus großen Steinbrocken, über die grober Steinschotter, oft mit Mörtel vermischt aufgetragen wurde. Die Straßendecke bestand aus feinem Steinschotter in der Größe von Nüssen, die Zwischenräume wurden durch Kies ausgefüllt. Gepflasterte Straßen gab es nur in den Städten. Die römische Wagenbreite betrug 1,10 m, während der mittelalterliche Abstand zwischen den Räden 1,00 m maß.

Im Außerfern gab es nicht nur die Via Claudia, sondern auch eine vorrömische Altstaße von Ehrwald nach Garmisch. Eine weitere Abzweigung der Via Claudia, bzw. deren Vorgängerstraße führte über Musau, Vils und Pfronten nach Kempten. Im Straßenverlauf wurden zahlreiche Funde wie Ochsen- und Pferdeschuhe (ähnlich wie Hufeisen), Waffen und Münzen gemacht. In regelmäßigen Abständen gab es Straßenstationen. Eine solche ist bei Biberwier entdeckt worden. Römische Veteranen bauten groß angelegte Villen, wie etwa die Gebäude unterhalb des Tegelbergs. Eine solche Villa ist jedoch im Außerfern bisher noch nicht bekannt.

Eine Meisterleistung war für die Straßenbauer die Durchquerung des Lermooser Beckens wegen des sumpfigen Untergrundes. Die Römer haben hier eine „dreistöckige“ Holzkonstruktion gewählt, die auf und im Sumpf schwimmt. Es konnte ermittelt werden, dass die untersten Balken in den Jahren 33 und 46 n. Chr. gefällt wurden. Dafür wurden Tannen, Fichten und Buchen verwendet. Für die Jahre 74, 95 und 102 n. Chr.  sind größere Reparaturarbeiten belegt und es wurden neue Balkenschichten aufgelegt, was auf eine intensive Nutzung der Straße schließen lässt. Als die Route über den Brennerpass immer mehr an Bedeutung gewann, war die Fernpassroute mit dem Übergang des Reschenpasses am Alpenhauptkamm nicht mehr so gefragt. Deswegen kam es zu einer Verödung der Straße durch das Lermooser Becken ab dem Jahr 200 n. Chr. Nach dem 6. Jahrhundert ist die Straße über das Moor bei Lermoos endgültig verfallen und es wurde der trockenere Rand des Lermooser Beckens für die Straßenführung benutzt, wo auch heute noch die Straße von Biberwier nach Lermoos führt.

Der Vortrag von Klaus Wankmiller war sehr anschaulich mit Bildern unterlegt. Auch bekannte Heimatforscher aus Füssen wir Magnus Peresson, Christoph Böhm und Matthias Thalmeier waren unter den Zuhörern. Der Vortrag wird voraussichtlich im September 2018 noch einmal wiederholt. Ernst Hornstein wies am Schluss noch darauf hin, dass in absehbarer Zeit ein größerer Vortragsraum im Grünen Haus zur Verfügung stehen wird.

Wo: Grünes Haus, Untermarkt 25, 6600 Reutte auf Karte anzeigen
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