"Rückkehr zum Schilling wäre eine Katastrophe"

Wirtschaftswissenschafter Gottfried Haber
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Volkswirt Gottfried Haber über die Folgen eines Euro-Austritts und einer ESM-Klage.

Man hat das Gefühl, derzeit sitzen an einem durchschnittlichen Stammtisch mehr Wirtschafts- und Finanzexperten als jedes Jahr beim Europäischen Forum Alpbach. Woran liegt das?
GOTTFRIED HABER: Schulden und Finanzpolitik waren nie ein Thema - bis vor wenigen Monaten. Die Leute berührt dieses Thema, auch wenn sie selbst noch nichts davon bemerken. Dafür geht es uns in Österreich noch zu gut. Die Lösungsvorschläge sind zwar oft purer Populismus, aber trotzdem finde ich es gut, dass man quer durch die Bank bemerkt, dass Schulden nichts Gutes sind. Daher rührt auch die Sorge um den Euro.

Wie steht es um den Euro?
Haber: Nicht so schlecht, wie man das immer hört. Was wir durchmachen, ist ja keine Währungskrise, sondern eine Vertrauenskrise. Die Leute sind einfach nicht mehr bereit, staatliche Anleihen zu kaufen. Das spielt eine große Rolle.

Inwiefern?
Haber: Bei der aktuellen Krise geht es ja darum, dass die europäischen Staaten im Schnitt alle zehn Jahre ihre Kredite zurückzahlen müssen und das Loch, das dabei entsteht, füllen müssen, indem sie neue Kredite aufnehmen. Wenn das Vertrauen in manche Länder sinkt, dann tun die sich natürlich schwer, das Geld aufzutreiben.

Wie groß ist Ihr Vertrauen - würden Sie griechische Staatsanleihen kaufen?

Haber (überlegt lange): Nein. Allerdings nicht, weil ich es Griechenland nicht zutraue, wieder auf die Beine zu kommen, sondern weil ich nicht sagen kann, ob die europäische Politik nicht wieder Fehler in dieser Frage macht. Der Schuldenschnitt war zum Beispiel ein fatales Signal, dass man Schulden nicht immer zurückzahlen muss.

Was muss die Politik machen, um wieder Vertrauen zu gewinnen?
Haber: Ganz am Anfang muss ein klares Bekenntnis zur Europäischen Währungszone stehen. Alle Diskussionen rund um einen Euro-Austritt oder die Spaltung in einen Nord- und einen Süd-Euro ruinieren das Vertrauen.

Wieso wäre eine Spaltung in Nord- und Süd-Euro schlecht?
Haber: Der Nord-Euro würde aufgewertet werden, was schlecht für den Export wäre, der Süd-Euro würde abgewertet werden, was bedeutet, dass die Süd-Zone automatisch viel weniger als zurückzahlen müsste, als sie eigentlich ausgeliehen hat.

Wir haben keine Währungskrise, sondern eine Vertrauenskrise.
Gottfried Haber

Was würde passieren, wenn Österreich zum Schilling zurückkehren würde?
Haber: Mit einem Wort: Eine Katastrophe. Seit den 80ern war der Schilling an die D-Mark, die Währung des wichtigsten Handelspartners, gekoppelt. Auch hier gilt: Wird der Schilling aufgewertet, ist das schlecht für den Export. Ein abgewerteter Schilling schmälert unser Vermögen. Außerdem ist es rechtlich gar nicht möglich, zurück zum Schilling zu gehen.

Werden Sie als Kärntner auf die Politik hierzulande angesprochen?
Haber: Ja, ich komme gerade aus den USA, sogar da ist Kärnten ein Begriff. Allerdings eher noch als "Haider-Country". Der Hypo-Verkauf hat Kärnten aber in ganz Europa in die Schlagzeilen gebracht.

Lässt sich beziffern, wie schädlich die derzeitige Lage für den Wirtschaftsstandort Kärnten ist?
Haber: Seriös nicht, nein. Aber es geht in der Wirtschaft immer um Vertrauen und Stabilität. Und die internationale Auffassung von Kärnten ist die eines instabilen Landes. Was Kärnten derzeit am dringendsten braucht, ist eine handlungsfähige Landesregierung, die ein Budget für 2013 zusammenbringt.

Die Landesregierung bereitet eine Klage gegen den ESM, den Europäischen Stabilitätsmechanismus, vor.
Haber: Es macht keinen Sinn, sich der europäischen Stabilitätspolitik in den Weg zu stellen. Das bringt Kärnten nur wieder in die Schlagzeilen.

Was die Krise angeht: Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels?
Haber: Durch die Krise sind die Leute aufgewacht und wir könnten gestärkt und mit neuen, strengeren Spielregeln daraus hervorgehen. Dafür benötigen wir ESM und Fiskalpakt - letzteren, um diese Spielregeln auch einzuhalten. Die EU fungiert hier quasi als Schiedsrichter, der bei Verfehlungen einschreitet. Denn bei einem Fußballspiel die Mannschaften abstimmen zu lassen, ob es ein Foul gegeben hat oder nicht, macht wenig Sinn.

Wirtschaftswissenschafter Gottfried Haber
Foto: KK
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