"Das Gefühl, dass jemand da ist"

- Andrea Holz-Dahrenstaedt (kija), Patin Eva Möseneder, LR Heinrich Schellhorn und Sophie und Michael Zichy (vorne).
- Foto: Neumayr
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Gastfamilien geben minderjährigen Flüchtlingen ein neues Zuhause.
SALZBURG (lg). "Es ist für uns eine Herzensangelegenheit und eine Bereicherung für die ganze Familie" – so beschreiben Sophie und Michael Zichy, Eltern von vier Kindern, ihre Gefühle rund um ihr "fünftes Kind". Ihr fünftes Kind, so nennen die beiden liebevoll einen 15-jährigen Flüchtlingsjungen aus Afghanistan, der seit einem Monat bei der Familie lebt.
"Wie ein großer Bruder"
"Wir haben schon lange geplant, ein Pflegekind aufzunehmen, doch durch die Flüchtlingswelle, bei der wir selbst auch viele Stunden am Salzburger Hauptbahnhof verbracht haben, war schnell klar, dass wir am besten helfen können, wenn wir einen minderjährigen Flüchtling aufnehmen. Jetzt haben unsere Kinder den ersehnten 'großen Bruder', unglaublich, wie schnell er in diese Rolle geschlüpft ist und wie gut er bereits Deutsch spricht", freut sich Michael Zichy. "Der 15-Jährige hat den Wunsch geäußert, in eine Familie mit jüngeren Kindern zu kommen", erklärt Manuela Geimer von der Kinder- und Jugendanwaltschaft (kija), die die Ausbildung von ehrenamtlichen Paten für minderjährige Flüchtlinge betreut. Bisher haben 65 Paten die kija-Ausbildung absolviert, fünf Paten sind zu Gastfamilien geworden. "Das beinhaltet Einzelgespräche mit den Paten und den Jugendlichen, in denen wir herauszufinden versuchen, wer zusammenpassen könnte", ergänzt Geimer.
Kochen und Kickboxen
Die noch junge Unterbringungsform der Gastfamilien für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ermöglicht, dass die Jugendlichen durchgehend in ihrer Gastfamilie bleiben können. "Das bedeutet für die Jugendlichen nicht nur feste Familienstrukturen, sondern auch eine effiziente Integration", ergänzt die Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt. Oft sei es aber einfach das Gefühl, dass jemand da ist. "Die Jugendlichen hatten traumatische Erlebnisse und fühlen sich allein. Ich merke einfach, wie gut es 'meinem Buam' tut, wenn er weiß, dass er immer zu mir kommen kann", erzählt die Salzburgerin Eva Möseneder, die sich auch als Patin für einen 17-jährigen Afghanen engagiert. "Wir kochen oft gemeinsam und ich bin mittlerweile sogar Expertin im Kickboxen, weil er selbst diesen Sport gerne betreibt. Ich glaube, er schätzt einfach das Mütterliche, das Gefühl, da ist jemand da, der ihm zuhört. Das Gefühl, im fremden Land eine Bezugsperson zu haben", so Möseneder.
Ausbildung durch Kija und SOS-Kinderdorf
Die Ausbildung und Betreuung der Gastfamilien obliegt der Organisation SOS-Kinderdorf, die Ausbildung der Paten wird von der kija durchgeführt. Derzeit haben in Salzburg 272 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge um Asyl angesucht, hinzu kommen 55 Jugendliche, die bereits Asyl erhalten haben. "Die Jugendlichen, die in eine Gastfamilie kommen können, sind alle über zwölf Jahre alt und geeignet, in einer Gastfamilie leben zu können", ergänzt Geimer.


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