„Wird einen massiven Ärztemangel geben“
In den nächsten zehn Jahren werden 60 Prozent der Ärzte in Pension gehen, mehr als derzeit in Ausbildung sind – ein Ärztemangel droht.
BEZIRK (lenz). „Wenn sich die Bevölkerungspyramide, was die Ärzte anbelangt, weiter so zuspitzt, ist in fünf bis acht Jahren ein massiver Ärztemangel zu erwarten“, weiß Silvester Hutgrabner, Bezirksärztevertreter und Kurienobmann-Stellvertreter der niedergelassenen Ärzte. 2020 würden demnach in Europa 230.000 Ärzte fehlen. „Das ist alles nachrechenbar, es gibt auch Studien dazu. Das Problem ist, dass die Politik zu wenig reagiert. Dabei müssen wir schon jetzt manche Stellen x-Mal ausschreiben, und zum Teil gibt es dann nur einen Bewerber“, so Hutgrabner.
Schlechte Arbeitsbedingungen
Grund dafür seien die schlechten Arbeitsbedingungen. Bereitschaftsdienste, die mit 1,54 Euro in der Stunde entlohnt werden und arztfremde administrative Tätigkeiten machen den Beruf zunehmend unattraktiv, der Ärzte-Nachwuchs würde daher vermehrt ins Ausland abwandern. „Die jungen Ärzte sind eine andere Mediziner-Generation im Vergleich zu uns ‚alten Dinosauriern‘. Tagein, tagaus Dienst zu machen gibt es da nicht mehr“, so Hutgrabner. Zu viele Bereitschaftsdienste, die noch dazu schlecht honoriert werden – dieses Problem kennt auch Thomas Plunger, Allgemeinmediziner aus Obernberg. Mit Anfang April wird dort der Vertretungskreis der Ärzte erweitert, die Dienstzeiten somit halbiert (siehe Interview Seite 4). Ziel sei die Attraktivierung des Berufes, denn eines sei klar: „Die Arbeitsbedingungen für Ärzte müssen verbessert werden, damit sie in Österreich bleiben. Wenn es so weitergeht, wird die Versorgungspyramide nicht mehr funktionieren“, so Hutgrabner.
Immer weniger Gemeindeärzte
Oliver Rendel, Geschäftsführer des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern Ried, erklärt: „Es ist schwierig, Fachärzte aus anderen Regionen für das Innviertel zu gewinnen, deshalb setzen wir sehr stark auf die Ausbildung in der Region für die Region. Als Lehrkrankenhaus versuchen wir angehende Mediziner frühzeitig für unser Spital zu begeistern.“
Dabei mangelt es aber nicht mehr nur an Fachärzten, auch der Nachwuchs an Allgemeinmedizinern wird weniger. Derzeit gibt es 38 Allgemeinmediziner und 42 Fachärzte im Bezirk. Die Hausärzte im Bezirk sind im Schnitt 55 Jahre alt, 2020 wird der Altersdurchschnitt bei 64 Jahren liegen. „Richtig prekär wird es in vier, fünf Jahren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge kommen. Dann wird es eine Pensionierungswelle geben“, weiß der Bezirksärztesprecher.
Seitens der Ärztekammer will man dem Ärztemangel mit einer Medizin-Universität für Oberösterreich entgegensteuern: „Viele Studienplätze vor Ort erhöhen die Chancen, dass die Absolventen hier bleiben“, heißt es. Für Hutgrabner dennoch kein Allheilmittel, denn auch wenn sofort eine Universität errichtet werden würde, dauert die Ausbildung rund 15 Jahre. „Zuerst müssen bessere Arbeitsbedingungen geschaffen werden, damit der Beruf auch für die Ärzte Sinn macht. Jeder Arzt hat eine Nacht pro Woche und einmal im Monat Bereitschaft. Wenn sich da nix ändert, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Dienstsprengel werden zu groß oder wir machen das nicht mehr, denn keiner macht das wegen dem Geld.“
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