"Verteufeln ist der falsche Weg"

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ST. VEIT. Immer mehr Kleinkinder spielen schon mit Smartphones. Psychologin Esther Blassnig aus St. Veit im Gespräch.

Smartphones halten schon lange Einzug in die Kinderzimmer. Wie sollen Eltern darauf reagieren?
Esther Blassnig: Moderne Medien zu verteufeln oder den Kindern völlig vorzuenthalten wäre der falsche Weg. Smartphones sollten in die Eltern-Kind-Beziehung eingebaut werden: Eltern könnten mit dem Kind gemeinsam das Smartphone erkunden. Man sollte das Kind aber auf keinen Fall unbeaufsichtigt mit dem Smartphone spielen lassen.

Wie sollte man das angehen?
Die Aufmerksamkeits-Konzentrationsspanne ist bei Kleinkindern noch sehr gering. Das gemeinsame Erkunden des Smartphones sollte anfangs bei Kleinkindern nur einige Minuten dauern. Mit zunehmendem Alter steigt auch das Leistungsverhalten und die Aufmerksamkeits-Konzentrationsspanne; so sind rund Vierjährige schon in der Lage, sich für rund 30 Minuten einem Spiel zu widmen.

Das Smartphone sollte aber nicht zum einzigen Spielzeug werden, oder?
Nein, auf keinen Fall! Traditionelle Spielmaterialien sowie der regelmäßige Kontakt zu ungefähr gleichaltrigen Spielfreunden dürfen auf keinen Fall fehlen.
Im Kinderzimmer sollten vordergründig Interaktionsspiele, Konstruktionsspiele wie Bausteine oder Lego Platz haben. Auch Bücher und Malmaterialien, Puppen und andere Figuren zum Spielen sollte es geben. In erster Linie sollten Spielsachen die Phantasie der Kinder und zu eigenständigen Spielhandlungen anregen.

Also kann man sagen - die Mischung macht's aus?
Ja, das Smartphone als Spielzeug würde ich nur äußerst begrenzt empfehlen. Das Smartphone sollte in erster Linie dem Kind als Kommunikationsmittel und auch als Informationsquelle seitens der Eltern „bekannt“ gemacht werden.

Wenn ein Kind also mit dem Smartphone spielt - worauf sollte man achten?
Man sollte auf eine Mischform aus reinen Unterhaltungsspielen und Bildungsspielen achten. Aber, wie gesagt, sollte man das Smartphone vor allem wegen Bildschirmgröße nur sehr begrenzt einsetzen.

Wie lange in etwa?
Generell sind digitale Spiele ab etwa vier Jahren maximal 20 Minuten lang geeignet. Mit zunehmendem Alter steigen die Aufmerksamkeits-Konzentrationsspanne und die geistigen Fähigkeiten des Kindes, und damit kann sich auch die Benutzungsdauer von modernen Medien verändern. Empfohlen wird, dass die Spiel- Benutzungsdauer am besten in gemeinsamer Absprache hinaufgesetzt wird.

Ab welchem Alter können die Kinder dann selbstständiger werden?
Ein weitgehender selbständiger Einsatz des Smartphones ist erst bei Kindern ab zehn Jahren relevant und empfehlenswert. In diesem Alter ist es dem Kind möglich, die Gefahren, die von Handys ausgehen, wie Kostenfalle sowie kinder- und jugendgefährdende Inhalte einzuschätzen. Doch auch ab diesem Alter gilt: Smartphone-Benutzung steht unter der Kontrolle der Eltern sowohl hinsichtlich zeitlicher als auch inhaltlicher Nutzung.

Welche Spiele oder Apps sind empfehlenswert?
Hier gilt das gleiche wie bei der Frage nach dem Umgang mit dem Internet: Es gibt Seiten, die kindentsprechender Natur sind und die auch gute Lern- und Förderspiele haben. Traditionelle Spiele sollten aber trotzdem im Vordergrund stehen.

Gibt es auch sonstige positive Wirkungen, die Spiele haben können?
In Actionspielen werden zum Beispiel Reaktionsschnelligkeit und Geschicklichkeit gefordert. Geschicklichkeitsspiele helfen dem Kind, Konzentration und Ausdauer zu halten, beziehungsweise zu erhöhen. Strategiespiele stellen ans Kind die Forderung, überlegte Entscheidungen zu treffen und komplexe Herausforderungen zu meistern. In Rollen- oder Simulationsspielen nehmen die Kinder fremde Rollen ein und lernen somit bestimmte Situationen zu bewältigen, die mal mehr, mal weniger real sein können.

Und wo liegt die Problematik?

Zu beachten ist, dass das Kind nur im Rahmen des Spiels und nicht in seinen Alltag diese Rolle annimmt. Eltern müssen das Spielverhalten ihres Kindes laufend zu beobachten, um sicherzustellen, dass keine Überidentifikation mit Rollen aus Spielen stattfindet. Außerdem muss das Kind auch wieder in den Alltag „umschalten“ können. Sollte dies nicht oder nur sehr schwer der Fall sein, dann muss mit dem Kind darüber gesprochen werden, warum das Kind die virtuelle Welt zu ernst nimmt. Es muss festgestellt werden, was das Kind an dem Spiel fasziniert, welche Fähigkeiten/Rollen es seiner Meinung nach nur im Spiel ausleben kann.

Wie können sich die Eltern einbringen?
Eltern sollten immer wieder mal mitspielen und darauf achten, dass auch mehrere Mitspieler eingebunden werden können. Vor allem im Bereich der sozialen Kommunikation, auf Facebook oder in Chats, sollten die Eltern immer Bescheid wissen, mit wem das Kind kommuniziert, ob Treffen geplant sind, ob Fotos oder Videos mitgeschickt oder ausgetauscht werden.

Worauf sollte man das Kind aufmerksam machen?
Eltern müssen ihrem Kind erklären, dass keine persönlichen Daten von sich oder der Familie weitergegeben werden dürfen. Sollte das Kind seinen Chatpartner treffen wollen, müssen die Eltern es über mögliche Gefahren aufklären und es zum Treffen begleiten. Eltern sollten auch noch bei älteren Kindern sofern möglich in Rufweite bleiben, gelegentlich einen Blick aufs Smartphone werfen.

Wie sieht es mit den Filtermechanismen im Internet aus?
Damit haben Eltern die Möglichkeit, den Zugang zu bestimmten Seiten mit gewalthaltigen oder pornografischen Inhalten zu sperren. All das setzt intensive Elternarbeit voraus. Eltern sollten sich Zeit nehmen, um sich mit dem Kind regelmäßig auszutauschen. Und außerdem sollten sie sich selbst fit für die modernen Medien machen! Was Eltern nicht selbst probieren, können Sie nicht beurteilen oder kontrollieren. Dennoch muüssen familiäre Aktivitäten ohne Smartphones im Vordergrund stehen!

Und wenn es einmal nur mehr um die Spiele geht?

Die vordergründige Funktion des Internets für Kinder - auch mithilfe des Smartphones - sollte die der Informations- und Recherchequelle sein. Doch auch hier gilt: Das Smartphone fürs rasche recherchieren ja, für lange andauernde Recherchearbeiten sollte ein großer Bildschirm benutzt werden.

Was ist noch zu beachten?
Egal um welche Medien es sich handelt: Es kommt auf die Tageszeit an. Vor dem Schlafengehen sollten vor allem aufregende Inhalte, wie zum Beispiel ein schnelles Autorennen, vermieden werden. Das könnte zu unruhigem Schlaf führen. Das Kind soll digitale Spiele – egal ob am PC, Playstation, TV oder Smartphone - nur zur Ablenkung und Entspannung nutzen. Sobald sich daraus eine Zwanghaftigkeit entwickelt und das Kind mithilfe der digitalen Spiele aus dem Alltag flüchtet, müssen Eltern rasch reagieren. Kinder vergessen dann nicht nur die Zeit, sondern auch ihre Alltagsaufgaben, wie Schulaufgaben, häusliche und familiäre Pflichten.

Tipps zum Smartphone-Kauf

"Generell sollten die Eltern die Kosten im Blick zu behalten: Viele Mobilfunkbetreiber bieten spezielle Tarife für Kinder und Jugendliche an. Ein Vergleich lohnt sich!", so Blassnig.
Weiters würden Handy-Shops spezielle Kinder- und Jugendhandys mit altersentsprechender Handhabung und Sicherheitsvorkehrungen anbieten. "Eine große Gefahr des Handys ist, dass Kinder durch verschiedene Apps zu nicht altersadäquaten Seiten Zugang finden und durch nicht jugendfreie Inhalte verunsichert, verängstigt und auch traumatisiert werden", warnt die Psychologin.
Weiters können mit dem Handy Fotos gemacht und Videos aufgezeichnet und weitergesendet oder ins Internet gestellt gemacht werden – oft in keiner guten Absicht. Eltern sollten daher unbedingt ihr Kind vor solchen Inhalten schützen, indem sie verschiedene Sperrfunktionen und spezielle PINs verschiedener Mobilfunkanbieter benutzen. Auch hier ist die direkte Eltern-Kind-Interaktion wichtig. "Doch auch in der Schule sollte man sich mit solchen Fragen/Themen auseinandersetzen", so Blassnig.

ZUR PERSON

Esther Blassnig
Klinische und Gesundheitspsychologin
Arbeitspsychologin
Allg. beeidete und gerichtl. zertifizierte Sachverständige
www.happy-family.co.at

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