Interview
Christian Heinle über das Aus in Ried

Christian Heinle (38) wurde im März als Trainer der SV Ried entlassen. Aktuell bereitet er sich auf kommende Aufgaben vor.  | Foto: Reinhard Schröckelsberger
  • Christian Heinle (38) wurde im März als Trainer der SV Ried entlassen. Aktuell bereitet er sich auf kommende Aufgaben vor.
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Christian Heinle feiert heute seinen 38. Geburtstag. Im ersten Interview nach der Entlassung als Cheftrainer der SV Ried spricht der Grieskirchner mit der BezirksRundschau über die Gründe und seine Zukunft.

RIED/GRIESKIRCHEN. Christian Heinle war Stürmer in der Oberösterreich-Liga, war unter seinem Vater Co-Trainer bei Rottenbach in der Bezirksliga und dort später auch Spielertrainer. 2017 übernahm er den Posten des Cheftrainers beim Oberösterreichligisten SV Grieskirchen. Nach seinem Engagement bei den Jungen Wikingern wurde der 38-Jährige Co-Trainer bei den Profis der SV Ried, ehe er beim Bundesligisten 2021 Interimstrainer wurde. Im April 2022 bekam Heinle einen Vertrag als Cheftrainer bei der SVR. Im März dieses Jahres trennten sich nach einer Niederlage gegen RB Salzburg die Wege von Heinle und der SV Ried.

Wie haben Sie nach der Entlassung Ihre Zeit verbracht, und wie haben Sie sich unmittelbar danach gefühlt?
Heinle: Die ersten Tage danach waren nicht so toll, weil ich von unserem eingeschlagenen Weg doch sehr überzeugt war, und weil mir auch die Mannschaft jeden Tag das Gefühl gegeben hat. Mittlerweile habe ich mit meiner Familie und meinen Freunden Energie tanken können. Mir geht es gut und ich habe Zeit mit denen verbracht, die in den letzten zwei Jahren zu kurz gekommen sind. Mein Sohn ist eineinhalb Jahre alt und ich hatte bis dato wenig Zeit für ihn. Außerdem hinke ich bei der UEFA-Pro-Lizenz noch hinterher. Hier bin ich aktuell dabei, gewisse Dinge voranzubringen. Als Trainer blieb dafür kaum Zeit.

Sind Sie auf irgendwelche Entscheidungsträger in Ried sauer?
Nein! Ried ist ein toller Verein. Die Fans sind klasse und die Infrastruktur ist für österreichische Verhältnisse top! Sauer darf man in diesem Geschäft nicht sein. Entlassungen sind „Part oft he Game“. Die Entscheidungsträger haben sicherlich eine gründliche Analyse betrieben und aufgrund dieser ihre Entscheidung getroffen. Diese habe ich als Mitarbeiter zu respektieren.

"Ganz ehrlich? Der Zeitpunkt war schon eher überraschend für mich." Christian Heinle

War Ihre Entlassung für Sie absehbar?
Ganz ehrlich? Der Zeitpunkt war schon eher überraschend für mich. Fußball ist Ergebnissport, das steht außer Frage. Wenn die Resultate ausbleiben, ist der Trainer immer das schwächste Glied. Wir waren in der Winterpause 11. in der Tabelle und damit nicht zufrieden. Während der Pause haben wir eine unglaublich intensive Analyse betrieben. Die Transfers, welche wir im Winter getätigt haben, waren gut und die Vorbereitung zufriedenstellend. Auch wenn ich weiß, dass man die Testspiele nicht zu groß bewerten sollte, haben wir keines verloren. Vor allem die inhaltlichen Dinge haben sich sehr gut entwickelt. Es ist aber nicht meine Aufgabe, über den Grund der Entlassung zu spekulieren. Die Verantwortlichen waren überzeugt, die beste Entscheidung zu treffen, das habe ich zu respektieren. Wenn du einen Job bekommst, wirst du dafür bezahlt, dein Bestes zu geben, solange du da bist. Das habe ich gemacht.

War die Mannschaft noch intakt?
Die Mannschaft war völlig intakt! Die leichte Adaptierung der Gewichtung aus unserer Spielidee aus dem Herbst hat sich in allen Daten gezeigt, dahingehend war der Zeitpunkt überraschend. Und: Die letzten Auftritte gegen RB Salzburg und den LASK waren sehr ordentlich und verletzte Spieler standen kurz vor der Rückkehr. Nun kommen auch noch die Gegner auf Augenhöhe!

"In Summe haben wir nach unseren Adaptierungen im Frühjahr sieben gute Halbzeiten gespielt und eine sehr schlechte zweite Halbzeit gegen Hartberg." Christian Heinle.

Wie lautet Ihre Analyse zum Rückrundenstart?
Im Cup gegen den Wiener Sport-Club sind wir sehr professionell und gut aufgetreten und verdient in die nächste Runde eingezogen. Beim Bundesligaspiel gegen Hartberg fehlten uns leider wieder einige Spieler und trotzdem hätten wir zur Halbzeit klar führen müssen. Aber nach einer schlechten zweiten Halbzeit verloren wir leider. Gegen den LASK und in Salzburg haben wir eine ordentliche Leistung geboten. In Summe haben wir nach unseren Adaptierungen im Frühjahr sieben gute Halbzeiten gespielt und eine sehr schlechte zweite Halbzeit gegen Hartberg.

Also waren nur die Ergebnisse schlecht?
Ein Trainer kann die Ergebnisse nur indirekt beeinflussen, viel mehr die Art und Weise wie gespielt wird. Im Fußball spielt auch der Zufall eine große Rolle. Im Herbst hatten wir teils große Probleme mit der Dynamik. In unserer Analyse haben wir festgestellt, dass wir in etlichen Werten auf einem sehr guten Weg waren und wir uns im Frühjahr im Bereich des Pressings, der Ballrückeroberung bis hin zur Defensiv verbessert haben. Die Transfers im Winter waren dafür sehr wichtig.

"Wir sind daran gescheitert, dass wir zu viele Chancen ungenutzt liegen gelassen haben." Christian Heinle

Was war laut Analyse das größte Problem?
Wir sind daran gescheitert, dass wir zu viele Chancen ungenutzt liegen gelassen haben. In Zahlen: Wir haben bis zu 12 Tore zu wenig geschossen aufgrund unserer vorhandenen Chancen. Im Herbst hatten wir zudem die meisten Pfostenschüsse der Liga gehabt – als Tabellenvorletzter! Da kann sich jeder ausrechnen, was das für einen Einfluss auf die Ergebnisse gehabt hätte. Aber „hätti wari“ zählt im Fußball nicht. Langfristig hätte sich unsere Arbeit gelohnt, da bin ich mir ganz sicher, aber so ist der Fußball.

"Wir haben auswärts in Salzburg den Gegner zweite Hälfte unter Druck gesetzt, wie es bisher selten der Fall war." Christian Heinle.

Also das vielzitierte „Gegen den Trainer gespielt“ war bei Ihnen dann auch nicht der Fall?
Wir haben auswärts in Salzburg den Gegner zweite Hälfte unter Druck gesetzt, wie es bisher selten der Fall war. Das verwunderte bei der Pressekonferenz auch die Journalisten. Die Mannschaft hat alles gegeben, mehr zeigen, dass die Mannschaft intakt ist, ging gar nicht. Jetzt kommen die Spiele auf Augenhöhe, wo die SV Ried die benötigten Punkte einfahren wird. Wie gesagt, wir sind am dem gescheitert, dass wir die Tore nicht erzielten - die anderen Dinge haben sich gut entwickelt. Unterm Strich zählen aber am Ende nur die Punkte und die Resultate.

"Unterm Strich zählen aber am Ende nur die Punkte und die Resultate." Christian Heinle.

Was bleibt Ihnen besonders in Erinnerung, wenn Sie an die Zeit in Ried zurückdenken?
Es ist ein sehr familiärer Verein mit super Fans und einer unglaublicher Stimmung im Stadion. In meiner Zeit als Interimstrainer im Jahr 2021 haben wir auswärts Sturm Graz besiegt, daheim 2:2 gegen RB Salzburg gespielt und dabei erst in der 95. Minute den Ausgleich erzielt. Außerdem bleibt der Sieg gegen Rapid Wien in der Josko Arena hängen.

"Am Ende hast du alles richtig gemacht, wenn du gewinnst, und alles falsch, wenn du verlierst. Als Trainer darf ich aber nicht nur Schwarz und Weiß bewerten." Christian Heinle.

War die Kritik der Fans wegen falscher Aufstellungen, Auswechslungen und taktische Umstellungen nicht berechtigt?
Die Fans gehen ins Stadion und zahlen Eintritt, um ihren Verein siegen zu sehen. Die Fans haben das Recht zu kritisieren. Am Ende hast du alles richtig gemacht, wenn du gewinnst, und alles falsch, wenn du verlierst. Als Trainer darf ich aber nicht nur Schwarz und Weiß bewerten.

Heißt?
Wenn eine Mannschaft ein Spiel mit Glück und nach einer schlechten Leistung 1:0 gewinnt, feiert dich vermutlich der Großteil der Fans. Verlierst du ein Spiel, wo du allerdings eigentlich fast alles richtig gemacht hast, du aber Pech hattest, kommt oftmals Kritik. Mit dem muss ein Trainer umgehen können, das ist mir einmal besser, einmal schlechter gelungen. Wir bereiten uns unter der Woche auf alle Szenarien, die im Spiel eintreten könnten, vor. Je nach Situation passen wir die Taktik an und reagieren mit Auswechslungen. Aber hier betone ich nochmal: Ich verstehe die Kritik der Fans vollkommen: Fußball ist ein Ergebnissport!

"Ich verstehe die Kritik der Fans vollkommen: Fußball ist ein Ergebnissport!" Christian Heinle

Sie waren Trainer in der Bundesliga. Ist das jetzt Ihr Anspruch beziehungsweise nach welchem Kriterium wählen Sie Ihren zukünftigen Verein aus?
Wenn die Perspektive stimmt, bin ich offen für alles. Es muss mir gezeigt werden, dass ich der Wunschkandidat bin. Es passt auch nicht jeder Trainer zu jedem Verein. Die Liga ist hier egal, auch das Ausland ist ein Thema. Unser Sohn ist eineinhalb Jahre und wir sind dadurch noch nicht gebunden.

Haben Sie einen Berater?

Bis dato brauchte ich keinen. In Ried war das nicht notwendig. Jetzt wird sich das natürlich ändern.

Gab es nach dieser kurzen Zeit bereits Angebote von anderen Vereinen?

Ja, direkt nach der Freistellung kam ein Anruf. Ich muss aber schon sagen, dass ich jetzt mal die Ried-Zeit reflektieren möchte. Ich bereite mich auf meine nächste Aufgabe vor, welche auch immer das sein wird.

"Wenn die Perspektive stimmt, bin ich offen für alles."

Wie sind Sie mit dem Druck, ein Bundesligatrainer zu sein, umgegangen?
Wenn ich mit dem Druck nicht umgehen könnte, wäre ich im falschem Job. Es geht nicht immer bergauf im Fußball. Wir waren bereits früher unter Druck und haben dann den WAC, Rapid Wien und Horn (Anm. d. red.: Cup) besiegt. Druck kann die Mannschaft auch motivieren. Wir hätten es auch jetzt geschafft, da bin ich mir sicher. Familiär braucht man schon eine dicke Haut, das ist auch klar. Medien sollte man wenig konsumieren (lacht). Generell habe ich die SVR 24/7 gelebt, doch auch das musst du als Trainer so machen.

"Ich wünsche der SVR, dass sie schnell den Klassenerhalt sichern kann." Christian Heinle

Steigt die SV Ried ab?
Auf keinen Fall! Ried ist gut auf die Qualifikationsgruppe vorbereitet. Ich bin überzeugt, dass Ried weiter ist als andere Vereine. Ich wünsche der SVR, dass sie schnell den Klassenerhalt sichern kann.

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