Disput um die uralte Gammer-Kapelle
Um die Gammer-Kapelle, die einst an der Kirchenstiege an der Hauptstraße stand, 1971 der Neugestaltung der Stadtdurchfahrt weichen musste und an der Gusenbrücke neu gebaut wurde, ist ein Disput entstanden, wer denn eigentlich der Eigentümer und somit für notwendige Restaurierungsarbeiten und Blumenschmuck zuständig ist.
GALLNEUKIRCHEN (mawi). Die Gemeinde hat die Familie Otto Gammer als vermeintlichen Eigentümer des Kleindenkmals, das Generationen von Gallneukirchnern noch an seiner prominenten Stelle im Stadtzentrum in Erinnerung ist, gebeten, die mittlerweile schon in die Jahre gekommene Kapelle, die eine fast lebensgroße barocke Nepomuk-Statue enthält, restaurieren zu lassen. Die Familie Gammer, einst Besitzer der Bäckerei und Konditorei an der Ecke Hauptstraße/Gaisbacherstraße (heute Winkler), ist jedoch der Ansicht, sie sei dafür nicht der richtige Ansprechpartner, da mit dem Abriss der alten Kapelle an der Kirchenstiege auch ein eventuelles Eigentumsrecht erloschen sei.
Keine Hinweise
Während es im Gallneukirchner Heimatbuch von 1982 heißt, die Kapelle sei seit langem „in der Obhut“ der Familie Gammer gestanden, hat sich bislang in Grundbuchsurkunden noch kein Hinweis auf die Gammer-Familie als Kapellen-Eigentümer ergeben. Der Ersatzbau an der Gusenbrücke steht auf öffentlichem Grund und wurde von der Straßenverwaltung errichtet und offenbar auch finanziert. Bäckermeister Otto Gammer sen. hatte die wertvolle Nepomuk-Statue bei deren „Übersiedlung“ auf seine Kosten restaurieren lassen, auch die Familie des Sohnes hat Beschädigungen durch Vandalenakte, so wurde wiederholt der Palmzweig abgerissen und der Blumenschmuck zerstört, wieder ausbessern lassen. Die Familie Gammer will deshalb keinen Blumenschmuck mehr anbringen. Dem Vernehmen nach will dies der Verschönerungsverein übernehmen.
Bürgermeisterin Gisela Gabauer ist um eine einvernehmliche Lösung bei der Erhaltung und Pflege dieses alten Gallneukirchner Kulturgutes bemüht. Wie sie der BezirksRundschau mitteilte, findet in diesen Tagen eine Besprechung mit allen in dieser Angelegenheit befassten Personen und Institutionen statt.
Eine Bäckerei mit langer Geschichte
Die ehemalige Bäckerei Gammer (heute Winkler) hat eine jahrhundertelange Tradition. So wie der ganze Markt war auch das Haus mit der alten Nummer 42 (heute Hauptstraße 10) der Grundherrschaft der Riedegger Starhemberger abgabenpflichtig. 1650 wird in den Urbaren von Riedegg als Besitzer der Bäcker Christoph Khröller genannt, Seither war auf dem Haus immer eine „Backgerechtigkeit“. 1819 waren Anna und Franz Stingeder die Besitzer, dieser war von 1852 bis 1854 der erste Gallneukirchner Bürgermeister der neugebildeten Ortsgemeinde). Der erste Besitzer namens Gammer war 1875 ein Ignaz, der der damaligen Familie der Besitzer der Davidmühle (Lanzinger) entstammte, während seine Ehegattin Johanna, geb. Huemer, vom Aichingerhof-Bauern am Linzerberg (heute Martinstift) abstammte. 1880 heiratete der Witwer Ignaz Gammer die Bauerstochter Magdalena Wall aus Au, Gemeinde Engerwitzdorf, und dessen Witwe Magdalena heiratete 1889 Johann Gerstmayr, Sohn eines Produktenhändlers in Schwanenstadt. Nachdem seine Ehefrau schon 1911 gestorben war, wurde Johann Gerstmayr am 27. November 1917 auf der Alten Straße unterhalb des Gangl-Wirtes in Außertreffling das Opfer eines Raubmordes. Ein Marterl erinnert noch heute an dieses Verbrechen.
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