RMagazin Buchtipp: Friederike Gösweiner „Traurige Freiheit“

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Generation Praktikum im freien Fall

Gleich am Anfang kommt das Ende. Das Ende einer Beziehung. Hannah und Jakob lieben sich, immer noch, sind sich vertraut seit vielen Jahren, leben zusammen, ohne sich auseinander gelebt zu haben. Die Beziehung scheitert an der Karriere. Genauer gesagt an deren Nichtvorhandensein. Jakob, Assistenzarzt an der Klinik, hat es im Berufsleben geschafft, keine Brüche, ein lückenloser Lebenslauf. Ganz anders läuft es bei Hannah, da läuft es gar nicht. Dabei hat Hannah nichts falsch gemacht, sie hat erfolgreich studiert, in Praktika Berufserfahrung gesammelt, versinkt nicht in Selbstmitleid, steht auf, wenn sie fällt: „Alles war möglich, immer wieder hatte sie das gehört. Aber nie hatte sie daran gedacht, dass das auch das Scheitern implizierte. Niemand dachte daran, dass auch das Scheitern eine Möglichkeit war.“
In der Hoffnung auf eine Chance in der Großstadt flieht Hannah nach Berlin, irgendwo müssen sie ja liegen, die unbegrenzten Möglichkeiten. Sie lässt Jakob, der an eine Fernbeziehung nicht glauben mag, vermeintlich hinter sich und eilt dem Hoffnungsschimmer hinterher, den ein erneutes Praktikum verspricht. Es ist ein sprunghaftes Leben; Freundin Miriam, in deren Miniwohnung Hannah einzieht, lebt die erzwungene Jobunsicherheit, versucht in Moskau Fuß zu fassen. Es ist ein einsames Leben; Hannah hört Radio, um Gesellschaft zu haben. Mit Jakob schreibt sie SMS, mit Miriam skypt sie. Sich am Kleinen festhalten, Chancen sehen und nutzen, lose Kontakte knüpfen, vage Beziehungen wachsen lassen, die doch wieder zerbrechen, an Schnelllebigkeit und Unverbindlichkeit: Hannah versucht der Instabilität zu trotzen. Dem Praktikum folgt Ernüchterung, die leeren Tage, in denen Hannah in der Bibliothek Jobangebote sucht und Bewerbungen schreibt, ziehen sich wie Kaugummi; die Wochen aber verfliegen, und das ist nur ein scheinbarer Widerspruch. Hannah wird Kellnerin in einem kleinen Café, von irgendetwas muss man ja leben. Dort lernt sie Stein kennen, einen renommierten Journalisten, und schöpft Hoffnung, jetzt endlich, doch auch diese Aussicht zerschlägt sich im Nichts.
Friederike Gösweiner, Tiroler Autorin mit Schwazer Wurzeln, gelingt es in ihrem Debüt-Roman „Traurige Freiheit“ klar, unsentimental und schnörkellos das Fallen, das auch symbolischen Raum im Buch einnimmt, und das Aufstehen zu skizzieren. Man will Hannah nicht als Gescheiterte sehen, auch wenn sie fällt, immer wieder, in eine Ausweglosigkeit – oder doch nicht? Am Ende bleibt das Ende schließlich offen...

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