Erstbesteigung der Munde Südwand

Rehaceks Tochter Dora und Helmut Wagner mit dem Nachlass, dem Tourenbuch in alter Schrift.
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  • Rehaceks Tochter Dora und Helmut Wagner mit dem Nachlass, dem Tourenbuch in alter Schrift.
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TELFS. Es lag am Dachboden, ein handgeschriebenes Buch über Bergtouren in den 30er-Jahren! Luis Rehacek hat es damals in Kurrentschrift verfasst. Mit dem Titel „Kurzer Rückblick über mein Alpines Wandern und Bergsteigen“ beginnt Rehacek seine akribisch beschriebenen Touren in den Jahren 1932 bis 1934. Dora, die Gattin des bekannten Telfer Alpinisten Helmut Wagner, er selbst Pionier in der heimischen Berg-Welt, fand dieses Buch 1993 im eigenen Haus. Noch war nicht klar, welch große Bedeutung dieser Dachbodenfund für die Familie und Telfs hat. Erst als die Telferin Anna Stubenböck erst kürzlich die Schrift übersetzte, konnte es Wagner kaum fassen.

Begehung der „Direkten Südwand“ der Hohen Munde

Im Buch wird nämlich auch die erste Besteigung der Hohen Munde „Direkte Südwand“ beschrieben. „Es ist ein Dokument von historischem Wert für Tirol und besonders für Telfs“, freut sich Helmut Wagner, denn: Er selbst hat diese steile Wand in den Tagen vom 20. bis 23. November 1978 erstmals vollständig begangen“ Er war - ohne es zu wissen - auf den Spuren seines Schwiegervaters unterwegs.
Für Wagner hatte die Begehung damals noch eine ganz andere Bedeutung: „Die Erstbesteigung 1978 war der Auftakt zur Gründung meiner Bergsteigerschule, als Bergführer mit einem hochrangigen Gast. Daher habe ich mich auch besonders gut vorbereitet“, berichtet Wagner. Manfred Abelein war der bekannte Begleiter, Abgeordneter des Deutschen Bundestages und Prof. für Öffentliches Recht, ein erfahrener und passionierter Alpinist. „23 Stunden Kletterzeit, 3 Biwaks, 50 Felshaken geschlagen“ - so umreißt Wagners Tourengast diese vollständige Südwandbesteigung in Zahlen. „Die Idee der Erstbesteigung stammte von Helmut Wagner“, schreibt Abelein 1979 im Magazin „Alpinismus“. Das Material war schon um einiges ausgereifter, die Kleidung für solche Touren um einiges Besser als 1932, als Rehacek, Wagners Schwiegervater, sich auf den Weg machte, diese Route zu begehen.
Ehrfürchtig folgt Helmut Wagner der handschriftlich festgehaltenen Beschreibung von Luis Rehacek, der am 2. Oktober 1932 – vor genau 80 Jahren – zusammen mit Pert Fankhauser aus Kitzbühel diese Wand in Angriff genommen hat. Das gut eingespielte Team schaffte es mit Hanfseilen und enormer Anstrengung in sieben Stunden bis zu einem Ausstieg aus der Wand. „Trotz dass die Tour nicht bis ganz oben ging eine enorme Leistung“, weiß Alpin-Experte Wagner, er liest aus Rehaceks Buch vor: „Bei meinem Kameraden angelangt sehe ich wie sich die eigentliche Gipfelwand jetzt aufbäumt. Viel wäre es nicht mehr. Heute aber geht es nicht mehr. Biwakieren wollen wir auch nicht. Es ist Zeit, dass wir zum Gipfel kommen und steigen in der Westwand aus. Jetzt geht es rasch zum Gipfel.“

Wagners 1. Versuch 1960

„Als ich meinen ersten Versuch 1960 an der Direkten Südwand mit meinem damaligen Seilgefährten Helmut Baldauf versuchte, stiegen wir Richtung Verschneidung, brachen die Tour jedoch ab, weil der Weiterweg nur mit Bohrhaken zu bewältigen gewesen wäre“, erklärt Wagner: „Dies entsprach aber nicht unserer Einstellung zur Fortbewegung am Berg.“
1978 probierte es Wagner dann mit Manfred Abelein. Am 23. November, nach 23 Stunden reiner Kletterzeit, standen sie am Gipfel, hatten die direkte Begehung der 400 Meter hohen Südwand geschafft und wurden für diese Glanzleistung in Fachgremien und Medien gelobt: „Damals ahnte ich nicht, dass diese Erstbegehung für mich und besonders für meine Frau auch eine familiäre Bedeutung bekommen sollte“, berichtet Wagner nun stolz nach dem Fund des Buches seines Vorgängers Rehacek. Wagner beschäftigte sich wegen einer „unbedeutenden Nebensächlichkeit wieder mit der Hohen Munde“, wie er sagt: „Und dabei las ich das transkribierte Tourenbuch von Rehacek, dem Vater meiner Frau, von meinem Schwiegervater. Jetzt wusste ich: Mit meiner ersten vollständigen Begehung der „Direkten Südwand“ hatte ich das Vorhaben von Luis vollendet.“
Die „Direkte Südwand“ der Hohen Munde ist in der Familie geblieben.

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