"Jeder kann süchtig werden"
Am 26. Juni ist Anti-Drogen-Tag. Der stellvertretende Leiter der Diakonie de La Tour, Hannes Rieger, dazu.
BEZIRK Villach (schön). WOCHE: Am 26. Juni ist Anti-Drogen-Tag – welche Bedeutung hat dieser Tag eigentlich?
RIEGER: An diesem Tag soll die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Konsum von Drogen eine große Anzahl von Menschen massiv schädigt und deren Leben und Lebenspotentiale zerstören kann. Es ist für uns alle eine Erinnerung daran, unser Möglichstes zu tun, allen Menschen, die von dieser Problematik betroffen sind, rasch zu helfen.
Was gilt als Droge?
Als Drogen gelten Substanzen, die bei Einnahme das psychische Empfinden eines Menschen verändern. Es kommt zum Auftreten von Rauschphänomenen oder Veränderung im Bewusstsein und in der Wahrnehmung. Bei weiterem Konsum führt das zur Abhängigkeit.
Was vermitteln Sie in Ihrer Arbeit in der Diakonie de La Tour/welche Aufgaben haben Sie?
Im Krankenhaus de La Tour behandeln wir Patienten mit Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit, Spiel- und Kaufsucht. Unsere Aufgabe ist es, den Betroffenen professionelle Hilfe zur Bewältigung ihrer Erkrankung anzubieten. Die Behandlung zielt auf ein genussvolles, selbstbestimmtes Leben, befreit vom Syndrom der Abhängigkeit, ab. Um das zu erreichen, bieten wir in unserem Krankenhaus eine Vielzahl von Therapieangeboten an: Fachärztliche Abklärung, Gruppentherapien, psychotherapeutische Einzelgespräche, medizinische Diagnostik und Behandlung, Paar- und Familiengespräche, Sozialberatung, gesundheitsfördernde Angebote (Aromapflege, diverse Entspannungsmethoden, Kneippen, Sport und Bewegung) und auch ein umfangreiches Kreativangebot.
Warum nimmt ein Mensch Drogen und wodurch wird man süchtig?
Stoffe, die als Drogen bezeichnet werden, haben die Möglichkeit, im Gehirn des Menschen Botenstoffsysteme zu beeinflussen und dadurch die Psyche des Menschen zu verändern. Es kommt so zu einer Veränderung im Gehirnstoffwechsel und es treten in weiterer Folge auch Entzugserscheinungen bei Nichteinnahme der Substanz auf. Die Sucht-Spirale mit Entzugserscheinungen, Einnahme der Substanz, bis zum Wiederauftreten von Entzugserscheinungen nimmt ihren Lauf.
Wird der Konsum von Drogen jeglicher Art als Sucht bezeichnet?
Von einer Sucht oder einem Abhängigkeitssyndrom spricht man, wenn eine Anzahl von Symptomen vorliegt. Um einige zu nennen:
- Starker Wunsch oder eine Art Zwang, eine Substanz zu konsumieren
- Die verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums
- Körperliche Entzugserscheinungen
- Nachweis der Entwicklung einer Toleranz (der Patient nimmt immer mehr von der Substanz ein, weil sie in seinem Körper immer weniger Wirkung zeigt)
- Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums
- Weiterer Konsum trotz des Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen im körperlichen, psychischen und im sozialen Bereich
Gibt es eine Personengruppe, Schichten etc., die häufiger von einer Drogensucht „betroffen“ sind?
Hinsichtlich der Patienten, die wir im Krankenhaus de La Tour behandeln, lässt sich feststellen, dass von einer Suchterkrankung jeder Mensch betroffen sein kann, sowohl jede Altersgruppe als auch jede soziale Schicht. Ein erhöhtes Risiko besteht, wenn ein Patient bereits vorher an einer anderen psychiatrischen Erkrankung leidet.
Wie ist die aktuelle Drogensituation im Bezirk Villach zu bezeichnen?
Suchterkrankungen sind ein massives gesellschaftliches Problem und die Betroffenen müssen rasch Hilfe bekommen. In Villach gibt es ein Netzwerk gegen Sucht, in dem viele Institutionen teilnehmen wie das Krankenhaus de La Tour, der Psychosoziale Dienst der AVS, das Ambulatorium für Drogenkranke der AVS Roots, die Spielsuchtambulanz de La Tour und viele weitere. Informationen zum Netzwerk gegen Sucht sind bei der Stadt Villach erhältlich.
Zur Sache:
Der Anti-Drogen-Tag findet jährlich am 26. Juni statt. Dieser Aktionstag wurde im Jahr 1987 von der Uno-Generalversammlung beschlossen und richtet sich gegen den Missbrauch von Drogen und für eine drogenfreie Gesellschaft.
Seit Juli 1997 führt die Diakonie de La Tour in der Abteilung für Neurologie und Psychosomatik am LKH Villach zusätzlich zum Krankenhaus de La Tour eine Ambulanz für Abhängigkeitserkrankungen.
Das therapeutische Team der Ambulanz, bestehend aus zwei Ärzten sowie einer Psychologin, bietet Hilfestellung und Beratung bei Suchtproblemen.
Das Angebot: Beratung für Betroffene hinsichtlich geeigneter Behandlungsformen, Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlung Alkohol- und Medikamentenabhängiger, sofern keine Notwendigkeit einer stationären Aufnahme besteht, Einzeltherapie und Gruppentherapie, Betreuung im Vorfeld zur stationären Aufnahme, Nachbetreuung in der Abstinenz, Krisenintervention insbesondere bei Rückfälligkeit, Beratung und Hilfestellung für Angehörige, Sozialberatung.
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