Polizei äußert sich
Großeinsatz am Peršmanhof erntet scharfe Kritik

Ein solcher Einsatz reiße alte Wunden auf. | Foto: Günter Krammer
2Bilder
  • Ein solcher Einsatz reiße alte Wunden auf.
  • Foto: Günter Krammer
  • hochgeladen von Günter Krammer

Nach dem Polizeigroßeinsatz am Peršmanhof in Bad Eisenkappel hagelt es heftige Kritik. In diesem Zusammenhang wird nicht nur die Verhältnismäßigkeit des Aufgebots der Polizei hinterfragt, sondern auch der Umgang mit dem antifaschistischen Bildungscamp und die fehlende Rücksicht auf den historischen Ort kritisiert. Auch die Polizei äußerte sich.

KÄRNTEN/VÖLKERMARKT. Am Peršmanhof fand ein mehrtägiges internationales antifaschistisches Bildungscamp statt. Dabei ging es um Themen rund um das 80. Gedenkjahr zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Aufgrund des Verdachts von verschiedenen Verwaltungsübertretungen kontrollierten drei Polizeistreifen des Bezirkspolizeikommandos Völkermarkt das Gelände - wie berichtet.

"Sittenwidriger Umgang"

Laut dem Museum/Muzej Peršman wurden den Ausrichterinnen und Ausrichtern des Camps von den Behörden neben mutmaßlichen Verstößen gegen das Campinggesetz und Naturschutz auch Vorwürfe gemacht, die Veranstaltung würde "einen sittenwidrigen Umgang mit der Gedenkstätte darstellen" - wodurch der Polizeieinsatz vom Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung gerechtfertigt worden sei.

"In keiner Relation mit Vorwürfen"

Markus Gönitzer, Obmann des Društvo/Verein Peršman: "Ein solches Vorgehen der Behörden und der Exekutive zeugt von großer Ignoranz und fehlender Sensibilität gegenüber dem sensiblen historischen Kontext, in dem das Museum Peršmanhof arbeitet." Auch Bernard Sadovnik, Bürgermeister von Globasnitz, Nachfahre der Familie Sadovnik und Vorsitzender des Volksgruppenbeirates zeigt sich erschüttert:

"Als Nachkomme der am Peršmanhof ermordeten Familie Sadovnik und jemand, der seit Jahren gemeinsam mit den höchsten politischen Repräsentant:innen der Republik das Gedenken mitträgt, empfinde ich diesen Einsatz aufgrund von angeblichen Verwaltungsübertretungen als unverhältnismäßig, respektlos und retraumatisierend. Die Maßnahmen standen in keiner Relation mit den Vorwürfen. Es erschüttert mein Vertrauen – nicht nur in die Sensibilität staatlicher Organe, sondern auch in das ehrliche Gedenken an die Verbrechen des Nationalsozialismus. So ein massiver Polizeieinsatz genau 80 Jahre nach dem Massaker reißt alte Wunden auf."

"Muss aufgearbeitet werden"

Eines ist klar, der Polizeieinsatz müsse lückenlos, transparent und mit all seinen Hinter- und Beweggründen aufgeklärt beziehungsweise aufgearbeitet werden. "Es braucht eine Erklärung, wie ein solcher Großeinsatz überhaupt über die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt angefordert werden konnte", betont Olga Voglauer (Die Grünen). "Sollte sich herausstellen, dass der Einsatz völlig überzogen und in dieser Form nicht angebracht war, müsse es für die Verantwortlichen Konsequenzen geben", verlangt Josef Smrtnik (Team Kärnten).

Statement der Polizei

Aufgrund der Irritationen, welche dieser Einsatz in der Öffentlichkeit ausgelöst hat, hält Landespolizeidirektor-Stellvertreter Markus Plazer fest:

"Orte von grausamen NS - Verbrechen, wie der Peršmanhof, sind Orte einer modernen und regional verankerten Erinnerungskultur zu den Gräueltaten des NS – Verbrecherregimes, aber vor allem sind sie auch Orte des Gedenkens an den österreichischen Widerstand. Jede polizeiliche Maßnahme an einem derartigen Ort bedarf besonderer Sensibilität und Bewusstsein über die Geschehnisse vor mehr als 80 Jahren. Es wird eine umfassende Analyse der polizeilichen Maßnahmen erfolgen. Der runde Tisch – wie von Landeshauptmann Peter Kaiser angeregt – wird ausdrücklich begrüßt."

FPÖ-Ofner: "Haben nur ihre Arbeit getan"

Auch FPÖ-Generalsekretär und Sicherheitssprecher im Kärntner Landtag Josef Ofner äußerte sich heute: "Dass man der Polizei, die nur ihre Arbeit getan hat, solche Vorwürfe macht, ist für uns Freiheitliche in keiner Weise nachvollziehbar! Wir leben in einem Rechtsstaat, es herrscht geltendes Recht, dieses kann auch von Linksideologen nicht gebeugt werden." 

Große Verärgerung

Ofner, auch Klubobmann-Stellvertreter im Kärntner Landtag zeigen sich verärgert darüber, dass man der Polizei vorschreiben wolle, wie sie ihre Aufgaben zu erledigen habe:

"Was ist verwerflich daran, wenn die Bezirkshauptmannschaft die Überprüfung von möglichen Verwaltungsübertretungen beauftragt, die Polizei infolgedessen diesem Auftrag nachkommt und Personen zur Identitätsfeststellung auffordert? Man muss sich wohl eher die Frage stellen, was die einzelnen Personen des Antifa-Camps zu verbergen hatten, wenn sie nicht bereit waren, ihre Identität preiszugeben."

Kaiser will klärendes Gespräch

Bereits gestern hat Landeshauptmann Peter Kaiser seine Rolle als Vermittler angeboten, indem er alle Beteiligten an einen Tisch bringen wollte. Nun ist ein Gespräch für Mittwoch (30. Juli) angesetzt. "Die Bilder vom Polizeieinsatz am Peršmanhof machen mich betroffen. Damit er ein Ort des würdigen Gedenkens bleibt und so etwas nie mehr passiert, habe ich die Beteiligten für Mittwoch zu einem klärenden Gespräch gebeten", so Peter Kaiser in einer Videobotschaft.

Ergebnis des Polizeieinsatzes

Laut derzeitigen (vorläufigen) Ermittlungen der Polizei wurden 62 Verwaltungsübertretungen sowie zwei Widerstände gegen die Staatsgewalt zu Anzeige gebracht, zu dem wurden 32 Identitätsfeststellungen und zwei Personendurchsuchungen durchgeführt.

Hubschrauber und Polizeihunde im Einsatz

Im Einsatz standen Beamte des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung, Vertreter der BH Völkermarkt, des BFA (Bundesamt Fremdenwesen und Asyl) und drei Polizeistreifen des BPK Völkermarkt. "Aufgrund der dynamischen Einsatzlage wurde während des laufenden Einsatzes der Polizeihubschrauber aus Dokumentationgründen, sowie eine Polizeidiensthundeführerin und drei Beamte der SIG (Schnellen Interventionsgruppe) angefordert", so die Stellungnahme der Polizei in einer Aussendung.

Gedenkstätten irritiert

Auch die österreichischen Gedenkstätten zeigen sich über den Polizeieinsatz in Museum Peršmanhof irritiert. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), die KZ-Gedenkstätte Mauthausen (MM) und das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) betreuen Gedenkstätten nationalsozialistischer Massenverbrechen und führen an Gedenkorten Vermittlungsformate durch. Vor diesem Hintergrund haben sie die Nachrichten von einem Polizeieinsatz an der Gedenkstätte Peršmanhof mit großer Besorgnis verfolgt und halten diesen aus vielen Gründen für nicht angemessen.

Aufklärung gefordert

"Ein derartig massiver Polizeieinsatz aus offenbar geringem Anlass an einer NS-Gedenkstätte ist ein präzendezloser Vorgang. Der Umfang – kolportiert wurde der Einsatz von 30 Beamt*innen und eines Polizeihubschraubers – lässt Zweifel darüber aufkommen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wurde. Diese Zweifel werden durch die kolportierten Begründungen (Verstöße gegen das Naturschutz- und Campinggesetz sowie ein sittenwidriger Umgang mit der Gedenkstätte) nicht kleiner. Daher fordern DÖW, MKÖ und MM eine lückenlose Aufklärung des Vorgehens", heißt es in der Aussendung.

FPÖ Gewerkschaft verteidigt Einsatz

Die FPÖ Gewerkschaft verteidigt Peršmanhof-Einsatz: "Wenn unter dem Deckmantel des Antifaschismus laut Medienberichten 64 Verwaltungsübertretungen und zwei Widerstände gegen die Staatsgewalt gesetzt wurden, dann sollte genau das die politischen Vertreter der genannten Parteien zum Nachdenken anregen. Die Campteilnehmer nun medial als arme Jugendliche, die bloß an einem Workshop teilgenommen und von der Polizei förmlich überfallen wurden, darzustellen, lässt auf eine latent vorhandene polizeifeindliche Haltung schließen."

Mehr zum Thema

Heftiger Widerstand bei Polizeikontrolle
Politiker mahnten Erinnerung an Opfer ein
Ein solcher Einsatz reiße alte Wunden auf. | Foto: Günter Krammer
Es werde eine umfassende Analyse der polizeilichen Maßnahmen erfolgen.  | Foto: Franziska David

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Foto des Tages einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.