Interview mit Markus Brandstötter
Wenn Kinder Angst vorm Wasser haben

Im Schwimmkurs macht Brandstötter mit allen Kindern Tauchübungen. Als Belohnung gibt es ein Unterwasserfoto.
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Sommerzeit ist Freibad. Viele Kinder können sich dort aber nicht mehr sicher bewegen, weil sie nicht oder schlecht schwimmen können. Markus Brandstötter von der Schwimmschule Salzkammergut weiß, woran das liegt und wie das Lernen gelingt.

VÖCKLABRUCK. Markus Brandstötter gibt regelmäßig Schwimmkurse im Hallenbad Vöcklabruck und besucht auch Schulen, um dort zu dem Thema zu beraten und den Schwimmunterricht zu unterstützen. Im Interview mit MeinBezirk.at erklärt er, worauf es ankommt.

In welchem Altern sollten Kinder das Schwimmen lernen?
Markus Brandstötter:
Kinder können ab circa vier Jahren Schwimmen lernen, mit sechs, wenn sie in die Volksschule kommen, sollten sie es eigentlich schon können.

Viele Kinder können sich schon über Wasser halten, aber ab wann gilt man als sicherer Schwimmer?
Das erste Schwimmabzeichen ist der Pinguin. Das erste relevante Abzeichen ist aber der Freischwimmer, den ich bekomme, wenn ich 15 Minuten lang schwimmen kann.

Wer ist dafür zuständig, Kindern das Schwimmen beizubringen?
Das ist eine gesellschaftliche Frage. Ist es die Aufgabe der Eltern oder die der Schulen? Schwimmunterricht steht in der Volksschule auf dem Lehrplan. Viele Eltern verlassen sich deshalb auf die Schulen. Die wiederum können das aus verschiedenen Gründen gar nicht leisten.

Was sind das für Gründe?
Das Problem ist, dass die Klassen sehr heterogen sind. Da gibt es einerseits Schüler, die sind im Schwimmverein und andererseits solche, die sind nicht einmal wassergewöhnt, haben teils sogar Angst vorm Duschen, und dann muss sich eine Lehrerin um womöglich 25 Schüler kümmern. Das ist unmöglich. Außerdem darf die Lehrkraft nur mit ins Wasser, wenn eine geeignete Hilfskraft dabei ist, aber dafür haben die Schulen nicht genug Personal. Die Lehrerin muss die Schüler also vom Beckenrand aus unterrichten und das, wenn teils zwei Drittel der Schüler noch nicht schwimmen können. Viele Schulen suchen deshalb externe Schwimmlehrer, die aber Geld kosten. Das Problem dabei ist, dass alles, was in Pflichtschulen auf dem Lehrplan steht, die Eltern nichts kosten darf. Oft hilft dann die Gemeinde oder der Elternverein.

Sie sagen, manche Kinder haben Angst vorm Wasser. Wie kommt das und was können Eltern dagegen tun?
Ich habe Kinder im Kurs, die können schwimmen, haben aber Angst davor, Wasser ins Gesicht zu bekommen. Wenn das dann passiert, verfallen sie in Panik. Eltern müssen mit ihnen spielerisch das Herumspritzen „üben“, etwa beim Hände und Gesicht waschen. Ich sehe immer wieder Kinder, die schon beim Duschen panisch werden, sobald sie Wasser ins Gesicht bekommen. In besonders schwierigen Fällen ist nicht einmal der Tauchreflex da. Da muss ich erst beibringen, wie man die Luft anhält, weil die Kinder sonst unter Wasser einfach weiter atmen. Natürlich gibt es auch Kinder, die aufgrund von schlechten Erlebnissen in Bezug auf Wasser traumatisiert sind, aber das ist eher die Minderheit. Viel öfter kommt die Angst daher, dass die Eltern zu vorsichtig sind und ihren Kindern viele Hindernisse aus dem Weg räumen.

Warum ist es wichtig, schwimmen zu lernen?
Die Frage ist, ob es das überhaupt ist. Es gibt immer mehr Kinder, in deren Leben Wasser leider keine Rolle spielt, weder beim Sport noch bei Ausflügen. Es gibt auch immer mehr Eltern, die selbst nicht schwimmen können. Überlebenswichtig ist es also nur, wenn Wasser eine Rolle spielt. Denn: Ertrinken ist bei Kindern eine der häufigsten Unfallursachen mit Todesfolge.

Anders gefragt: warum ist es sinnvoll schwimmen zu lernen?
Schwimmen ist für mich ein ganz wichtiger Teil unserer Kultur. Österreich ist das Land der Seen und übrigens auch der Swimming-Pools, davon gibt es allein in Oberösterreich rund 62.000. Außerdem ist es gesund und ein Sport, den man bis ins hohe Alter betreiben kann, weil er die Gelenke schont. Und Spaß macht es auch. Ich kenne kein Kind, das nicht schwimmen lernen will, wenn es erst mal ans Wasser gewöhnt ist.

Die Kurse in der Schwimmschule Salzkammergut sind alle ausgebucht. Warum bieten Sie nicht mehr an?
Weil es zu wenige Bäder gibt. Ich unterrichte nur noch im Hallenbad Vöcklabruck und das hat kaum noch Kapazitäten. Früher war ich auch in Lenzing, aber das hat schon vor einiger Zeit geschlossen. Und nicht jedes Bad ist für Schwimmkurse geeignet. Das Wasser sollte 30 bis 32 Grad haben, weil die Kinder sich am Anfang noch nicht so viel bewegen und viel zuhören. Außerdem darf das Becken nur so tief sein, dass die Kinder stehen können. Man braucht ein klassisches Lehrschwimmbecken, das flach anfängt und dann tiefer wird. Außerdem sollte es nicht zu viele Ablenkungen wie Wasserrutschen, Springbrunnen oder andere Attraktionen geben.

Braucht es unbedingt einen professionellen Lehrer, um Kindern das Schwimmen beizubringen?
Eltern können das auch selbst, vorausgesetzt sie können schwimmen, aber mit einem Lehrer von außen geht es meist besser und schneller. Es gibt auch gar nicht den Ausbildungsberuf "Schwimmlehrer". Theoretisch gesehen kann jeder eine Schwimmschule aufmachen, wodurch es auch viele nicht so qualifizierte Lehrer gibt. Ich selbst bin staatlich geprüfter Schwimmlehrwart und fände es auch wichtig den Beruf mehr in den Fokus zu rücken. Gut wäre auch eine feinere Abstufung sowie Aufwertung der Schwimmabzeichen.

Im Schwimmkurs macht Brandstötter mit allen Kindern Tauchübungen. Als Belohnung gibt es ein Unterwasserfoto.
Markus Brandstötter beim Unterricht im Hallenbad Vöcklabruck.  | Foto: Silvia Viessmann
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