Die Film-Total Kritik zu "Logan - The Wolverine"

- Foto: © 2017 Twentieth Century Fox
- hochgeladen von Bernhard Lindorfer
9 / 10 Punkten
Die Schauspieler:
Wir beginnen zur Abwechslung nicht mit dem Hauptcharakter, sondern mit einem der absoluten Highlights des Films. Die Jungdarstellerin Dafne Keen verkörpert Laura Kinney – oder Projekt X-23. Dies tut sie mit einer dermaßen überdurchschnittlichen Leistung, dass sie so manch erfahreneren Kollegen mühelos an die Wand zu spielen zu vermag. Dass Sie ¾ des Streifens nicht spricht und daher ihre Screentime im nonverbalen Bereich nutzen muss, macht es noch gewaltiger was dieses Mädchen mit ihrer Mimik vollbringt – bitte mehr davon!! Hauptdarsteller Hugh Jackman ebenfalls wieder mit grundsolider Leistung, jedoch musste auch er sich noch einmal neu erfinden, da sein Charakter Logan/Wolverine nicht mehr der ist der er einmal war. Doch der in körperlich noch in Topform trainierte Jackman, der mit Vollbart mittlerweile eine große Ähnlichkeit zu Stephen Lang aufweist, spielt sehr überzeugend und lässt den Zuschauer seinen körperlichen Verfall und seine Schmerzen beinahe mitfühlen. Patrick Stewart in seiner Paraderolle als Professor Charles Xavier, läuft noch einmal zur absoluten Hochform auf und bietet als inzwischen uralter und an Alzheimer erkrankter Ex Anführer der „X-Men“, eine Schauspielperformance die eines Shakespeare Bühnenstücks würdig wäre. In der Rolle des Mutantenjägers Donald Pierce sehen wir den aus der Serie „Narcos“ bekannten Boyd Holbrook. Es hätte für diese Rolle wohl kaum eine bessere Besetzung gegeben. Holbrook legt in seinen Charakter eine Coolness und Präsenz, die ihn in seiner Kaltschnäuzigkeit als eigentlicher Antagonist schon wieder sympathisch erscheinen lässt und absoluten Appetit auf mehr von diesem genialen Schauspieler macht. Auch Stephen Merchant als der Mutantenaufspürer Caliban macht seine Sache sehr gut. „X-Men“ Fans kennen den Charakter schon aus „X-Men – Apocalypse“, jedoch mit einem anderen Darsteller. Merchant verleiht der Figur einen guten Mix aus Verletzbarkeit und Willensstärke, betont seine Textstellen ebenfalls auf eine lyrische Art und Weise, die eher dem Theater zuzuordnen wäre und profitiert von seiner Erfahrung aus dem Genre des Historienfilms.
Der Film:
„Logan“ ist kompromisslos und düster. Regisseur James Mangold ist nach seiner Regie zu „Wolverine – Weg des Kriegers“ genau der richtige, um das „X-Men“ Spin off rund um den Charakter Wolverine neu zu erfinden und einen fulminanten Finalteil der Reihe zu kreieren. Auch das exzellente Drehbuch stammt aus seiner Feder und lässt einiges an Erfahrungen in den Film fließen, die er bei Regiearbeiten wie „Walk the Line“ oder „Cop Land“ machte. Nicht zuletzt die geniale und sehr feinfühlig auf die Stimmung des Films abgestimmte Musik – inkl. Soundtrack von Johnny Cash – versetzt uns beim sichten von „Logan“ in die richtige Stimmung. Knackige Action Szenen paaren sich mit einem sehr gediegenen Erzähltempo und drosselt immer wieder im richtigen Maß die Geschwindigkeit. Fernab von bunten Kostümen und High Tech Anlagen begeben wir uns mit dem sichtbar gealterten und mittlerweile nicht mehr unverwundbaren Logan auf eine Reise, bei der er in keinster Weise mehr die Tendenz hegt der Menschheit helfen zu wollen. Wolverine ist abgekämpft und dem Alkohol nicht abgeneigt - so zeigen Regisseur Mangold und Hugh Jackman dem Zuschauer einen gewissen körperlichen Verfall des Helden, der beinahe am eigenen Leib erlebt werden kann. Eiternde Wunden, Narben am ganzen Körper und eine für Logan bisher nicht gekannte Verwundbarkeit, zeichnen ein Bild eines ehemaligen Superhelden, der man nicht sein will. Die ansonsten bunten und tempogeladenen Szenarien im MCU, die in uns den Wunsch wecken sollen so sein zu wollen wie die Protagonisten auf der Leinwand, fehlen in „Logan“ gänzlich. Aus Infos im Vorfeld und aus den Trailern konnte noch nicht viel abgelesen werden, was es nun wirklich mit dem Mädchen auf sich hat, das Logan begleitet. Von Fans des Comicstrips wurde natürlich schon vermutet, dass es sich um einen Mutant der X Reihe handelt. Das Einführen des Charakters Laura Kinney erweist sich als absoluter Geniestreich und gelingt nicht zuletzt aufgrund der genialen Dafne Keen auf brillante Art und Weise. Mangold zeichnet den Charakter von X-23 als eine wunderbare Mischung aus absolut nicht kindhafter Härte und dem Kind, welches sie ja eigentlich noch ist. Dementsprechend wirkt sie etwas wie ein Konglomerat aus „Eleven“ – der Mutation aus der Serie „Stranger Things – und einer mit Adamantiumklingen bewaffneten „Little Miss Sunshine“. Feinfühliger und unterschwelliger Humor mixt sich mit knallharten Actionszenen, die keineswegs lustig wirken. Es darf gesagt werden, das R-Rating hat dem letzten Wolverine Teil sehr gut getan. Mit ungeschönter Härte wird visualisiert, welche Wirkung Adamantiumklingen auf einen Körper haben können und schaffen so einen Film, den die Fans des Wolverine Charakters von Anfang an haben wollten. Regisseur Mangold und Hugh Jackman standen, nicht zuletzt wegen des Erfolgs von „Deadpool“, Möglichkeiten offen, die bis zuletzt genutzt werden. Es kann die Befreiung förmlich gespürt werden, mit der dieser Film gespielt und produziert wurde. „Logan“ ist ein Road Movie, das mit allen Attributen eines schmutzigen und harten Westerns ausgestattet ist, welcher schmucklos und unkoloriert auf ein scheinbar auswegloses Ziel zusteuert und in einem etwas zu rasant durchgeführten Showdown gipfelt. Wünschenswert wäre gewesen, etwas mehr von der Forschungseinrichtung zu sehen, aus der X-23 stammt, aber vielleicht hebt Regisseur Mangold sich dies gezielt für ein andermal auf. Nicht zuletzt da er schon angedeutet hat, es werde ein Spin off um die Figur der Laura Kinney geben. Respektvoll, absolut nicht laut und mit einem zufriedenen Gefühl kann nach „Logan“ aus dem Kinosaal gegangen werden, nachdem zu den Klängen Johnny Cash`s auf eine Post Credit Scene gewartet wurde, die nicht kommen wird. Vielleicht wollte uns Mangold mit einem geerdeten Gefühl des Friedens aus diesem großartigen Film nach Hause schicken, ohne Unterbrechung durch Ausblicke auf die nächste Handlung. Vielleicht aber auch um uns Zeit zu geben, darüber nachzudenken, dass es uns nach „Logan“ geht wie unserem Helden im Film – in eine ungewisse Zukunft blickend….
Fazit:
Mit „Logan“ wird uns ein brillant besetzter und ungewohnter Superheldenfilm präsentiert, der sich als Road Movie / Westerndrama tarnt, uns mit seiner düsteren Atmosphäre an den Schmerzen des Hauptprotagonisten teilhaben lässt und sogar eingefleischte Marvel Fans davon überzeugen dürfte, dass dies der stärkste Film der gesamten „X-Men“ Reihe ist.
Kritik verfasst von:
Lindorfer Bernhard / Film-Total
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