Umbauprojekt in Wildermieming
Das Erbe der Tante Pepi

Die Küche wurde mit Kuhmist verputzt, da sich hier früher eine Dampfküche befand und die orangen Flecken überdeckt werden mussten
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  • Die Küche wurde mit Kuhmist verputzt, da sich hier früher eine Dampfküche befand und die orangen Flecken überdeckt werden mussten
  • hochgeladen von Julia Scheiring

Johanna Wackerle aus Wildermieming hat ihr Herzblut in ein ganz besonderes Projekt investiert: sie hat gemeinsam mit ihrem Papa ein 250 Jahre altes Bauernhaus in Familienbesitz innen renoviert und wohnfertig gemacht.

WILDERMIEMING (jus). Wenn Johanna Wackerle aus Wildermieming früher von der Schule nach Hause ging, blieb sie dabei stets bei einem alten Bauernhaus stehen. Dort wohnte nämlich ihre Tante Pepi und bei der gab es meistens etwas Gutes zu essen. Kein Wunder, dass die heute 29-Jährige viele schöne Erinnerungen mit diesem Haus verbindet. Und deshalb ist ihr die Entscheidung vor einigen Jahren nicht schwer gefallen, als ihr Papa sie fragte, ob sie lieber das Haus der mittlerweile verstorbenen Tante oder einen Baugrund haben möchte. Natürlich das Haus!

Vater-Tochter-Projekt

Nun ist es aber kein Kinderspiel, ein rund 250 Jahre altes Haus wohnlich einzurichten. Vor allem ohne Vorkenntnisse und ohne viel Hilfe. "Wir haben das Meiste alleine gemacht, mein Papa und ich", erzählt Johanna, die zu dieser Zeit in einem Restaurant in Innsbruck arbeitete. Da war die Zeit natürlich begrenzt, aber Montag war immer Bautag, auch vor dem Arbeiten investierte die Restaurantfachfrau Zeit in ihr neues Zuhause. "Je mehr weiterging, umso öfter war ich im Haus, auch meinen Urlaub habe ich komplett in das Haus investiert", beschreibt Johanna die letzten zwei Jahre. Zwischendurch bekam sie auch immer wieder Hilfe von Freunden, auch bei der Elektrik und Installation wurde ihr geholfen. Am meisten aber half ihr Papa Emil: "Ich bin ihm so dankbar, ich weiß gar nicht, wie ich das jemals vergelten kann", bedankt sich Johanna für die Unterstützung.

Kuhmist auf der Küchendecke

Im Februar 2017 haben sie angefangen, das Haus auszuräumen, diese Arbeit dauerte bis in den August hinein. Wer einen Blick in die Tenne wirft, der weiß, warum. Noch immer stapeln sich hier zahlreiche Utensilien aus dem Bauernhaus. "Im Anschluss haben wir das Haus entkernt, das heißt den Boden teilweise rausgerissen, Schlitze für die Leitungen gemacht und teilweise Decken heruntergerissen", beschreibt die Wildermiemingerin. Außerdem galt es, die Wände zu streichen, Heizungen einzubauen, Öfen zu reparieren und noch viele andere Arbeiten zu erledigen. Und dabei warteten viele Tücken: In der Küche, die früher eine Dampfküche war, kamen immer wieder orange Flecken vom Altbestand durch. Dafür wurde eine (etwas ungewöhnliche) Lösung gefunden: "Mit einer Mischung aus Kuhmist und Kalk haben wir dann drübergestrichen. Der Kuhmist enthält Stoffe, die dieses Durchschimmern verhindern", erklärt die junge Bauherrin. 

Wenn Vergangenheit Moderne trifft

Die Verbindung aus Alt und Neu zieht sich wie ein roter Faden durch die Einrichtung. Überall findet man Überbleibsel von der Tante Pepi, da eine Kommode, dort ein Holzkorb. Auch die Teppiche sind größtenteils noch Altbestand. "Ich kann mich nur schwer von Dingen trennen und ich finde es schön, etwas Altes mit etwas Neuem zu kombinieren", sagt Johanna, die sogar noch Geschirr von ihrer Tante weiter verwendet. Deshalb lässt sie jetzt auch die alten Vorhänge so umnähen, dass sie sie später im Schlafzimmer aufhängen kann. Ebenfalls noch von früher sind die Türen, leicht erkennbar daran, dass sich ein großer Mensch beim Durchgehen bücken muss. Und Türen gibt es viele, denn das Haus hat nicht weniger als 18 (!) Räume. Um sich hier auszukennen, braucht man beinahe eine Karte, denn vor allem im oberen Stock ist es ziemlich verwinkelt. Die verschiedenen Räume mit klingenden Namen wie "Max'n Kammer", "Adolf'n Kammer", Gwölb, Salch und Mostkammerle waren früher in zwei Parteien aufgeteilt und wurden bis zirka 2001 von Großtante Josefa ("Tante Pepi") und Johann Wackerle sowie Johannas anderen Großtante Margret bewohnt. 

Geschichten, die Bücher füllen

So vielfältig die Räume sind, so vielfältig sind die Geschichten dahinter (siehe auch Bilder). In jedem Raum wartet wieder etwas Neues bzw. Altes, wie etwa die Werkbank im Bad, die nun als Waschtisch dient, das geblümte Quadrat an der Schlafzimmerwand, das noch Teil der alten Tapete ist oder das Plumpsklo, dass immer noch erhalten ist. Mit diesen Geschichten könnte man wohl Bücher füllen, für Johanna ist es nun ein neues Zuhause.

Es wartet noch Arbeit

Denn mittlerweile ist sie schon eingezogen, auch wenn noch nicht alles fertig ist. "Das Gästeklo muss noch gemacht werden, die Regale für die Kleidung im begehbaren Kleiderschrank fehlen noch, der Vorstall muss verputzt und der Heizraum gespachtelt werden", gibt Johanna nur ein paar Beispiele für bevorstehende Projekte. Irgendwann in nächster Zeit muss auch die Fassade renoviert werden, daran wurde aber sonst nichts verändert: "Das Haus steht unter Denkmalschutz", informiert die Bauherrin. 

Kindheitserinnerungen als Motivation

Das Gebäude, aber auch ihr "Einsatz in vier Wänden" sorgt für viel Interesse: "Immer wieder bleiben Fußgänger stehen und fragen mich nach dem Haus. Manche wollten es sogar schon kaufen", schmunzelt Johanna. Verkauft wird es auf alle Fälle nicht, dafür haben die alten Gemäuer zu hohen sentimentalen Wert: "Für mich stecken da so viele Kindheitserinnerungen drin, ich mache das ganz alleine für mich", macht Johanna ihre Motivation hinter diesem außergewöhnlichen Projekt spürbar.

Wer sich für das Projekt interessiert und immer live am Geschehen dabei sein will, der kann Johanna auch auf Instagram folgen, wo sie ihre Fortschritte fotografisch festgehalten hat.

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