Venedig mit offenen Sinnen begegnen
Strukturen müssen erhalten bleiben

Foto: Christian Poscheschnig
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Begonnen hatte die Verwandlung  Venedigs in eine Kulisse um das Jahr 1900. Zudem verlor die  Lagunenstadt  in den letzten Jahrzehnten etliche alteingesessene Einwohner 

Venedig wandelte sich immer stärker in einen Themenpark für zahlungskräftige Besucher, die ihre Umgebung nach der Instagram-Tauglichkeit bewerten. Wohnungen waren in vorübergehende Heimstätten für Touristen verwandelt worden, die zu hohen Preisen für ein paar Tage oder Wochen vermietet werden. Mit den Venezianerinnen und Venezianern verschwand auch die Infrastruktur, die man für ein gewöhnliches Leben braucht: die Bäckereien und die Gemüsefrauen  und Gemüsemänner, der Fischhändlerinnen und Fischhändler und die schlichte, von zwei Sizilianern betriebene Pizzeria, in der wir öfters zu Gast waren. 

Wenn man die aufgeputzten italienischen Innenstädte als nostalgisch aufgeladene Ware für den internationalen Tourismus dekuvriert, hat man dabei dennoch die den Gemeinsinn stiftende Funktion, die die Piazza oder die Bar bis heute hat, trotzdem im Blick. Und es regt sich Widerstand gegen die totale Vermarktung und Vereinnahmung durch die Tourismusindustrie. 

Proteste gegen die Rückkehr der dicken Pötte

"Erstmals seit anderthalb Jahren erschien in Venedig unter lautstarken Protesten wieder ein großes Kreuzfahrtschiff in der Lagune", schrieb die Taz am 7.6.2021. Die Bewegung "no grandi navi" hatte zu den Protesten aufgerufen. Dutzende kleine Boote hatten den tonnenschweren Stahlkoloss umringt. In den kleinen Booten saßen fahnenschwingende Menschen, vom Ufer schalten Sprechchöre. Mick Jagger, Tilda Swinton und James Ivory fordern in einem Schreiben an die italienische Regierung den Stopp für den Verkehr großer Schiffe in der Lagune.

Jahrelang wurde darüber gestritten. Am 1.8.2021 war es dann soweit: Venedig sperrte ab sofort Kreuzfahrtschiffe aus. Allerdings nicht gänzlich alle, sondern nur bestimmte. Kleinere Kreuzfahrtschiffe sollen weiterhin am Hafen des historischen Zentrums anlegen dürfen.

Große Kreuzfahrtschiffe dürfen  nicht mehr durch Teile der venezianischen Lagune fahren. Nach einem Beschluss der italienischen Regierung sind der Giudecca- und der Markus-Kanal sowie das Markus-Becken im historischen Zentrum Venedigs künftig für Kreuzfahrtschiffe gesperrt.  Die riesigen Schiffe dürfen nun nur noch den Industriehafen Marghera auf dem Festland anlaufen.  
Es handelt sich dabei aber nur um eine Übergangslösung: Langfristig sollen die Kreuzfahrtriesen ganz aus der Lagune mit ihrem gefährdeten Ökosystem verbannt werden, nicht nur aus der unmittelbaren Nähe der Altstadt Venedigs.

Geplant ist ein Offshore-Terminal außerhalb der Lagune; von dort aus werden die Passagiere danach mit kleineren Booten nach Venedig gebracht. Entsprechende Pläne sind bereits vorhanden.

Ideen zur Erhaltung der Strukturen der Stadt

Die in Italien gegründete slow city-Bewegung (cittaslow) kann eine Lösung sein, wenn durch Einhaltung strenger Regeln Strukturen der Stadt erhalten bleiben: Venedig vereint bereits viele Kriterien, die für eine Stadt der Zukunft diskutiert werden: Mobilität ohne Autos, Einkaufen im Quartier, Freizeitnutzung des öffentlichen Raums und ein großer Anteil auf Handarbeit beruhender Dienste, also kurze Wege im Quartier. Diese positiven Eigenschaften werden durch den Massentourismus ständig konterkariert.
Sergio Pascolo, Professor für Architektur und Urban Design an der Università IUAV di Venezia, veranschaulichte schon 2014, dass Venedig als dichte Stadt, umgeben von einem einzigartigen Naturraum, für die Arbeit der Zukunft – kleinteilige Strukturen, Manufakturen – aber auch als Ort für die Produktion von Ideen und immaterieller Werte ideale Voraussetzungen biete.
Der in Venedig arbeitende Architekt Clemens F. Kusch  zeigte das eher unbekannte moderne Venedig, wie es unter dem Stadtbaumeister Eugenio Miozzi entstand: die Autobrücke zum Festland, das damals größte und modernste Parkhaus Europas an der Piazzale Roma oder den als Abkürzung des Canale Grande genutzten Rio Nuovo und seine Bebauung. 

Der Landschaftsplaner Andreas Kipar, richtet den Blick auf das „zweite Venedig“ auf dem Festland: Der sich langsam deindustrialisierende Hafenbereich biete Raum für ein „modernes, junges und grünes Venedig“. Bauen solle man jedoch erstmal nichts, denn Architektur löse an diesem Ort keine Probleme. Gebraucht würden Freiräume und eine grüne Infrastruktur.

Venedig muss eine offene Stadt bleiben und darf nicht abgeriegelt werden. Kulturprogramme wie die Biennalen sorgen auch für städtisches Leben.  Ziele für ein weiterhin lebendiges und von modernem Leben geprägtes Venedig soll auf die politische Agenda gesetzt werden. 

Fotos: Christian Poscheschnig

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