LehrlingsRundschau 2020
"Wenn wir Lehrlinge aufnehmen, investieren wir in unsere Zukunft"

Die BezirksRundschau sprach mit Anna Kneidinger (Geschäftsführerin Kneidinger Center), Andreas Leitner (Geschäftsführer nachtleben-Gruppe), Doris Steiner (Geschäftsstellenleiterin AMS Rohrbach) und Andreas Höllinger (Obmann WKO Rohrbach, v.l.). | Foto: Ludwig Pullirsch/nach(t)leben/Foto Kirschner/Ch. Mathe
5Bilder
  • Die BezirksRundschau sprach mit Anna Kneidinger (Geschäftsführerin Kneidinger Center), Andreas Leitner (Geschäftsführer nachtleben-Gruppe), Doris Steiner (Geschäftsstellenleiterin AMS Rohrbach) und Andreas Höllinger (Obmann WKO Rohrbach, v.l.).
  • Foto: Ludwig Pullirsch/nach(t)leben/Foto Kirschner/Ch. Mathe
  • hochgeladen von Nina Meißl

Die BezirksRundschau Rohrbach hat mit Vertretern von Arbeitsmarktservice (AMS) und Wirtschaftskammer (WKO) sowie der zwei lehrlingsausbildenden Unternehmen Kneidinger Center und nach(t)leben über die Situation der Lehrlinge im Bezirk gesprochen.

BEZIRK ROHRBACH. Die gute Nachricht vorneweg: Die Lage der Lehrlinge ist in Rohrbach trotz Corona nicht ganz so schlecht. "Nachdem der Bezirk Rohrbach durch seine Wirtschaftsstruktur sehr krisenfest ist, wirkt sich das auch am Arbeits- und Lehrstellenmarkt positiv aus", sagt Andreas Höllinger, Obmann der WKO Rohrbach. So habe der Bezirk mit 2,8 Prozent mittlerweile die mit Abstand niedrigste Arbeitslosenrate in Oberösterreich.

Großer Bedarf im Herbst

Beim AMS Rohrbach haben sich die gemeldeten offenen Lehrstellen im August von 166 im Vorjahr auf heuer 169 leicht erhöht. Allerdings ist auch die Zahl der Lehrstellensuchenden gestiegen, und zwar von 29 auf 45. Von den 169 derzeit offenen Lehrstellen sind 43 sofort verfügbar, 126 können zu einem späteren Zeitpunkt besetzt werden. "Daraus lässt sich ableiten, dass auch im Herbst die zukünftigen Fachkräfte händeringend gesucht werden und sich für Jugendliche sehr gute Chancen auf eine Lehrstelle ergeben", sagt Doris Steiner, Geschäftsstellenleiterin des Arbeitsmarktservice Rohrbach. Der größte Bedarf an Lehrlingen besteht im Bezirk bei den Bauberufen, etwa Maurer oder Platten- und Fliesenleger, bei den Metall-Elektroberufen, aber auch in den Bereichen Handel und Fremdenverkehr. "Die Wünsche der Jugendlichen weichen gar nicht so sehr von den angebotenen Lehrstellen ab. Wenn jemand ein bisschen flexibel im angebotenen Bereich ist und sich eventuell auch einen verwandten Beruf vorstellen kann, steigen die Chancen auf einen passenden Job. Das Problem ist eher die Mobilität von Jugendlichen, um zu den angebotenen Lehrstellen zu kommen", sagt Steiner vom AMS.

Fachkräfte der Zukunft

Eine Umfrage unter Ausbildungsbetrieben habe laut WKO-Obmann Höllinger ergeben, dass neun von zehn Betrieben im Herbst wieder Lehrlinge aufnehmen werden. "Die Bereitschaft ist nach wie vor sehr hoch, sicherlich etwas eingeschränkt in den von der Corona-Pandemie sehr stark betroffenen Branchen." Das sollte Vorbildwirkung haben, so die Chefin des AMS Rohrbach: "Selber Ausbilden ist die beste Vorbeugung des Fachkräftemangels. Dieser hat sich nämlich durch Corona nicht in Luft aufgelöst", sagt Steiner. Ähnlich argumentiert Höllinger: "Die praxisorientierte Ausbildung hat für den Bezirk große Bedeutung, weil die klein- und mittelbetriebliche Struktur mit Schwerpunkt im qualitätsorientierten Handwerk gut ausgebildete Fachkräfte braucht, die auch die mit jedem Beruf einhergehenden Innovationen aufgreift und für eine entsprechende Zukunftsorientierung sorgt." Eine nachhaltige Sicherung der Fachkräfte könne laut Höllinger in der Regel nur durch die laufende Ausbildung von Jugendlichen bewerkstelligt werden. Das hat man auch im Kneidinger Center schon lange erkannt: "Die Lehre hat bei uns einen extrem hohen Stellenwert. Die Ausbildung eigener Mitarbeiter ist für uns die einzige Möglichkeit, an gutes Fachpersonal zu kommen. Wenn wir Lehrlinge aufnehmen, investieren wir in unsere Zukunft", sagt Geschäftsführerin Anna Kneidinger. Allerdings merke man, dass sich heute "weniger Jugendliche für eine Lehrlinge bewerben als vor zehn Jahren."

Benefits für Lehrlinge

Auch Höllinger bestätigt, dass es für Firmen "eine der wichtigsten Herausforderungen" sei, passende Lehrlinge zu bekommen. Nach der coronabedingten Absage der beliebten Lehrlingsmesse im Centro arbeitet man in der WKO derzeit an einer digitalen Alternative, bei der Firmen mit interessierten Jugendlichen in Kontakt treten und sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren können. "Je besser Jugendliche und Eltern über das interessante Ausbildungsangebot Bescheid wissen, umso eher findet sich der oder die Richtige für den passenden Lehrberuf", so Höllinger. Dass man im Kneidinger Center trotzdem immer genügend gute Kandidaten findet, führt die Geschäftsführerin auf die gute Lehrlingsausbildung zurück: "Das spricht sich bei den Jugendlichen herum." Dazu werden den Lehrlingen einige Benefits angeboten, von markenspezifischen Techniktrainings über zweitägige Lehrlings-Workshops bis zur Zeugnisprämie für gute Erfolge in der Berufsschule. In den vergangenen Jahren wurde daher intensiv am Lehrlingsprogramm gearbeitet. "Die Anforderungen an die Arbeitgeber hat sich geändert. Wir sind hier sehr gut aufgestellt und haben auch ein internes Entwicklungsprogramm für unsere Ausbildner. Nur mit guten Ausbildnern bekommen die Lehrlinge eine gute Ausbildung", sagt Kneidinger.

Gute Ausbildner nötig

Das weiß auch Andreas Leitner. Der Geschäftsführer bei nach(t)leben bemängelt die teils mangelnde Weiterbildung der Lehrkräfte in den Berufsschulen: "Da gibt's keine Ausreden für mich, wenn das Thema Social Media einer Lehrkraft nicht geläufig ist, diese aber eine Medienfachfrau ausbilden soll. Das Ziel des Unternehmens und der Berufsschule muss sein, die bestmögliche Ausbildung anzubieten." Die Philosophie seines Unternehmens sei es, Menschen selber auszubilden und mit ihnen einen langfristigen Weg zu gehen: "Wenn Leistung, Einstellung und Leidenschaft stimmen, wären wir ungeschickt, die eigens ,geschliffenen' Diamanten ziehen zu lassen." Probleme, Lehrlinge zu finden, hat die Gastro-Gruppe Nachtleben nicht: "Dass wir ein Unternehmen sind, das im Endeffekt Spaß, Feiern und Erlebnis als Dienstleistung anbietet, macht es für uns etwas einfacher, Lehrlinge zu finden." Dennoch achte man darauf, den Lehrlingen auch ein spannendes und erlebnisreiches Arbeitsumfeld zu bieten: "Unser Lehrling ist in alle Mitarbeiter-Aktivitäten involviert, egal ob Personal Incentives, Mitarbeiterausflüge, Persönlichkeitsentwicklungs-Seminare oder Inhouse-Trainings mit Coaches." Auch im Kneidinger Center werden die meisten Lehrlinge übernommen, so Anna Kneidinger: "Der Großteil unserer Führungsmannschaft hat ursprünglich eine Lehre gemacht. Vom Werkstattmeister über Verkäufer und Service-Berater bis zu Serviceleiter, Verkaufsleiter und Standortleiter haben viele bereits bei uns gelernt."

Image verbessern

Dementsprechend sind auch die Lehrlingsredakteurinnen Elena Großhaupt (Medienfachfrau bei nach(t)leben) und Jana Hopfner (Kfz-Techikerin im Kneidinger Center) sehr zufrieden mit der dualen Ausbildung. Sie bemängeln nur das schlechte Image der Lehre und hoffen auf Maßnahmen, um das Ansehen zu verbessern. Anna Kneidinger sieht das Problem eher im Image der Berufe als in jenem der Lehre selbst: "Ein Handwerker wird nicht so geschätzt wie ein Programmierer." Andreas Leitner hingegen hat das Gefühl, "dass heute nur eine höhere Schulausbildung zählt". Dabei gäbe es in der Praxis viele Beispiele, dass das nicht stimmt: "Persönlichkeiten, die ganz schlechte Schüler waren und eine Lehrausbildung nutzten, sind oft die besten und erfolgreichsten Unternehmer. Sie sind durch berufsspezifische Ausbildungen zu wahren Spezialisten und Profis gereift. Die Noten am Papier sind meiner Meinung nach weniger wichtig als die persönliche Einstellung zum Leben und zur Entwicklung." Im Unternehmen achte man darauf, das Thema Lehre daher so positiv wie möglich zu präsentieren. Laut Andreas Höllinger von der WKO Rohrbach wurde die praxisbezogene Ausbildung durch die kürzlich erfolgte Gleichstellung von Bachelor und Meister wesentlich aufgewertet. Die Lehre bietet laut Höllinger nicht nur die Chance, innerhalb von drei bis vier Jahren eine abgeschlossene Ausbildung zu bekommen, die eine "immer wertvollere Basis für eine berufliche Karriere ist". Dank Weiterbildungsmöglichkeiten wie Lehre mit Matura biete die duale Ausbildung viele interessante Möglichkeiten.

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Rohrbach auf MeinBezirk.at/Rohrbach

Neuigkeiten aus Rohrbach als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Rohrbach auf Facebook: MeinBezirk.at/Rohrbach - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Rohrbach und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.