Manhattan in Polling: Riesenbau stört die Idylle der Anrainer

Blick vom Balkon der hinteren Häuser zu Baustelle (Osten).
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  • Blick vom Balkon der hinteren Häuser zu Baustelle (Osten).
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POLLING. "Keiner der Betroffenen Anrainer wurde über das Bauvorhaben oder die Auswirkungen informiert", brachte Daniela Prezel den Ärger der betroffenen Familien in einem Leserbrief an das BEZIRKSBLATT zum Ausdruck. Betreiber, Gemeinderat Polling und die Behörden haben eine Riesenfläche von Freiland in ein Gewerbe- und Industriegebiet umgewidmet. Die Anrainer leben im Einklang mit den hier ansässigen Betrieben, nichts stört. Aber das künftige Hochregallager erreicht eine Höhe, die den Bürgern Angst macht, wie diese beim BB-Lokalaugenschein schildern.

Für Polling war es ein Glückgriff:Die Servus-Handels- und Verlags-GmbH (Personal Shops) zieht von Mutters hierher, baut auf dem Grundstück aus einer Konkursmasse (BB hat berichtet, siehe meinbezirk.at/1729031). Auf der Wiese wo im Vorjahr noch Erdbeeren angebaut wurden, haben die Bauarbeiten für den "Monsterbau" (wie es die Anrainer nennen) auf ca. 22.000 m² begonnen. Das Hochregallager soll eine Höhe von 34,5 m erreichen (Pollinger Kirchturm misst 33 m), wie die Anrainer behaupten: "Auch wenn es weniger hoch werden soll, auch das reicht! Das entspricht immer noch in etwa dem 4 bis 5-fachem unserer Häuser", erklärt Prezel beim Lokalaugenschein: "Keiner konnte damit rechnen, dass derart massive Baumaßnahmen erfolgen werden."

Die Nachbargemeinden waren informiert, hatten Parteistellung im Bewilligungsverfahren – und sie erhoben Einspruch. "Es geht um den Verkehr durch die Salzstraßenorte", erklärt die Flaurlinger Bgm.in Brigitte Praxmarer. Engstellen behindern besonders in Inzing, Flaurling und Pfaffenhofen den Verkehr. "Laut BH ist die zu erwartende Verkehrszunahme um 5 bis 6% zumutbar." Mit dieser Begründung wurde der Einspruch abgewiesen, sagt Praxmarer: "Da können wir nichts mehr machen."

Auch die Anrainer müssen tatenlos zuschauen. An das Pollinger Gewerbegebiet schließen die ersten Einfamilienhäuser aus Flaurling an: "Wir haben beim Hausbau strenge Auflagen zu erfüllen, bei Bauhöhe von Haus oder Begrenzungsmauer, aber wenn sich ein großes Unternehmen ansiedelt, gelten andere Maßstäbe", ärgert sich Anrainerin Hradsky. Die riesige Halle versperrt den Ausblick von ihrem Balkon, der Abstand zwischen dem Firmengebäude und der Wohnsiedlung beträgt ca. 200 m. "Wenn dieser „Prachtbau“ erst mal steht, geht für uns Anrainer im wahrsten Sinne die Sonne unter. Unsere Lebensqualität wird verschlechtert, ebenso der Wert der einzelnen Häuser. Das macht uns Angst - und Angst macht krank - die ganze Geschichte ist unbegreiflich."
Dass das Land dieses Vorhaben einfach so bewilligt und die Gemeinden es absegnen, ohne mit den Anrainern Kontakt aufzunehmen, verstehen die Bürger nicht. Ändern können die Nachbarn nichts mehr, der Frust und die Enttäuschung ist groß: "Das Land will mit allen Mitteln Firmen im Land behalten, ihre Abwanderung verhindern, aber uns lassen sie im Stich und im Dunkeln."

Stellungnahme von Bgm. Gottlieb Jäger zum Leserbrief von den Bewohnern Auweg Flaurling

"Dass im Zuge so einer doch enormen Erweiterung unseres Gewerbegebietes Bedenken sowie anfängliche Ängste angebracht werden ist völlig nachvollziehbar.
Jedoch bezüglich den Behauptungen sowie Anschuldigungen gegenüber der Gemeinde Polling sowie der Firma möchte ich Stellung beziehen.
Eingangs möchte ich festhalten, dass für die Fehlentwicklungen der Raumordnung der Gemeinde Flaurling in diesem Bereich die alleinige Verantwortung die Gemeinde Flaurling trägt. Aber auch den dort angesiedelten Bewohner war sicherlich bewusst, dass Sie sich mitten in einem Gewerbegebiet zweier Gemeinden ansiedeln.
Viele werden sich noch an das einstmalige Areal der Ziegelerzeugung von der Firma Fuchs erinnern können. Im Zuge der Ziegelherstellung mittel einer Rüttelmaschine konnte man sogar in ganz Polling den dadurch entstehenden Lärm wahrnehmen.
Das war aber für die damalige Flaurlinger Gemeindeführung überhaupt kein Hindernis, im angrenzenden Bereich der Firma Fuchs eine Wohnsiedlung entstehen zu lassen.
So wurde im Laufe der Zeit diese Wohnsiedlung errichtet. Auch die angrenzende Bahnlinie sowie der Lärm der nicht weit entfernten Autobahn spielten soweit keine Rolle. Dies nur ein paar Zeilen zur Entstehung dieser Wohnsiedlung.
Jedoch die Gemeinde Polling hat im Zuge der Fortschreibung des derzeit gültigen Raumordnungskonzeptes im Bereich des angrenzenden Gewerbegebietes, höchste Rücksichtnahme auf diese Wohnsiedlung in Flaurling Bahnhof genommen.
Wer sich im Zuge der nicht stillschweigenden Erweiterung des Gewerbegebietes von Polling sich selber ein wenig interessiert hätte, würde von den falschen Behauptungen die in diesem Leserbrief angeführt wurden sicherlich Abstand genommen. Denn das Konzept für diese Erweiterung wurde schon im Jahre 2012 erstellt.
So wurde schon damals in der Bearbeitung dieses Konzeptes festgelegt, dass nach der Wohnsiedlung von Flaurling und dem Gemeindeweg von Polling angrenzende Grundstück, dass sich im privaten Besitz befindet keine Widmung für reines Gewerbegebiet erlassen wird. Diese fast 4000m² wurden mit einem Mischgebiet sowie Auflagen dass sich in diesem Bereich keine lärmerzeugende Firmen ansiedeln dürfen versehen.
Nach diesem Grundstück befinden sich weitere fast 8.000 m² derzeit Freiland die sich im Besitz der Firma SFS befinden. Auch in diesem Bereich besteht überhaupt keine Gefahr, dass diese Wohnsiedlung in irgendeine Richtung bezüglich einer Beeinträchtigung ihrer Wohnqualität rechnen muss.
Diesbezüglich möchte ich auch anführen, dass nicht eine einzige Firma vom Gewerbegebiet Polling eine Beeinträchtigung für diesen Wohnbereich weder mit Lärm, noch mit Verkehr darstellt.

Dasselbe gilt auch für den 200 Meter entfernten Betrieb Namens Personalshop.
Dies ist ein reiner Handelsbetrieb wo lediglich Waren angeliefert, und in späterer Folge wieder versendet werden.
Es könnten auf diesem Areal dass reines Gewerbegebiet aufweist auch 20 kleine oder mittlere Betriebe ihre Betriebsstätten errichten. Das würde es m.E. nach sei es mit Lärm und Verkehr eine wesentliche Verschlechterung in diesem Bereich aufweisen. Dass ein Hochregallager schon allein aus wirtschaftlicher Sicht eine gewisse Höhe beansprucht versteht sich von selbst. Der größte Teil dieses Gebäudes weist jedoch Höhen von 24 Meter, sowie einem weiteren Teil von 12 Meter auf.
Soviel zu der Entwicklung des Gewerbegebietes von Polling.
Nun noch ein paar Zeilen zu den restlichen Vorwürfen.
Still und leise wurde überhaupt nichts gemacht.
Aufbauend auf das vorhin angesprochen Raumordnungskonzept wurden die dafür vorgesehenen Widmungen beschlossen.
Mit sämtlichen dafür notwendigen Gemeinderatsbeschlüssen, sowie der aufsichtsbehördlichen Genehmigungen von Seiten der Abteilung Raumordnung des Landes. Des Weiteren war für die Bebauung des Areals von der Firma Personalshop ein Bebauungsplan notwendig. Auch dieser wurde vom Gemeinderat beschlossen, und wiederum von der Raumordungsbehörde aufsichtsbehördlich genehmigt.
Sämtliche Beschlüsse und Verfahrenswege wurden gesetzesgemäß angeschlagen,
Auch die Nachbargemeinden wurden diesbezüglich für Stellungnahmen eingeladen.
Allein diese Verfahren dauerten ein gutes halbes Jahr. Da kann wohl von stillschweigend keine Rede sein. Also nicht nur die dortigen Häuslbauer haben sich an die Tiroler Bauordnung gehalten, sondern auch die Gemeinde Polling.
Über diese gesetzlichen Bestimmungen hinaus, habe ich mich mit den Bürgermeistern der Gemeinden von Inzing bis nach Pfaffenhofen in Verbindung gesetzt, und sie von vorne herein bei der Ansiedelung dieses angeblichen Manhattn eingebunden. Es wurden stets die Karten auf den Tisch gelegt, man hat sich auch bei der Firma Personlshop in Gärberbach getroffen, damit sich meine Amtskollegen selber ein Bild von dieser Firma machen können.
Des Weiteren hat man sich auch im Planungsverband getroffen um zu besprechen,
wie weit ein überörtliches Verkehrskonzept erarbeitet werden könnte. Hier geht es aber nicht allein um den Personalshop, sondern um das jetzt schon bestehende Verkehrsproblem speziell bei den Engstellen Paffenhofen, Flaurling und Inzing.
Wobei sich das Verkehrsproblem durch den ständigen Druck in Sachen Wohnbau
in unsere Region und den dadurch entstehenden PKW Verkehr konzentrieren wird.
Diesbezüglich hat man auch schon einen Termin beim LH Stellv. Geisler Josef wahrgenommen.
Somit stimmt auch die Aussage dass dieses Vorhaben nicht verfolgt werden hätte können in keinster Weise.
So möchte ich auch noch anbringen, dass ich in meiner fast 20 jährigen Laufbahn als Bürgermeister noch nie von irgendeiner Nachbargemeinde im Zuge einer Betriebsansiedelung eingebunden wurde. Denn von 10 LKW und Klein LKW Fahrten durch Polling, fahren 8 LKW nicht in das Gewerbegebiet von Polling, sondern in ganz andere Richtungen wie z.B.: in das Gewerbegebiet vonFlaurling. ( Holz Seelos, Großwäscherei Gasser, Firma Canal usw.)
Außer den Erdbeeren wurde auch Gemüseanbau betrieben, wo im höchsten Maße
mit Spritzmittel hantiert wurde. Und soweit ich es in Erinnerung habe, wurde vor dem Bau dieser Wohnsiedlung Kartoffelanbau betrieben.
Mitten in einem Gewerbegebiet mit Bahn-Autobahnlärm von einem Naherholungsgebiet reden ist wohl sehr zu hinterfragen.

Was in diesem Brief nicht erwähnt ist, sind die positiven Seiten dieser Ansiedelung.
Sowie schon in den jetzigen Betrieben vom Gewerbegebiet Polling viele Mitarbeiter der Region, speziell vom Polling und Flaurling ihre Arbeit gefunden haben, wird auch dieser Betrieb vielen Arbeitsuchenden einen fairen Arbeitsplatz anbieten.
Ein bedeutender Grund für die Absiedelung des Betriebes von Gärbebach nach Polling ist,
dass dieser Betrieb zum großen Teil nur Mitarbeiter anstellen können, die einen eigenen PKW haben, weil man zum jetzigen Standort keine Möglichkeit hat mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin zu kommen.
Hier spielt die Nähe des Bahnhofes Flaurling eine große Rolle.
Auch der neu eingeführte Stundentakt mit dem Bus der auch die Gewerbegebiete
anfährt spielt hier eine wesentliche Rolle."

Mit nachbarschaftlichen Grüßen
Bürgermeister Polling
Gottlieb Jäger eh.

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