Ritter aus Leidenschaft
Hoffentlich geht es Ihnen wie mir und Sie sind von Zeit zu Zeit ein wenig Romantik, auch wenn sie noch so kitschig sein mag, nicht abgeneigt. Denn -- und das verrate ich Ihnen an dieser Stelle ganz exklusiv (aber nicht weitererzählen, gell?) -- was gibt es Schöneres, als einige Kerzen anzuzünden, seinen Magen an einem Gläschen Wein und seine Seele an einem … Rosamunde Pilcher-Film zu wärmen. So, jetzt ist es heraußen! Sind Sie sehr schockiert?
In meiner Sturm- und Drangzeit (und die liegt schon Lichtjahre hinter mir) hatte ich mir sämtliche Bände dieser äußerst phantasievollen Schriftstellerin zugelegt. Sie fristen nun ihr Dasein in der zweiten Reihe meines Bücherregals, wo ich sie hinter Werken von Guy de Maupassant, Thomas Mann und Arthur Schnitzler versteckt halte. Muss ja nicht sein, dass meinen Besuchern gleich beim ersten Blick auf meine vielfältige und reich bestückte Bibliothek die zwanzig Bände Muschelsucher und Konsorten ins Auge stechen. Doch je älter (und abgeklärter) ich wurde, umso mehr nahm mein Bedürfnis nach dieser ein wenig ungesunden Sucht nach Romantik zum Glück ab, denn diese Sucht hatte auch zur Folge, dass meine Erwartungen gegenüber dem männlichen Geschlecht, nun, sagen wir mal so, etwas übersteigert und unrealistisch waren. Ich war nahezu besessen von der Vorstellung, dass mir mein Märchenprinz eines Tages in güldner Rüstung auf einem Schimmel im sanften Licht eines Sommermorgens entgegen reiten würde… :-)
Aber, wie gesagt, ich wurde älter und reifer und lernte Jahr für Jahr, Mann für Mann dazu. Ich lernte vor allem, dass man die Hoffnung auf die große Liebe zwar nie aufgeben, man sich aber besser gleich von dem wahnwitzigen Gedanken verabschieden sollte, dass diese im wahren Leben auch nur annähernd und vor allem dauerhaft einem dieser Drehbücher ähneln würde.
Aber seien wir doch ehrlich: Brauchen wir nicht alle ab und zu diesen leisen Hauch von Romantik und heiler Welt (okay, manchmal ist es ein recht aufdringlicher Orkan), in der man sich zur Lösung existenzieller Probleme mit Großmuttern an den heimeligen Herd zurückzieht, Hund und Katze zu Füßen, eine dampfende Tasse Tee umschlungen und krümelige Kekse im Mund? Isses nicht schön, dass die blond gelockte junge Frau, die sich im strömenden Regen durch die Nacht kämpft, just an jenes Häuschen gelangt, in dem der schönste, treueste, leidenschaftlichste, verständnisvollste, zärtlichste, reichste und großzügigste aller Schotten, der Retter und Ritter ihres Herzens einsam sein Dasein fristet? Wie überaus praktisch, dass die Frauen in diesen wunderbaren Filmen immer in strategisch günstigen Augenblicken in Ohnmacht sinken, um von heißen Lippen wach geküsst zu werden (ja, da sind die Regisseure dieser Verfilmungen schon recht mutig geworden…).
Die Regienanweisungen meines Lebens hatten da hingegen stets sehr zu wünschen übrig gelassen! Ich hätte mich monatelang mit wogendem Busen durch den Wienerwald schlagen können – das einzige männliche Wesen, auf das mich der Zufall hätte stoßen lassen, wäre vermutlich ein alter Wurzelsepp gewesen, der mich in seine armselige Behausung gebeten hätte, um mir dort seine Pfeifensammlung oder noch Schlimmeres zu zeigen. ;-)
Auch die Idee mit der Ohnmacht ist äußerst riskant! Vor einigen Wochen testete eine liebe Freundin in der Prater Hauptallee ihre schauspielerischen Qualitäten. Als sie in der Ferne ihren neuen Schwarm auf sich zutraben sah, griff sie sich theatralisch an die Stirn und sank elfengleich zu Boden. Leider hatte sie die Rechnung ohne jenen Ritter ohne Furcht und Tadel gemacht -- einem Kampfradler, der sich heimtückisch, aus dem Hinterhalt sozusagen, angeschlichen hatte. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, sprang dieser schwitzende Tour de France-Möchtegern-Anwärter auf sie zu, presste seine Lippen auf die ihren und füllte ihre Lungen mit einem Schwall Mundgeruch der übelsten Sorte.
Und da fragen Sie noch, warum ich Rosamunde Pilcher-Romane dem wahren Leben vorziehe?
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Noch mehr Lesestoff gibt's hier: http://www.gesundheit.co.at/
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