Mit dem Tod anderer müssen wir leben
BEZIRK. Gerade die Zeit um Allerheiligen empfinden viele Menschen als belastend – einerseits stimmt die trübe Jahreszeit traurig, andererseits ist es Konfrontation mit dem Verlust von lieben Menschen, die berührt. "Auch wenn es manchmal schon Jahre zurückliegt, ist die Leere, die der Tod hinterlassen hat, nun vermehrt spürbar"; weiß Natalie Autengruber. Sie ist Palliativschwester am Landes-Krankenhaus Rohrbach. Allerheiligen ist jene Zeit, in der wir innehalten, um denen zu gedenken, die wir verloren haben. Wir sind traurig. Was aber heißt Trauer? Was verstehen wir unter Trauer? „Trauer ist etwas sehr Individuelles, das von jedem Menschen anders erlebt und beschrieben wird. Es ist das Gefühl, das wir empfinden, wenn wir jemanden oder etwas Besonderes verlieren“, sagt Autengruber. Trauer ist ein Prozess des Abschiednehmens, eine Emotion die in allen Kulturen unterschiedlich gelebt, aber dennoch überall vorhanden ist. Trauern ist keine „Krankheit“, sondern ein natürlicher Vorgang im Umgang mit lebensbedeutsamen Verlusten, der neben großer Belastung auch positive Erfahrungen zulässt.
Abschiednehmen früher
„Zu Zeiten unserer Großeltern waren das Sterben und die Trauer ein normaler Prozess, der zum Leben gehört und am Ende jedes einzelnen Menschen steht“, so Natalie Autengruber. Die Verstorbenen wurden zu Hause aufgebahrt, es wurden Totenwachen gehalten und ein Trauerjahr eingehalten. „All diese Dinge haben den Prozess des Abschiednehmens bewusst unterstützt. Die Totenwache beispielsweise war eine letzte Ehrerbietung an den Verstorbenen, hat den Trauernden aber auch das Gefühl des „Da-seins“ des „Nicht-alleine-seins“ vermittelt“, erklärt die Palliativschwester: „Im Trauerjahr wurden alle Festlichkeiten und Feierlichkeiten eines Kalenderjahres ohne den Verstorbenen einmal durchlebt. Dabei wurde ganz bewusst schrittweise Abschied genommen.“
Heute herrscht oft große Unsicherheit in unserer Gesellschaft, was im Trauerfall zu veranlassen oder zu sagen ist und wie wir mit den Betroffenen umgehen sollen. „Letzte Ehrerbietungen wie zum Beispiel das Waschen und Ankleiden eines Verstorbenen werden nur noch selten persönlich, sondern vielfach delegiert. Für den natürlichen Umgang mit unserer Trauer wären diese alten Riten und Bräuche aber oft eine mögliche Hilfe und Unterstützung am Beginn unseres Trauerns und Abschiednehmens“, sagt Autengruber.
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