Topothek Aigen-Schlägl
Gefangenenlager 1945: Zeitzeuge berichtet
Die Topothek in Aigen-Schlägl verfügt über 890 Videos und über mehr als 2.600 Texte. Auch zum Gefangenenlager 1945 besitzt die Topothek einige Dokumente. Im Interview verrät Zeitzeuge, Walter Mühlbäck exklusive Details über das Lager und das Leben in der Nachkriegszeit.
AIGEN-SCHLÄGL. Franz Pröll ist ehrenamtlicher Topothekar in Aigen-Schlägl. Seine Aufgabe ist es, private Fotomaterialien, die kulturell von Interesse sind, zu sammeln und diese zu digitalisieren. Damit werden diese der Allgemeinheit öffentlich zugängig gemacht. "In der Topothek Aigen-Schlägl befinden sich auch viele Dokumente mit böhmischer Abstammung. Wenn jemand ein altes Foto von seiner Familie oder ähnlichem hat und es der Topothek zur Verfügung stellen möchte, kann dieses sehr gerne tun," erklärt Pröll.
Gefangenenlager 1945
In der Topothek befinden sich auch viele Dokumente des Gefangenenlagers 1945 in Aigen. In diesem Lager wurden deutsche Soldaten nach Kriegsende von amerikanischen und russischen Soldaten eingesperrt. Zeitzeuge Walter Mühlbäck kann sich noch gut an das Gefangenenlager erinnern. "Hunderte Menschen sind an uns vorbeigezogen. Wir sahen vom Fenster aus zu. Sie waren ruhig, denn Davonlaufen brachte ihnen nichts," so der 83-Jährige. Das Gefangenlager wurde am 8. Mai bis zum 9. Juli 1945 von den Amerikanern geleitet. "Deutsche Soldaten wurden von den russischen und amerikanischen Soldaten umzingelt und so in Gefangenschaft genommen", erklärte Mühlbäck.
Seine Mutter habe des öfteren eine Schüssel mit Suppe für die Gefangenen zum Lager gebracht. "Die gefangenen Soldaten litten unter Lebensmittelknappheit. Viele von ihnen starben an den Folgen einer Mangelernährung oder an einer Infektion aufgrund der schlechten Hygienestandards", berichtet der 83-Jährige. Im gesamten Lager gab es keinen Unterschlupf für die Häftlinge. Sie waren gezwungen, in selbst errichteten Gruben zu nächtigen, um sich vor Wind und Wetter zu schützen.
Das wohl prägendste Erlebnis für Mühlbäck war, als ein betrunkener amerikanischer Soldat dem damaligen Bäcker aus Aigen-Schlägl mit einem Messer hinterher jagte. "Der Mann lief buchstäblich um sein Leben", erzählte Mühlbäck. Der Bäcker musste so lange laufen, bis ein anderer amerikanischer Soldat eingriff und die Lage entschärfte.
Aufwachsen in der Nachkriegszeit
Pröll und Mühlbäck erzählten von einer dennoch glücklichen Kindheit. Sie lebten ein bescheidenes Leben, hatten aber immer genug zu essen. An Weihnachten, so erzählten die Pensionisten, bekamen sie drei Jahre lang immer wieder den selben Holzwagen sowie ein Spielzug geschenkt. "Ich habe bis Herbst damit gespielt und plötzlich war er weg. An Weihnachten lag er dann wieder unterm Baum", so Mühlbäck.
Dem 79- und dem 83 Jährigen ist es ein Anliegen, über den Krieg und die Zeit danach zu sprechen. "So etwas soll sich nie wieder wiederholen," so Pröll. Ihnen ist es wichtig, auch der Jugend von ihren Gesschichten zu erzählen. Eine gute Gelegenheit dafür bieten die einzelnen Topotheken des Bezirks.
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