Sport über Generationen

Erika und Walter Felkel vom Jenbacher Museum | Foto: Mirjam Dauber
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Hereinspaziert: ein Blick ins Jenbacher Alpin- und Wintersportmuseum

Wer im Hochsommer bei rund 30 Grad Außentemperatur ein Museum betritt, dem scheint der Besuch der Abteilung für Winter- und Alpinsport nicht unbedingt naheliegend. Steigt man jedoch begleitet von Erika und Walter Felkel, dem Führungsduo des Jenbacher Museums, auf knarrenden Holztreppen in den zweiten Stock des Reitlingerhauses, betritt man eine faszinierende Welt und lässt den brütend heißen Sommertag schnell hinter sich.

– von Mirjam Dauber.

So hat sich hier aus der über Jahrzehnte gepflegten Sammelleidenschaft für alte, teilweise kurios anmutende Sportartikel das größte Tiroler Museum für Alpin- und Wintersport entwickelt. Walter Felkel, seines Zeichens ehemaliger HTL-Professor für Sport, schuf mit seinen akribisch zusammengetragenen Fundstücken die Basis für eine sehenswerte Ausstellung, Tochter Renate arbeitete die Geschichte der Schiherstellung an der Universität Innsbruck auch wissenschaftlich auf.„Wenn man die heimische Geschichte der Wintersportarten betrachtet, dann lassen sich einige Bezüge zu Jenbach herstellen und diese Entwicklungen präsentieren wir in unseren Räumlichkeiten“, erklärt Erika Felkel und betont die Vielfalt des Jenbacher Vereinslebens damals wie heute. Wenig überraschend für Tirol ist der alpine Schisport Ausgangspunkt der Besichtigung. Pisten im heutigen Sinne gab es im Ort natürlich keine, genutzt wurden steile Schneisen durch den Wald. Ohne Lifte als Aufstiegshilfen, ohne Pistengeräte zur Präparierung, dafür mit Holzschiern aus einer Wiesinger Werkstätte gingen die Rennen vonstatten. „Wir hatten in Jenbach alle Gramshammer-Schi aus Wiesing, meist hergestellt aus Eschenholz“, schwelgt Walter Felkel in Erinnerungen und zeigt auf Wanderpokale und Ehrenurkunden etwa von Fritz Eder, Max Steger und Willi Engensteiner. Gefahren wurde von Eben nach Jenbach („Hanslwirtrennen“) oder „am Hang“ - im Bereich der oberen Achenseestraße. Hier wurden übrigens auch Nachwuchsrennen für Kinder abgehalten, bei denen sogar die Musikkapelle ausrückte: ein Großereignis im Ort! Die erfolgreichste Jenbacherin auf den zwei „Bretteln“ war übrigens Willi Engensteiners Tochter Gerti: Sie schaffte es bereits in ganz jungen Jahren in den internationalen Schiweltcup.
Auch in Hinblick auf die Schierzeugung schrieb man in Jenbach Sportgeschichte: So war Geschäftsmann Josef Bockstaller über längere Zeit Generalimporteur des hochwertigen Hickory-Holzes, das auf dem Seeweg aus New York angeliefert wurde und schließlich auf dem Landweg nach Jenbach kam: Von hier aus versorgte Josef Bockstaller viele österreichische Produzenten mit dem begehrten Werkstoff.
Nicht in jeder Wintersportart konnte auf professionelles Gerät zurückgegriffen werden. So präsentiert das Museum eine Rodel gefertigt aus alten Wasserleitungsrohren und Feuerwehrschläuchen. Ob man damit schnell war „wie die Feuerwehr“, lässt sich heute kaum mehr sagen, kurios ist dieses Detail allemal. Die Jenbacher Rodelhütte war über viele Jahrzehnte ein beliebtes Ausflugsziel für die ganze Familie, der Rodelsport, geprägt von den Rodelfamilien Braun und Prantl einer, der für den Ort durchaus Bedeutung hatte. Auch im Figln brachten es etliche Jenbacher SportlerInnen zum Erfolg, Pioniere wie Hans Neuner (Metall) und Hans Moltrer (Holz) bauten ihre Firngleiter in Eigenregie, auch Conny Trojer glänzte viele Male als Rennsportler. Es war der Jenbacher Figl-Club, dem es gelang, diese Sportart im ÖSV zu etablieren.
Mit Max Stiepl zog es 1947 einen Eisschnellläufer nach Jenbach, für rund zehn Jahre wohnte er sogar im Reitlingerhaus, das heute das Museum beherbergt. Seine internationalen Erfolge, etwa einen dritten Platz bei den Olympischen Spielen in Garmisch, erzielte er freilich schon vor seiner Jenbacher Zeit. In schwindelerregende Höhen zog es in den 1960er-Jahren Ulla Staudacher (verheiratete Mayerhofer). Sie bestieg als erste Österreicherin überhaupt einen 6.000er (in Peru); Jahrzehnte später stand Willi Brandmayr dann auf der Spitze des 8.000ers Cho Oyu. Ausrüstungsgegenstände wie etwa Karabiner und Sicherungsseile aus verschiedenen Jahrzehnten machen die Entwicklung lebendig und anschaulich.
Unser sommerlicher Rundgang durch die dem Winter- und Alpinsport gewidmeten Räume des Museums ist - nach Abstechern zum Langlaufen, Eishockey und Schispringen - damit fast zu Ende. „Viele Namen und Sportarten wären noch zu erwähnen, auch in den jüngeren Generationen gibt es erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler“, meint Erika Felkel und betont lachend, dass Interessierte sich nur mittels ausgiebigem persönlichen Besuch der Ausstellung einen Überblick verschaffen könnten. Im Museum blickt man übrigens über die Ortsgrenzen von Jenbach hinaus. Jede Sportart wird nicht nur in Hinblick auf ihre lokale Bedeutung, sondern auch mittels grobem internationalen Gesamtabriss dargestellt. Ein Besuch - auch in den anderen Stockwerken - lohnt sich!

Jenbacher Museum

Achenseestraße 21, Jenbach
Parkplatz:gratis, direkt vor dem Haus

Öffnungszeiten:28. April bis 27. Oktober 2018: Montag, Donnerstag, Freitag, Samstag: 14 bis 17 Uhr
An den Adventsamstagen 1. / 8. / 15. und 22. Dezember 2018: 15 bis 19 UhrGruppen:
Außerhalb dieser Zeiten und für Gruppen ist eine telefonische Anmeldung zur Besichtigung erforderlich: 0664/9517845

Infos:www.jenbachermuseum.at

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