"Ich habe kein Problem damit, einem Mann einen Kaffee zu machen"

Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler: "Bitte vermüllen wir unser Hirn und Herz nicht mit schlechten Erfahrungen." | Foto: Franz Neumayr
  • Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler: "Bitte vermüllen wir unser Hirn und Herz nicht mit schlechten Erfahrungen."
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Salzburg feiert heuer seine 200-jährige Zugehörigkeit zu Österreich, fast 100 Jahre davon, nämlich 96 Jahre gibt es die Festspiele: Wie sähe Salzburg heute ohne Festspiele aus?
HELGA RABL-STADLER:
Ohne Überheblichkeit: Wir sind das bedeutendste Festspiel der Welt mit den drei Sparten Konzert, Oper und Theater. Wir nützen Musik als Sprache, die keine Grenzen kennt. Wir haben Gäste aus 74 Ländern, darunter aus 35 nicht-europäischen Ländern. Ich finde, das sagt alles.

Sie sind auch kaufmännische Direktorin der Festspiele: Wie gut geht es den Festspielen finanziell? Sie haben ja angekündigt, dass für das erste Jahr der Intendanz von Markus Hinterhäuser (2017) noch Geld fehlt.
HELGA RABL-STADLER: Wir hatten letztes Jahr einen Rekord beim Kartenverkauf mit 28,68 Millionen Euro, wir haben neun Millionen Euro an Sponsorgeldern aufgestellt – das ist mehr als alle vier Bundestheater zusammen und trotzdem haben wir finanzielle Sorgen. Seit es keine Valorisierung der Zuschüsse mehr gibt, wird uns jedes Jahr Geld aus dem Budget für Kunst weggefressen. Wir haben 2015 eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse erhalten – bis 2017 sind die alleine durch Gehaltserhöhungen wieder um 1,6 Millionen Euro weniger. Wir geben mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen jedes Jahr mehr an unsere – ein sehr schönes Wort – Abgabendeckungsträger Bund, Land und Stadt zurück als wir von ihnen bekommen. Und ich weigere mich, von Subventionen zu sprechen, denn in Wirklichkeit sind es Kredite, die wir mit Wucherzinsen zurückzahlen. Und da reden wir noch gar nicht von der Umwegrentabilität.

Muss sich Kultur rechnen?

HELGA RABL-STADLER: Kunst darf ihre Rechtfertigung nie aus der Rentabilität beziehen. Das ist mir ganz wichtig. Der Nutzen der Kunst liegt ja in der Seele, im Sinn des Lebens. Es war Nikolaus Harnoncourt, der von der göttlichen Nabelschnur gesprochen hat. Natürlich ist es ein Vorteil der Festspiele, dass sie auch finanziell etwas bringen.

Im September 2017 läuft ihr Vertrag als Festspielpräsidentin aus. LH Wilfried Haslauer hat schon im Vorjahr gesagt, Sie sollen noch eine Periode dranhängen. Werden Sie ihm diesen Wunsch erfüllen?
HELGA RABL-STADLER: Es ehrt mich sehr, aber ich habe mich noch nicht entschlossen, ob ich mich bewerben werde.

Was spricht dafür, was dagegen?
HELGA RABL-STADLER: Dafür spricht, dass es immer schwieriger wird, Sponsoren zu finden und ich ein gutes Netzwerk aufgebaut habe, Dafür spricht, dass wir 2020 unser 100-Jahr-Jubiläum begehen werden. Und dafür spricht auch, dass ich Markus Hinterhäuser für einen Glücksgriff halte. Dagegen spricht, dass man, wenn man das schon 22 Jahre lang macht, vielleicht auch das Recht hat, zu sagen es war gut und ich gehe, solange die Leute noch bedauern, dass ich gehe.

Das waren jetzt drei Punkte für eine Verlängerung und nur einer dagegen.
HELGA RABL-STADLER: Von der Arbeitsbelastung will ich gar nicht reden. Außenstehende haben das Gefühl, bis auf vielleicht sechs Wochen Vorbereitungszeit und dann zwei Monate Festspielzeit gäbe es nicht viel zu tun. Sie ahnen ja gar nicht, dass es eine der schwierigsten Aufgaben ist, Mitarbeiter und auch die Präsidentin im Oktober dazu zu motivieren, schon für die nächste Saison zu arbeiten. In einem Ganzjahresbetrieb geht jeden Abend der Vorhang hoch und Sie bekommen jeden Abend den Applaus. Wir müssen monatelang auf diesen Applaus warten und ich muss mich in der Zeit mit mühevollen Aufgaben auseinandersetzen: Absagen von Künstlern, Investitionen, für die es kein Geld gibt oder schwierige Verträge. Deshalb freue ich mich so sehr, sobald ich wieder das erste Lachen eines Sängers auf dem Gang höre.

In einer Veranstaltungsreihe des Salzburger Bildungswerkes sind Sie eine von zehn 'großen Töchtern Salzburgs'. Ist es wichtig, dass wir auf 'große Töchter' extra aufmerksam machen?
HELGA RABL-STADLER: Ich glaube schon. Es ist leider so, dass wir eine Frauenquote in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen brauchen, und wir brauchen Mutmacherinnen. Als ich 1983 in die Politik gegangen bin, gab es auch Frauen, die gegen mich waren, gerade weil ich eine Frau war. Ich glaube, seither hat sich hier viel getan, es hat sich auch unter den Frauen etwas verändert. Schauen Sie mich an: Eine 67-Jährige, die noch arbeitet und das in einer Spitzenposition. Früher hätten wir mit 50 verschwinden müssen.

Beim Thema Frauen in Toppositionen geht noch was: Was hilft Frauen, was steht im Weg?
HELGA RABL-STADLER: Ich finde, dass Frauen zu wenig aufzeigen, da spielt natürlich auch die Erziehung eine Rolle. Ich bin so aufgewachsen, dass ich gleichwertig mit meinem Bruder war. Erst als ich im Beruf stand, war ich das erste Mal damit konfrontiert, dass das nicht überall so gesehen wird. Ich ging als Journalistin zu einer Pressekonferenz und da wurde dann gesagt: Was? Zu so einer wichtigen Sache schickt die Wochenpresse eine Frau? Das war 1971. Aber ich habe kein Talent zur Frustration. Man darf schlechte Erfahrungen nicht in sich hineinfressen, das hat keinen Sinn. Es ist besser, sich seine eigenen positiven Eigenschaften vor Augen zu halten.

Sie waren Innenpolitik-Journalistin, Unternehmerin, Nationalratsabgeordnete, Wirtschaftskammer-Präsidentin und sind seit 1995 Festspielpräsidentin. Sind Sie ein Role Model?
HELGA RABL-STADLER: Ich habe etwas gegen dieses Wort: Role Models. Ich bin eine Mutmacherin und ich glaube, ich habe auch das Talent, anderen Frauen Mut zu machen. Ich mag auch die Frage von Journalisten nach meinem Vorbild nicht. Es gibt Fähigkeiten, Charaktereigenschaften, die ich bewundere und um die ich mich bei mir bemühe. Da gehört das Mitfühlen im seelischen Bereich dazu; oder immer wieder den Willen zu Veränderung zu haben. Der Spruch von Lampedusa "Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, müssen wir zulassen, dass sich alles verändert" sagt alles: Wer sich als Unternehmen nur auf seinem Erfolg ausruht, ist schnell weg vom Fenster. Das gilt natürlich auch für meine Arbeit bei den Festspielen. Und noch eine Eigenschaft finde ich wichtig: Gerade wir Frauen haben Angst, wir könnten – wenn wir uns zu sehr um andere kümmern – in eine Frauenrolle gedrängt werden. Ich habe damit kein Problem und ich möchte eigentlich auch die Männer dazu ermuntern, das Gleiche zu tun. Ich habe kein Problem damit, einem Mann einen Kaffee zu machen, und ich hoffe auch für ihn ist das dann kein Problem.

Interessiert an mehr Chefinnen-Gesrpächen? Hier geht es zur Interview-Reihe "Chefinnen-Gespräch".

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