Schonungslose Aufdeckung als erster Schritt zur Prävention

Generalvikar Engelbert Guggenberger im WOCHE-Interview über Missbrauchsfälle, Prävention und seine Jahre als Regens in Tanzenberg.

WOCHE: Eine Welle von Fällen des Missbrauchs und von Misshandlungen - auch in Österreich und Kärnten - wird nun bekannt. Haben Sie dieses Ausmaß erahnen können oder befürchtet?

Guggenberger: Nein. Ich bin erschüttert vom Ausmaß des Leids, das jungen Menschen angetan wurde. Es schmerzt besonders, dass dies in kirchlichen Einrichtungen geschehen ist. Gleichzeitig sollte man aber auch die Situation in Kärnten differenziert wahrnehmen. Tatsache ist nämlich, dass der letzte von der Ombudsstelle abgehandelte Missbrauchsfall sieben Jahre zurück liegt.

WOCHE: Was sagen Sie zu den Opfern?

Guggenberger: Ich bedauere die verabscheuenswürdigen Vorkommnisse und hoffe, dass deren schonungslose Aufdeckung und Aufarbeitung bereits ein erster Schritt in Richtung Prävention ist.

WOCHE: Der Schaden des Ansehens der katholischen Kirche ist enorm, ist er irreparabel?

Guggenberger: Im Moment überwiegt die Enttäuschung. Die Kirche kann aber durch eine klare und konsequente Linie in der Aufarbeitung und in der Prävention wieder an Glaubwürdigkeit gewinnen.

WOCHE: Von einer Million Gläubigen, die aus der Kirche austreten wollen, ist die Rede. Was können und werden Sie tun, um die enttäuschten Gläubigen mit der Kirche zu versöhnen?

Guggenberger: Die Menschen achten genau darauf wie die Kirche mit dem Problem umgeht. Ich hoffe, dass eine konsequente, ehrliche und transparente Aufarbeitung vertrauensbildend wirkt. Ebenso müssen Themen wie zum Beispiel der kirchliche Umgang mit Sexualität offen diskutiert werden.

WOCHE: Viele Gläubige befürchten, dass das Thema - wie bereits in früheren Fällen - erneut rasch aus dem Bewusstsein verschwindet, ohne nachhaltige Änderungen hervorgerufen zu haben. Sehen auch sie diese Gefahr? Und was tun Sie, damit dies nicht geschieht?

Guggenberger: Unsere Ombudsstelle sowie der unabhängige Anwalt für Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen, Dr. Erwin Kalbhenn, sind erste Ansprechstellen und nehmen die Hinweise auf. Die Ombudsstelle geht jedem Hinweis nach, recherchiert, sucht das Gespräch mit Opfer und Beschuldigtem und legt dem Bischof einen Bericht vor. Auf dieser Grundlage trifft Bischof Schwarz dann die entsprechenden dienstrechtlichen Maßnahmen und veranlasst gegebenenfalls die Einschaltung der staatlichen Behörden.

WOCHE: Was muss sich aus Ihrer Sicht in der Arbeit der Kirche ändern, dass in Zukunft Fälle, die jetzt bekannt werden, verhindert werden können?

Guggenberger: Eine gute Prävention müsste nach innen hin breit über den Sachverhalt des Missbrauchs informieren. Außerdem ist dem Thema „Nähe und Distanz“ vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken und das Bewusstsein für ein entsprechendes Verhalten gegenüber Kindern und Jugendlichen zu schärfen.

WOCHE: Kritiker meinen, der Zölibat "fördere" Fälle von Missbrauch - wie stehen Sie dazu? Was würde eine Lockerung oder Abschaffung des Zölibat bewirken? Welche Folgen würde dies haben?

Guggenberger: Experten sind sich nicht einig darüber, ob ein direkter Zusammenhang zwischen Zölibat und Missbrauch besteht. Faktum ist, dass die weit überwiegende Zahl der Missbrauchsfälle im familiären Umfeld geschieht. Die Ursache für den Missbrauch scheint in einer emotional unreifen Persönlichkeitsstruktur zu liegen. Deshalb muss es uns ein besonderes Anliegen sein, in der Priesterausbildung noch stärker auf die psychische und emotionale Reife der Kandidaten Wert zu legen.

WOCHE: Ab Ende der 80er-Jahre waren Sie selbst elf Jahre Regens im Marianum Tanzenberg. Wie haben Sie das Haus damals erlebt? Welche "Linie" haben Sie bei der Führung des Internats verfolgt?

Guggenberger: Ich habe es bei der Übernahme der Leitung des heute nicht mehr bestehenden Internates in Tanzenberg im Jahre 1988 als großes Manko empfunden, dass Buben unter sich waren, weil das Marianum nicht offen war für die Aufnahme von Mädchen. In einer Gesellschaft, die durchgehend vom Miteinander beider Geschlechter geprägt ist, wurde so das kirchliche Knabeninternat zu einer Art Sonderwelt. Daher habe ich in Abstimmung mit dem damaligen Bischof das Halbinternat sofort auch für Mädchen geöffnet. Im gemeinsamen Aufwachsen beider Geschlechter sehe ich nach wie vor die beste Voraussetzung für eine gesunde emotionale Entwicklung junger Menschen.

WOCHE: Können Sie ausschließen, dass in Tanzenberg oder seinem Umfeld Misshandlungen oder Übergriffe stattgefunden haben?

Guggenberger: Dazu müsste man einen totalen Überblick und einen genauen Einblick in jede Einzelsituation haben. Während meines Dienstes in Tanzenberg ist mir jedenfalls kein Übergriff und keine Misshandlung bekannt geworden. Das heißt aber nicht, dass das Internatsleben als solches nicht bei einzelnen Spuren hinterlassen hat, die es noch stärker in den Blick zu nehmen gilt.

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