Eva Foidl: Lyrik unter Schmutz. Ein Nachruf.

Eva Foidl wie man sie oft in Innsbruck sah.
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„Sie war in Innsbruck dafür bekannt als die schmutzigste und verwahrloste Person, mit der an einen vernünftigen Austausch normalerweise nicht zu denken war“. Eva Foidl, lebte auf der Straße und war doch so viel mehr als eine Obdachlose. Der Theologe Willibald Sandler, beschrieb Eva mit den obigen Worten und knüpfte Kontakt mit der recht verwahrlosten und verwirrten Person. Daraus entwickelte sich eine Beziehung aber vor allem auch für andere Menschen eine Möglichkeit, zu einer außergewöhnlichen Begegnung. Einer dieser Menschen ist unter anderem der Inzinger Pfarrer Andreas Tausch, der auf ihre lyrische und zeichnerische Begabung aufmerksam wurde.
Es begann mit gelegentlichen Besuchen von Eva im Gebetshaus „die Weide“ und vor allem mit ihrer Liebe und Vertrauen zu Gott. Phasenweise erzählte sie aus ihrem Leben und es stellte sich heraus, dass sie viel in der Welt unterwegs war. Oft sprach sie in englisch und sang englische Kirchenlieder. „Sie war eine hochintelligente Frau“ erzählt Pfarrer Andreas Tausch, doch auf die Frage wieso es so weit kam, dass sie auf der Straße lebte kann er auch nur Vermutung anführen. Es scheint schon in der Kindheit zu Verwahrlosung gekommen zu sein. Die gebürtige Innsbruckerin sprach seit Beginn ihrer Bekanntschaft von ihren „Marks“, was ihre Schmutzflecken waren, verteilt auf dem gesamten Körper. „Der Schmutz in dem ich lebe schützt mich“ sagte sie eines Tages zu Willibald Sandler. Gemeint war damit der Schutz vor den Mitmenschen aber auch vor ihren „Dämonen“. Trotz der Reaktion der Leute auf Ihren Geruch und ihr Erscheinungsbild, änderte Eva nichts daran, es war ihr egal, wie andere Menschen auf sie reagierten.
An besonders kalten Wintertagen stellte Pfarrer Tausch für Eva einen kleinen Garagenraum zur Verfügung, in dem sie sich zurückziehen konnte. Doch der Umgang mit Eva war schwer, besonders da sie sich aufgrund „ihrer Dämonen“ nicht wusch, inkontinent und Alkoholikerin war. Doch immer an einem Ort zu bleiben, passt nicht zu ihrem Gemüt. „Manchmal setzte sie sich in den Zug und fuhr nach Italien“ berichtet der Inzinger Pfarrer, „sie war immer auf der Suche und in gewisser Weise ruhelos“. Doch in der Zeit, als Eva in der Garage unter kam blühte Sie auf. Manchmal waren laute und euphorische Kirchengesänge aus der Garage zu hören und dank der Nachbarin, Christl Kranebitter zeugen unzählige Zeichnungen und Gedichte, die Eva anfertigte von ihrem tiefsinnigen Kern. Frau Kranebitter gab Eva Stift und Papier und daraus entstanden Zeichnungen, die stets eine Frau zeigten, stark verziert und mit Liebe zum Detail. Wer ist diese Frau? Pfarrer Tausch gab den entscheidenden Hinweis, dass die Person immer Flecken an der gleichen Stelle im Gesicht hat. Die Überlegung, dass Eva schlichtweg Selbstportraits anfertigte liegt nahe. Doch kräftiger in ihrer Aussage über Eva als Person sind ihre Gedichte.

Fäden der Barmherzigkeit

Es schreit seine Seele nach dir.

Fäden der Barmherzigkeit
jage aus.
Was bedroht dein Haus.
Merke dir, es ist Gott.
Hier ist kein Mensch.
Der Tempel der Erlösung.
Lösung loslassen.

Angst ist in den Herzen der Menschen.
Angst vor dem Wesentlichen.
Ja zu seinem Boot der Errettung.
Mischas Augen über euch
zu führen euch Gottes Weg
ata

Eva hatte den Mut zum Vertrauen. Den Mut Gott zu vertrauen, obwohl sie ein Leben hatte, das jeder andere Mensch als unwürdig empfunden hätte. „Angst vor dem Wesentlichen“ schreibt sie in ihrem Gedicht und fordert trotzdem mutig im nächsten Satz auf: „Ja zu seinem Boot der Errettung“. Durch Menschen wie Eva lernen wir Demut, Dankbarkeit und ein neues Dasein, ein Dasein mit Zuversicht den dieses verlor Eva wohl nie. Sie verstarb im April vergangen Jahres in Mannheim und hinterließ einen Schatz an Zeichnungen und Gedichten. Dank dem engagierten Pfarrer Tausch und vielen weiteren Personen, konnte eine Auswahl an Gedichten und Gemälden in einem Buch zusammengefasst werden. Unterstützt werden die Gedichte durch Erzählungen und Alltagsgeschichten von Pfarrer Tausch, wie Eva ihr Leben verbrachte und was es hieß sich auf Eva und ihre Person einzulassen. Das Buch erschien im Rosenverlag und ist in den Filialen der Buchhandlung Tyrolia zu erwerben. Ehrliche authentische Lyrik, die Liebe und Aufarbeitung widerspiegelt und einen Einblick in ein bewegtes Leben gibt, ist so heute nur noch selten zu finden. Am ehesten noch auf den Innsbrucker Straßen im Herzen einer Frau, die vertraute.

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