Die Kirche
Der Leitartikler des "Profil" wünscht der Catholica "das Wasser bis zum Hals", Kirchenaustritte nehmen merklich zu und ich erlebe altersstarre Geistliche, die während der Osterfeierlichkeiten (indirekt) Machtstrukturen, in ihrem Selbstverständnis, als letzte Generation quasi vorkonziliarer Pägung, natürlich auch überkommener kirchlicher Hierarchien, kritisieren. Der Papst zwingt Geistliche aus seinem unmittelbaren persönlichen Umfeld öffentlich um Vergebung zu bitten. Wer die Kirche kennt, weiß: so selbstkritisch zeigte man sich noch selten.
Die katholische Kirche, ehemals prägender Faktor im gesellschaftlichen Leben, ist schon seit Jahrzehnten nur noch ein Schatten ihrer selbst. Geöffnet, für viele verwässert, von links, durch kryptoprotestantische evangelikale Sektierer zerfressen von rechts, gibt es heute, so schrieb Adolf Holl in seinem satirischen Roman "Falls ich Papst werden sollte", keine unverwechselbare "katholische Identität" mehr. Whatever.
Missbrauch von Kindern, sei er nun vordergründig "sexuell", oder nicht, beschränkt sich, wer hätte das gedacht, nicht nur auf die katholische Kirche, auch wenn uns heute zum unseligen Wort "Kinderschänder" assoziativ sofort eine Soutane einfällt.
Die böse Freude, den Geistlichen ihren geliebten Zölibat zu versauen, sich über ihre sexuelle Inkompetenz lustig zu machen (was haben wir einen bekannten Pfarrer Einschlägiges gefragt und wie haben wir gelacht) beflügelte immer schon die wildesten Spekulationen in der der Kirche mehr oder weniger entfremdeten Gesellschaft und ihrer "öffentlichen Meinung". Doch woran hängt das Phänomen Kindesmissbrauch wirklich?
Missbrauch als Tatbestand beschränkt sich nicht auf zölibatäre Männer, ja nicht einmal nicht nur auf Männer. Er hängt an Autorität. Täter sind besonders oft Lehrer, Elternteile, Familienmitglieder; außerhalb des spezifischen Bereiches des "Kindes"missbrauchs: Vorgesetzte, Trainer, ältere Kameraden, "Freunde", oft mit einer sexuellen, immer mit einer demütigenden Komponente. Besonders gefährdet sind nach einer Studie der Stadt Berlin untergewichtige und behinderte Kinder, sowie Kinder mit "abweichenden Verhalten". Missbrauch ist immer das Spiel von Macht und Ohnmacht. Bei Kindern wie bei Erwachsenen oftmals ganz offensiv im Kleid einer sozialen Disziplinierung. Hier ist der Hund begraben: Soziale Disziplinierung, die, in einem System der methaphysischen Überhöhung von Asymmetrien der Macht, Fetischcharakter annehmen kann.
Die Kirche ist in unseren Breiten autoritär, konservativ, sexistisch und machtbesessen. Ihre spätsekulären medialen Erdolcher vergessen dabei aber ständig, dass sie damit nur ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Realität ist. Die feigen und selbstgefälligen Hunde in den Redaktionsstuben der "linken Qualitätsblätter" prügeln auf die halbtote, innerlich verfaulte Institution (die, gerade am Ostersonntag möchte ich das klarstellen, für mich ganz abgelöst von der "Kirche" im biblischen Sinn zu verstehen ist) "Kirche" ein und lenken damit ab, mehr noch, verteidigen immer wieder ganz offensiv die Stukturen, in denen sie sich nach ihrem Langen Marsch in den Arsch der Gesellschaft so bequem eingerichtet haben.
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