Vor Abflug nach Dubai
Frankfurts Co-Trainer Michael Angerschmid im Interview

Unter anderem für die Standardsituationen bei der Frankfurter Eintracht zuständig: Michael Angerschmid aus Eitzing.  | Foto: Eintracht Frankfurt
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  • Unter anderem für die Standardsituationen bei der Frankfurter Eintracht zuständig: Michael Angerschmid aus Eitzing.
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Vor dem Abflug ins Trainingslager nach Dubai, hat die BezirksRundschau Eintracht Frankfurt Co-Trainer Michael Angerschmid zum Interview gebeten. 

EITZING/FRANKFURT. Das Jahr des deutschen Bundesligisten Eintracht Frankfurt (aktuell Platz vier) und Co-Trainer Michael Angerschmid war ein von Erfolg geprägtes: Europa-League-Sieg gegen die Glasgow Rangers, Einzug ins Champions-Legaue-Achtelfinale und Deutschlands Mannschaft des Jahres. Der Innviertler hatte viel Grund zum Jubeln, am 3. Jänner startete er mit den Hessen in die Vorbereitung für die Rückrunde. Heute Vormittag hob der Flieger am Frankfurter Flughafen Richtung Dubai ins Trainingslager ab. Im Interview spricht der Eitzinger, der 406 Spiele für die SV Ried absolvierte und von Dezember 2012 bis Mai 2014 dort auch Cheftrainer war, über die Feier in Frankfurt, Kolo Muani, Freistöße, Japan, Luxus sowie über „Äppler und Handkäs“.

Haben Sie sich nach diesem aufregenden, vermutlich auch anstrengenden Jahr, gut erholt?
Michael Angerschmid: Ja! Ich war jetzt mit meiner Frau zwölf Tage auf den Malediven und habe anschließend zu Hause Weihnachten gefeiert. Zwischen den Feiertagen habe ich mich mit Freuden getroffen, die unterm Jahr sowieso zu kurz kommen. Ich habe den Urlaub sehr genossen!

Blicken wir auf Ihr Fußballjahr zurück: Auf dem Weg zum Europa-League-Titel, welches war aus Ihrer Sicht das wichtigste Spiel?
Da gibt es zwei Partien! Das war zum einen das 1:1 im Achtelfinal-Heimspiel gegen Betis Sevilla, wo Martin Hinteregger in der 121. Minute das Eigentor erzwungen hat, welches uns in die nächste Runde brachte - das war ein unglaubliches Spiel. Und zum anderen das Heimspiel im Viertelfinale gegen den großen FC Barcelona. Da haben wir im Hinspiel ebenfalls 1:1 gespielt, aber das war der Zeitpunkt, wo alle im Verein merkten, da geht auch was im Rückspiel. Dass wir dort dann tatsächlich gewinnen, war natürlich der Wahnsinn.

"Eine Dame bleibt mir besonders in Erinnerung, sie war rund 70 Jahre alt, auch sie hat den Pokal berührt und dabei geweint." Angerschmid über die Feier in Frankfurt, wo 250.000 Menschen vor Ort waren.

Was war Ihr persönliches (nicht sportliches) Highlight aus der Europa-League-Sieg-Saison?
Das war eindeutig die Feier in Frankfurt. In Summe waren da 250.000 Zuschauer – das war irre. Wir sind in einem Cabrio in die Stadt gefahren und haben vor Glück weinende Menschen gesehen. Wenn wir zum Stehen gekommen sind, haben Eltern ihre Kinder hochgehoben, sodass diese den Pokal berühren konnten. Eine Dame bleibt mir besonders in Erinnerung, sie war rund 70 Jahre alt, auch sie hat den Pokal berührt und dabei geweint. Die Menschen in Frankfurt leben den Verein, sie waren und sind einfach sehr dankbar.

Europa-League-Sieger, Einzug ins Champions-League-Achtelfinale und Deutschlands Mannschaft des Jahres! Müssen Sie sich rückblickend gelegentlich kneifen?
Der Europacup-Titel war für alle der absolute Traum, den kann uns auch keiner mehr nehmen. Allerdings ist für mich das Jahr bereits abgehakt - der Blick geht nach vorne. Wir wollen weiterhin erfolgreich sein, aber wir im Trainerteam wissen auch, dass das Pendel schnell in eine andere Richtung ausschlagen kann. Vom „Hero to Zero“, das geht im Fußball sehr schnell. Wir werden uns daher im Trainingslager intensiv auf die bevorstehenden Aufgaben vorbereiten.

Hat Sie ein Spieler in diesem Jahr besonders überrascht?
Da gibt es einige. Makoto Hasebe, der mit seinen 38 Jahren ein paar unglaubliche Spiele ablieferte, aber auch Daichi Kamada, der sich sehr stark weiterentwickelt hat. Mario Götze hat nicht nur mich überrascht. Es gab ja einige Zweifler außerhalb des Vereins bei seinem Transfer im Sommer. Was er spielerisch drauf hat, wussten ja alle, doch dass er körperlich so stabil ist, war unerwartet. Ich glaube, er ist einer der Top-Transfers im Sommer gewesen in der Bundesliga.

"Vom „Hero to Zero“, das geht im Fußball sehr schnell." Angerschmid über die Schnelllebigkeit des Fußballgeschäfts. Sein Blick richtet sich nach vorne. 

Welchen Anteil am Erfolg hat die Athletikabteilung rund um Trainer Martin Spohrer? Wie funktioniert hier das Zusammenspiel?
Viele Spieler mussten sich erst an diesen 3-Tages-Spielrhythmus gewöhnen. Dank unserer Athletikabteilung hatten wir verhältnismäßig wenig Verletzte zu beklagen. Die Athletiktrainer sitzen im selben Büro wie Ronny (Anm. d. R.: Co-Trainer Brunmayr) und ich, wir sind nicht nur deswegen im ständigen Austausch.

Der Erfolg weckt Begehrlichkeiten, immer wieder gibt es Gerüchte, unter anderem rund um Daichi Kamada, Kevin Trapp oder Kolo Muani. Wie geht das Trainerteam damit um, rechnen Sie mit Abgängen von wichtigen Leistungsträgern jetzt im Winter oder eben dann im Sommer?
Wir möchten im Winter keine Leistungsträger abgeben. Insgesamt gesehen, hat sich Eintracht Frankfurt zu einem Verein entwickelt, der sehr attraktiv ist für die Spieler.

Was ist Frankreichs WM-Shootingstar Kolo Muani (24) für ein Typ?
Kolo ist ein bodenständiger, eher schüchterner Typ, der sich ständig verbessern möchte. Seine Schnelligkeit macht uns noch gefährlicher.

Apropos WM: Im Spiel Argentinien gegen die Niederlange überraschten die Holländer mit einem kurzabgespielten Freistoßtrick. Stürmer Wout Weghorst, der beim VfL Wolfsburg unter Ihnen trainierte, erzielte so das 2:2. Stimmt es, dass diese Freistoßvariante von Ihnen kommt?
Wir haben damals im Jahr 2020 so einen Treffer gegen Arminia Bielefeld erzielt. Wout hat diese Variante vermutlich dem Trainer-Team weitergegeben (lacht). Ich weiß es aber nicht. Diese Variante kennt jetzt jeder, die wird jetzt wohl nicht mehr funktionieren.

Sie sind als Trainer unter anderem für die Standardsituationen zuständig, haben Sie hier ein persönliches Lieblingstor?
Ich freue mich über jeden Standardtreffer, den wir erzielen. Ich habe da kein Lieblingstor. Standardsituationen sind ein spannendes Thema und die Einheiten bzw. die Varianten müssen zu den Spielern passen.

"Ausschließen möchte ich da nichts." Über eine Ried-Rückkehr in der Zukunft.

Können Sie sich vorstellen, irgendwann wieder selbstständig als Cheftrainer zu arbeiten und sich somit von Oliver Glasner zu lösen?
Das ist für mich aktuell kein Thema! Ich bin glücklich mit meiner Rolle, die ich bei der Eintracht innehabe. Mir geht es in Frankfurt und mit diesem Trainerteam sehr gut.

Gab es ein Angebot von Austria Wien?
Nein! Jürgen Werner war zwar öfters in Frankfurt, aber da ging es nie um den Trainerposten bei der Austria.

Ist irgendwann eine Rückkehr zur SV Ried vielleicht möglich?
Ausschließen möchte ich da nichts. Der Fußball ist sehr schnelllebig, aber wie gesagt, aktuell bin ich sehr glücklich hier.

Zurück zur Eintracht: Wie häufig sieht sich das Trainerteam eigentlich die Spiele der Nachwuchsteams an?

Entweder Olli, Ronny oder ich sind meistens bei den Spielen der U23. Wenn wir im Europacup auswärts spielen, sehen wir uns Videos von den Partien an, auch von der U19. Einige junge Spieler waren jetzt bei unserer Japan-Reise dabei.

Am 21. Jänner startet die Eintracht mit einem Heimspiel gegen Schalke 04! Ist nach so einem Jahr, ein Platz unter den Top-4 ein Muss?
Es ist ein Wunsch von uns, doch so richtig planbar ist das nicht. Mit Bayern München, Borussia Dortmund, RB Leipzig und anderen sehr starken Teams gibt es unglaublich viel Konkurrenz. Wir versuchen alles, um auch die Rückrunde so erfolgreich wie möglich zu gestalten.

Champions-League-Achtelfinale! Ist alles, was international jetzt noch kommt Zugabe?
Finde ich nicht. Der SSC Napoli ist zwar in Italien Tabellenführer, aber wir haben mittlerweile das Selbstvertrauen, um zu sagen, dass wir auch gegen so ein Top-Team eine Runde weiterkommen können. Wir müssen uns definitiv nicht verstecken.

"Wir haben mittlerweile das Selbstvertrauen, um zu sagen, dass wir auch gegen so ein Top-Team eine Runde weiterkommen können." Angerschmid über den SSC Neapel.

Zuletzt sind Sie mit der Eintracht auf einer einwöchigen Japan-Reise gewesen. Wie haben Sie das Land erlebt?
Die Menschen dort sind sehr höflich und schauen nicht nur auf sich selbst. Dort werden schon immer Masken getragen, allerdings nicht nur um sich, sondern vor allem andere zu schützen. Als wir den Speisesaal betreten haben, haben sich die Mitarbeiter vor uns verbeugt. Das ist dort schon immer so, und bei uns ja auch bekannt, aber diese Rücksicht auf andere und diese Höflichkeit so zu erleben, war beeindruckend.

Wo sehen Sie innerhalb der Mannschaft das größte Verbesserungspotenzial?
Wir bekommen noch zu viele Tore nach Standardsituationen bzw. generell noch zu viele Gegentore. Da müssen wir in der Vorbereitung dran arbeiten.

"Wir bekommen zu viele Gegentore, daran müssen wir arbeiten." Angerschmid über die Schwäche der Eintracht. 

Nochmal zu Ihnen persönlich: Wie schmeckt Ihnen „Äppler und Handkäs“?
Äppler schmeckt mir mittlerweile sehr gut. Handkäs eher weniger, was aber auch daran liegt, dass ich generell kein Fan von Käse bin.

Haben Sie in Frankfurt ein Lieblingslokal?
Es ist immer viel los in Frankfurt und es gibt viele tolle Plätze und Lokale. Besonders schön ist, dass der Hesse an sich sehr offen und nett ist. Man kommt sofort mit den Leuten ins Gespräch, in Frankfurt Anschluss zu finden, ist nicht schwer.

"Diese Höflichkeit war beeindruckend." Angerschmid über die Menschen in Japan. 

Welcher Trainer hat Sie besonders geprägt?
Da wäre zum einen Klaus Roitinger, der mein erster Trainer als Profispieler war, und zum anderen Heinz Hochhauser. Beide sind menschlich voll in Ordnung und haben ein ausgeprägtes fußballerisches Wissen. Mit Klaus bin ich nach wie vor im Kontakt, im Frühjahr kommt er wieder zu uns nach Frankfurt.

Wenn Sie die Wahl hätten, welchen Spieler würden Sie auf jeden Fall mal trainieren wollen?
Das wäre unter anderem Messi, wobei ich glaube, der trainiert nicht viel, sondern spielt nur (lacht). Spaß beiseite: Es ist schon unglaublich, wie er in den verschiedensten Situationen Lösungen findet. Er weiß genau, wann der richtige Zeitpunkt für einen Pass oder Abschluss ist. Aber auch Kylian Mbappé, der mit seinen 24 Jahren schon absolut Weltklasse ist.

Der ÖFB-Cup-Sieg als Spieler, oder der Europa-League-Sieg als Co-Trainer. Welcher Titel hat einen höheren Stellenwert?
Das ist dann schon der Europa-League-Sieg mit der Eintracht. Da kommt der Cupsieg nicht nach.

"Mit Klaus habe ich nach wie vor regelmäßigen Kontakt." Angerschmid über seinen ersten Trainer als Profifußballer.

Finanziell hat sich Ihre Arbeit in den letzten Jahren sicher auch gelohnt. Gibt es einen Luxus, den Sie sich davor nicht geleistet haben?
Nein, eigentlich nicht! Ich habe alles und bin mehr als zufrieden, da hat sich nichts geändert.

Hat Sie der Erfolg als Mensch verändert?
Nein. Ich glaube, ich bin noch der Michi Angerschmid, der ich vor dem Titelgewinn war.

Unter anderem für die Standardsituationen bei der Frankfurter Eintracht zuständig: Michael Angerschmid aus Eitzing.  | Foto: Eintracht Frankfurt
Karin, die weiterhin im Innviertel lebt, und Michael Angerschmid in Frankfurt.  | Foto: Angerschmid
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