Von Straßenkötern, Prunk und Mozart: Alexandra Preitschopf meldet sich aus Sofia
Alexandra Preitschopf aus Rohrbach-Berg ist seit Herbst Lektorin an der Universität in Sofia.
ROHRBACH-BERG, SOFIA (anh). Über Bulgarien – oder den Balkan generell – gibt es hierzulande vor allem eines: viele Klischees, wenig Wissen. Eine, die auszog, um sich das genauer anzuschauen, ist Alexandra Preitschopf. Seit Herbst ist die gebürtige Rohrbach-Bergerin OeAD-Lektorin an der Universität in Sofia und unterrichtet dort Deutsch sowie österreichische Literatur und Landeskunde. "Ich bin eher zufällig dort gelandet", verrät die 29-Jährige. Nach dem Lehramtsstudium für Geschichte und Französisch an der Universität Salzburg, Lehrtätigkeiten an den Unis Salzburg und Linz, wissenschaftlichen Projektarbeiten im Fachbereich Geschichte und schließlich dem Doktorat, hätte sie sich eigentlich für ein Lektorat in Frankreich beworben. "Jetzt bin ich aber sehr froh, dass es anders gekommen ist, da ich hier viel lerne", sagt die Doktorin der Philosophie.
Land der Kontraste
Bulgarien war auch für sie ein bislang unbekanntes Terrain auf der Landkarte. "Ich hatte anfangs Angst, weil ich die Sprache nicht spreche und wenig über das Land wusste", erzählt sie. Eines hatte sie jedoch anderen bereits voraus: Sie beherrscht die kyrillische Schrift. "Sonst hätte ich die Liste mit den Namen meiner Studierenden gar nicht entziffern können", gibt Preitschopf zu bedenken. Nach einem kleinen Kulturschock hätte sie sich mittlerweile gut eingelebt. "Irgendwann werden Unterschiede ganz normal und fallen einem erst wieder auf, wenn einem Besuch aus der Heimat darauf anspricht", meint sie. Ein Beispiel seien die vielen streunenden Straßenhunde, die einem tagtäglich begegnen – unweit von Prachtbauten und gemütlichen Cafés. Die ganze Stadt strotze vor Gegensätzen wie diesen. Bettelarme Pensionisten, kaputte Straßen, Plattenbauvierteln und eine dürftig ausgestattete Universität stehen hier im direkten Kontrast zum pulsierenden Kulturleben, zu einer schmackhaften, mediterran angehauchten Küche, zu beeindruckender Natur, zu Lebensfreude und Ehrlichkeit. "Die Ehrlichkeit erstaunt mich immer wieder. Meinem bisherigen Eindruck nach ist gespielte, falsche Höflichkeit hier selten anzutreffen. Es ist, als sei vielen die Mühe einer aufgesetzten Fassade einfach nicht wert. Im Gegenzug fühlt man sich schnell an- und aufgenommen, ohne das Gefühl zu haben, sich groß beweisen zu müssen", resümiert die 29-Jährige.
Perspektivenwechsel
Die Gegensätze einfach so hinzunehmen, sei nicht immer leicht. Dinge, die nicht so gut klappen, wie etwa der anfängliche Bürokratie-Sumpf, durch den auch sie waten musste, meistert sie inzwischen jedoch mit viel Pragmatismus und Improvisation. "Ich habe hier gelernt, gelassener zu sein, weil der Alltag hier entspannter und spontaner ist und die Menschen weniger gehetzt wirken", sagt Preitschopf. Zudem hätten sich für sie in Sofia neue Perspektiven für ihr Forschungsprojekt über die jüdische Geschichte Bulgariens aufgetan. "Ich habe auch einen ganz anderen Bezug zu Österreich entwickelt. Als ich Studierenden die Musik Mozarts näher bringen wollte, bin ich dabei selbst etwas wehmütig geworden. In Österreich wäre es mir wohl kaum so ergangen." Das Heimweh hält sich aber in Grenzen, schließlich hat Preitschopf ihren Aufenthalt bereits um ein Jahr verlängert.
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