Von Erdbeertorten und neuen Werten
Stiegl-Eigentümer Heinrich Dieter Kiener stellte sein Buch "Auf ein Bier mit John Maynard Keynes" vor
Der Kapitalismus ist eine Übergangsphase mit Ablaufdatum, ab 2030 befinden wir uns in der postkapitalistischen Zeit, in der es – wirtschaftlich betrachtet – darum gehen wird, "weniger gierig zu sein, weniger an sich zu raffen." Das sagt Stiegl-Eigentümer und -Geschäftsführer Heinrich Dieter Kiener, nachdem er "auf ein Bier mit John Maynard Keynes" war. Im nicht ganz wörtlichen Sinn natürlich – das Ergebnis des Treffens mit dem vor knapp 70 Jahren verstorbenen Ökonomen und Philosophen Keynes liegt nun als 183 Seiten starkes Buches vor.
Die Gier müsse Werten Platz machen, einfache Güter müssten uns wieder etwas wert sein. Davon, dass Brot, Butter – oder auch Bier – nichts kos- ten dürften, müssten wir uns verabschieden, so Kiener. "Wir müssen wieder einen Bezug zu unseren Lebensmitteln, zu unseren Produkten herstellen. Woher kommen sie, wie werden sie produziert?" Neben Regionalität und Nachhaltigkeit spielen für Kiener auch faire Produktionsbedingungen eine wichtige Rolle. Als Kind habe er – als Ende Juli Geborener – nur schwer verstanden, warum er keine Erdbeertorte zum Geburtstag bekam. In der Zwischenzeit hätten viele vergessen, dass es einen saisonalen Verlauf gibt – daran müssten wir uns wieder erinnern.
Bierbrauen wie in der Antike
Für die Präsentation seines Buches wählte Kiener das Stieglgut im oberösterreichischen Wildshut. Dort widmet sich Braumeister Christian Pöpperl einem außergewöhnlichen "Slowbrewing"-Bier-Projekt. In tönernen, im Sandboden versenkten Amphoren braut er dort ein "Urbier" – ohne Hopfen, dafür mit Schafgarbe, Anis, Koriander und Safran. Der Sandboden soll die mit Datteln und Honig versetzte Maische aus Malzen von Alpiner Pfauengerste, Dinkel und Bordeaux-Weizen vor Frost schützen und gleichzeitig für kühle Temperaturen sorgen. Wie das "Urbier" schmecken wird, weiß keiner, auch nicht der Braumeister. "Es ist ein Experiment", erklärt er lächelnd.
Und das macht für Kiener auch den besonderen Reiz aus. "Jedes dritte Bier wird demnächst aus einem einzigen Konzern stammen – dem geht es alleine um Kapitalertrag. Die Gier ist die Seuche des 21. Jahrhunderts. Wir betreiben Raubbau an unseren Ressourcen. Wenn wir so weitermachen, dann werden diese Ressourcen den nächsten Generationen nicht mehr zur Verfügung stehen", ist Kiener überzeugt.
ZUM BUCH
Heinrich Dieter Kiener
Auf ein Bier mit John Maynard Keynes
Ecowin Verlag
Preis: 19,95 Euro
E-ISBN: 978-3-7110-5135-6
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