Streetworkerin Kerstin Hofstätter
"Jugendliche können mit ihrer Lebensentfaltung nicht warten, bis die Pandemie vorbei ist!"

Kerstin Hofstätter, Streetworkerin in Ried. | Foto: Hofstätter
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Das Jugendwort des Jahres 2020 ist „Lost“. Sind auch die Jugendlichen im Bezirk Ried durch Corona „verloren“ und „unsicher“?
Ja, sie sind verunsichert. Bei den jungen Menschen, die sich an uns wenden, spüren wir verstärkt seelische Krisen, Unsicherheit, Unruhe, Zukunftsängste, finanzielle Engpässe, Ratlosigkeit und fehlende Perspektiven. Ängste, Sorgen und ganz viele Fragen, wie sie das alles – auch in Zukunft – schaffen sollen, begleiten uns tagtäglich. Manche haben keine Ahnung, wie es weitergehen soll und schaffen es kaum, ihren Alltag aufrecht zu erhalten. Besonders diese Jugendlichen sind um unser Angebot sehr denkbar. So kommen sie sich nicht verlassen und ahnungslos vor.

Wie schaut Ihr Angebot aus?
Wir versuchen, den Jugendlichen auch in der Pandemie Halt und Orientierung zu geben.  Wir wollen ihnen zeigen, dass es okay ist, wie sie sind und dass es gerade niemanden wirklich leichtfällt. Wir laden zu Gesprächen ein, wir fragen nach, wir sind offen, ehrlich und authentisch. Dass Streetwork seit über 23 Jahren akzeptierende wertschätzende Kontakt- und Beziehungsarbeit leistet wird auch in Zeiten von Covid 19 sehr deutlich: vertrauensvoll, selbstbestimmt und offen wenden sich immer mehr junge Menschen an uns.

Was vermissen die Jugendlichen durch die Corona-Situation am meisten?

Die Ungezwungenheit, sich zu treffen, die Nähe, Umarmungen, Emotionen und das Gefühl, „Dasein zu dürfen“. Die Jugendphase ist schnelllebig und junge Menschen können mit ihrer
Lebensentfaltung nicht warten, bis die Pandemie vorbei ist. Jugendliche sehnen sich auch nach Normalität. Es geht oft in den Diskussionen unter, wie wichtig dies für die junge Generation ist: Normalität hilft ihnen, ihr Leben auf die Reihe zu kriegen und Stress abzubauen. 

Gibt es in Ried bereits irgendwelche Konzepte, wie man Corona-adäquate Angebote für Jugendliche schaffen könnte oder ist einfach alles auf Eis gelegt?

Wir von Streetwork haben letztes Jahr schnell reagiert und sind mit vielen Ideen und Kreativität losgezogen, um das Möglichste anzubieten: Im Sommer haben wir eine WLAN-Karte erstellt um aufzuzeigen, auf welchen Plätzen gratis Internet für Jugendliche möglich ist. Ein Basketball/ Musik & Chill war im September auch machbar. Im Herbst folgten ein Graffiti Tag und mehrere Aktionen beim Streetwork Büro. Natürlich alles unter Einhaltung der Hygienevorschriften. 

Immer wieder hört man, dass durch Corona psychische Probleme besonders bei jungen Menschen zunehmen. Können Sie das bestätigen?
Ja, die psychischen Belastungen haben stark zugenommen. Die Ungewissheit, wie es weitergeht, finanzielle Sorgen, Verschuldung, Arbeitslosigkeit und/ oder schwierige Wohnverhältnisse belasten die Jugendlichen schwer. Viele dieser Sorgen und Ängste wurden durch Corona, oftmals unverschuldet, verstärkt.

Kerstin Hofstätter, Streetworkerin in Ried. | Foto: Hofstätter
"Junge Menschen können mit ihrer Lebensentfaltung nicht warten, bis die Pandemie vorbei ist", sagt Kerstin Hofstätter von Streetwork. | Foto: Streetwork

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