Demenzerkrankungen Ernst nehmen
Gegen das Vergessen
Über eine Demenzerkrankung zu sprechen ist immer noch ein große Tabuthema. Der ST. VEITER im Gespräch mit Melanie Pichler-Kathrein.
BEZIRK ST. VEIT. Sie ist im Gurktal als Demenztrainerin unterwegs.
Bei Betroffenen ist es oft schwierig das Thema Demenz anzusprechen. Welche Tipps geben Sie Angehörigen?
Das ist sehr individuell zu handhaben. Es gibt Menschen die froh über eine Diagnose sind und nehmen Hilfe an.Viele andere wollen es aber nicht wahr haben und können nur schwer damit umgehen. Da braucht es sehr viel Geduld und Einfühlungsvermögen um dieses Thema anzusprechen. Grundsätzlich haben Betroffene Anspruch darauf über ihre Diagnose aufgeklärt zu werden, aber sie haben auch das Recht dies nicht zu erfahren.
Ein Gespräch mit einem Arzt kann da sehr hilfreich sein um abzuschätzen ob und wie viel jemand über diese Krankheit wissen möchte. Die Aufklärung und das Gespräch sollte jedoch in einer Form geschehen die der Betroffene verstehen kann. So eine Diagnose ist für die gesamte Familie sehr schmerzlich und ein Schock. Die Diagnose kann aber auch eine wichtige Hilfe sein, um mit gewissen Situationen leichter umgehen zu können, da man die Ursache dafür kennt.
Bei welchen Anzeichen sollte man sich als Angehörige Gedanken machen und sich mit dem
Thema Demenz beschäftigen?
Demenz beschreibt eine Vielzahl von Erkrankungen mit den unterschiedlichsten Ursachen, bei
denen es zu Veränderungen der Gehirnleistung kommt. Alzheimer ist eine der häufigsten Formen. Vergesslichkeit ist eines der ersten Warnzeichen. Doch nicht jedes Vergessen ist gleich Alzheimer. Für Demenz bzw. Alzheimer braucht es noch Anzeichen wie Überforderung mit alltäglichen Abläufen, Probleme bei der Wortfindung oder Orientierung.
An wen kann man sich wenden, um abzuklären, ob jemand an Demenz leidet?
Als erstes wäre da der Hausarzt mit dem man darüber sprechen könnte. Ein Neurologe klärt dann ab ob eine Demenzerkrankung vorliegt und durch einen Test in welchen Stadium sich die betroffene Person befindet. Weiters gibt es die mobile Demenzberatung der Diakonie. Neben der Diagnostik besteht für Angehörige auch das Angebot von psychologischen Gesprächen.
Gibt es andere Krankheiten die dem ähnlich sind?
Nicht jedes Vergessen ist gleich eine Demenzerkrankung. Diese Gedächtnisstörungen können auch andere Ursachen haben. Von einer Überforderung oder Stress, über Vitaminmangel, Flüssigkeitsmangel bis hin zu Nebenwirkungen von Medikamenten oder schlechten Zuckerwerten. Eine Abklärung ist jedoch auch in diesem Fall wichtig, denn es können verschiedene Gründe oder andere Krankheiten der Grund dafür sein.
Was möchten Sie den Menschen weiterzugeben?
Bei Demenzerkrankungen hilft es extrem sich auf die Gefühle der Betroffenen einzulassen. Das Herz wird nicht dement, auch wenn die anderen kognitiven Fähigkeiten eingeschränkt sind. Wenn man auf die Gefühle achtet und eingeht wird die Kommunikation mit den Patienten besser funktionieren.
Was machen sie als Demenztrainerin?
Bei einer Demenzdiagnose fühlen sich betroffene Menschen wie auch Angehörige oft überfordert und ängstlich und man blickt unsicher in die Zukunft. Der Alltag wird möglicherweise als frustrierend erlebt und man muss lernen mit Einschränkungen zu leben. Was folgt ist der Rückzug aus dem sozialen Leben und man verliert immer mehr seine kognitiven Fähigkeiten wie auch seinen Selbstwert.
Ich biete den betroffenen Personen eine sinnvolle Beschäftigung und positive Erfolgserlebnisse.
Das Demenztraining orientiert sich an den noch vorhanden Fähigkeiten und fördert diese durch Gedächtnistraining, Wahrnehmung und Training der alltäglichen Fähigkeiten.
Aber auch das körperliche Training und Bewegung ist ein wichtiger Bestandteil einer Trainingseinheit und dient auch der Sturzprophylaxe. Die Betreuung ist immer sehr individuell auf jede einzelne Person angepasst. Je nach Stadien und Bedürfnissen begleite ich Menschen und Familien einfühlsam und wertschätzend von der Diagnose bis zum Endstadium.
Gibt es Unterschiede zwischen Stadt und Land?
Wenn man bedenkt dass in Österreich mehr als 145.000 Menschen von Demenz betroffen sind
(Tendenz steigend), ist es trotzdem immer noch ein großes Tabuthema in der Gesellschaft. Am
Land kennt man sich untereinander und aus den unterschiedlichen Gründen geht man da oft nicht so offen um wie in der Stadt wo man doch mehr anonym ist.
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