Die Mariannhiller in Riedegg – ein weltweit tätiger Orden

Foto: Mayrhofer
2Bilder

LINZ/GALLNEUKIRCHEN (mawi). Im Linzer Schlossmuseum läuft bis 25. November 2012 eine Ausstellung, die einen Überblick über die Orden und Klöster in Oberösterreich gibt. Leider vermisst man auf der Übersichtskarte mit den 28 Standorten einen wichtigen, weltweit tätigen Orden, dessen Österreich-Leitung mit neun Niederlassungen (Häusern) in Linz tätig ist und einen Hauptstützpunkt im Bezirk Urfahr-Umgebung mit dem Schloss Riedegg besitzt: Es ist die Kongregation der Mariannhiller Missionare (CMM).

„Unsere etwa 400 Missionare sind in Europa, in Nordamerika, in Ozeanien (Papua Neuguinea) und natürlich im südlichen Afrika (Simbabwe, Sambia) tätig”, erzählt der Riedegger Superior, Pater Bernhard Pagitsch (76), im Gespräch mit der BezirksRundschau. Seit 1936 wird das Schloss von den Missionaren von Mariannhill geführt. Deren Generaloberer hat seinen Sitz in Rom. „Unser Anliegen ist es, das Bewusstsein zu fördern, dass wir quer über alle Kontinente, Religionen und Kulturen hinweg in einer Welt leben, dass wir mehr gemeinsam haben, als uns trennt”. Leider ist es um den Ordens-Nachwuchs in Europa schlecht bestellt, bedauert Pater Bernhard, im Gegensatz etwa zu Südafrika, wo es an Novizen nicht mangelt.

Der Wiege des Ordens steht in Südafrika, wo der Trappistenpater Franz (Wendelin) Pfanner (er stammte aus Vorarlberg) 1882 nahe der Hafenstadt Durban das Kloster und Missionszentrums Mariannhill – auf dem „Maria-Anna-Hügel, benannt nach der Mutter Marias – gründete. Pfanner ist auch der Gründer der ebenfalls weltweit tätigen Missionsschwestern vom Kostbaren Blut (CPS), deren österreichisches Kloster sich im Kärntner Schloß Wernberg befindet. Schon bald war Mariannhill Ausgangspunkt für die Gründung vieler Außenstationen. Es wurden Schulen gebaut, Krankenhäuser errichtet, und in den Werkstätten in Mariannhill wurden junge Südafrikaner ausgebildet. Das alles bis heute. Mariannhill ist heute eine selbständige Diözese. 1909 löste Papst Pius X. das Kloster Mariannhill aus dem Ordensverband der strengen Trappisten und gab den Weg frei zur Gründung der Kongregation der Missionare von Mariannhill. Diese haben schon viele Opfer gebracht: 1945 starb Pater Engelmar Unzeitig im KZ Dachau, wo er Typhuskranke versorgte. Er betreute in Riedegg gefangene Franzosen. Während des Bürgerkrieges in den 1980er Jahren wurden in Rhodesien/Simbabwe auch mehrere Mariannhiller Missionare ermordet: Einer wurde lebendig in einem Ameisenhaufen begraben. 2009 wurde Pater Ernst Plöchl aus Neumarkt im Mühlkreis von Räubern erschossen. Der Prozess gegen die Täter wurde jüngst auf März 2013 vertagt.

In Riedegg leben derzeit fünf Patres und vier Laienbrüder. Die Patres arbeiten in den benachbarten Pfarren, die wie viele andere von Priestermangel betroffen sind, gerne mit. So ist Superior Bernhard Pfarrprovisor in Hellmonsödt. Die Laienbrüder verrichten wertvolle Arbeit in Wirtschaft und Verwaltung von Riedegg. So besorgt das Riedegger „Urgestein”, Bruder Franziskus Pühringer (71), den Garten und kümmert sich um das Zeitschriften- und Kalenderwesen. Die einst große Landwirtschaft mit 24 Hektar Wiesen und Felder und vier Hektar Wald wurde bereits in den sechziger Jahren verpachtet, der Meierhof verkauft.

Schloss Riedegg ist heute beileibe kein „Wolkenkuckucksheim” für weltfremde missionarische Schwärmer, sondern ein offenes Wirtschaftsunternehmen mit vielen Facetten: das Gebäude beherbergt die Polytechnische Schule Gallneukirchen, private Wohnungen, es fungiert als Bildungs- und Gästehaus, bietet ein Ritterstüberl, ein Jugendlager mit zahlreichen Sportmöglichkeiten und noch mehr. In der Riedegger Schlosskapelle finden auch Sonntagsmessen und Hochzeiten statt. Schloss und Ruine, die mit Hilfe des Heimatvereines Urfahr-Umgebung saniert wurde, sind auch oft Schauplatz kultureller Veranstaltungen, zum Beispiel von der Kulturszene aus Alberndorf, in dessen Gemeinde Riedegg liegt. Gern besucht wird auch das Afrika-Museum mit vielen Exponaten aus Leben und Kultur der einheimischen Urbevölkerung. Weitum bekannt wurde Riedegg auch durch den Löwen Sascha, der im Burggraben frei herumlief und ein Maskottchen von Landeshauptmann Erwin Wenzl im Wahlkampf bei der Landtagswahl 1973 war.

Riedegg kostete 90 Bauernhäuser
Schloss Riedegg wurde samt dem Markt Gallneukirchen 1411 vom verschuldeten Passauer Bischof um den heutigen Gegenwert von 90 Bauernwirtschaften an die Starhemberger verkauft. Zur Grundherrschaft gehörten hunderte Bauern in der Region. 1934 ging das Schloss von Ernst Rüdiger von Starhemberg, der wegen der Finanzierung seiner paramilitärischen Heimwehr in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten war, in das Eigentum des Engländers John Slater über, der eine Jugendburg für Buben einrichten wollte. Schon um 1900 war die wertvolle Schlossbibliothek, in der sich mittelalterliche Handschriften befanden, an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin verkauft worden. Dem Bemühen des Gallneukirchner Pfarrers Albert Silberhumer gelang schließlich 1936 der Erwerb von Schloss Riedegg durch die Mariannhiller Kongregation. Eine mitteleuropäische Rarität ist die Reiterstiege im Schlosshof, eine Sehenswürdigkeit auch die mächtige Mauer beim Schlossaufgang, die Ernst Rüdiger von Starhemberg, der Retter Wiens bei der Türkenbelagerung 1683, von türkischen Kriegsgefangenen errichten ließ. In den Gallneukirchner Pfarrmatriken findet man einen „Türkenbuben”, dessen Pate der Graf höchstpersönlich war – der erste in unserer Region geborene Türke.

Foto: Mayrhofer

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Urfahr-Umgebung auf MeinBezirk.at/Urfahr-Umgebung

Neuigkeiten aus Urfahr-Umgebung als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk Urfahr-Umgebung auf Facebook: MeinBezirk Urfahr-Umgebung

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Veranstaltungs-Tipps, Partyfotos und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Foto des Tages einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.