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Die Geschichte, die sich wiederholt. Die Geschichte, die...

Es hat den Anschein, als hätten wir aus 2015 nicht wirklich viel gelernt. | Foto: pixabay
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Zelte für Flüchtlinge, ja oder nein? In der Vorwoche hat Innenminister Karner angekündigt, dass für die Unterbringung Geflüchteter Zelte aufgestellt werden sollen. Das hat die Kontroverse wegen der Verteilung von Flüchtlingen zwischen Bund, Ländern und den Gemeinden befeuert. Am Wochenende wurden bereits die ersten Zelte in Oberösterreich aufgebaut. In Vorarlberg herrscht weiter Verwirrung wegen des Aufstellens von Zelten. Das Innenministerium hält trotz des Widerstandes der Landesregierung am Aufbau von Zelten auch in Vorarlberg fest. Landesrat Gantner bleibt bei seiner Ablehnung.

Aber warum sollen überhaupt Zelte aufgebaut werden? Laut Innenministerium erfüllen die Bundesländer ihre Quote nicht. Wieder einmal, könnte man jetzt sagen. Und wieder einmal entfacht es an einer Stelle eine Diskussion, die den Betroffenen weder hilft noch nutzt. Hat die Regierung wirklich so wenig aus dem Jahr 2015 gelernt. Schon damals entfachte eine hitzige Debatte rund um die Unterbringung von Flüchtlingen. Schon damals wurde klar: Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung war zu Beginn enorm, flachte aber sehr schnell ab und kippte am Ende wegen irreführender Medienberichte und teilweise ideologisch falscher Propaganda einiger rechtsgesinnter Meinungsmacher in Wut und Ärger gegenüber den Geflüchteten ab. Ähnliche Tendenzen haben sich bereits abgezeichnet, nachdem einige Politiker der Meinung waren, dass ein Klimabonus nur ein weiterer Anreiz sei, um nach Österreich zu flüchten. Ja, ganz genau! Menschen, die ihre Heimat verlassen, zahlen Tausende Dollar an Schlepper, riskieren Leib und Leben, um am Ende den Klimabonus zu erhalten. Das mag die Einstellung vieler Schnäppchenjäger sein, die jedes Jahr auf den Black Friday sparen, aber nicht von Menschen, die flüchten müssen.

Versuchen wir alle doch einmal einen Perspektivenwechsel und entfernen uns von einer verklärten Campingplatzidylle. Dieser Vergleich mag an dieser Stelle völlig falsch sein, aber da der Campingboom seit Jahren auch im Ländle anhält, erlauben Sie mir diesen Seitenhieb. Die Vorstellung „Was mir im Summa allbott machen, künnan dia Flüchtling oh“ ist schlicht falsch und gemeinhin bekannt unter dem Begriff Dummheit. Als Geflüchteter in einem reichen, fremden Land zur bevorstehenden Winterzeit in ein Zeltlager zu müssen, entbehrt jeglicher Logik und zwingt mich zum Fremdschämen. Fremdschämen darum, weil die Verantwortlichen unseres Landes, und damit meine ich sowohl Bund und Länder, es nicht zustande bringen, eine würdevolle Bleibe für Menschen zu finden, die zum größten Teil aus Ländern flüchten, in denen Krieg und Armut herrschen. Und leider gibt es dort noch weniger Perspektiven für ein Leben in Freiheit. Ich möchte nie in die Situation geraten, dass ich meine Heimat verlassen muss, weil ich hier um mein Leben bangen muss, weil ich hier keine Zukunft habe oder weil ich in einem anderen Land eine hoffnungsvollere Perspektive sehe. Ob man all die Menschen mit solch genannten Beweggründen als Flüchtende bezeichnet, ist eher zweitrangig. Wichtig ist die Ursachenbekämpfung und noch wichtiger ist es, jetzt den Menschen zu helfen, die bei uns angekommen oder auf dem Weg zu uns sind. Wenn es um die Ursachenbekämpfung in den jeweiligen Ländern geht, aus denen Menschen fliehen, dann sind diese Ursachen meist so verstrickt und historisch sehr schwer zu verstehen, vom Entwirren ganz zu schweigen. Am Ende haben auch wir einen Teil der Verantwortung dieser Ursachen mitzutragen. Aus sehr vielen Gründen geht es uns nämlich jetzt so gut, weil hiesige Ereignisse kausal in anderen Ländern zu Krieg und Armut geführt haben. Darum sollte es jetzt auch in unserer Verantwortung liegen, Menschen eine neue oder eine vorübergehende Heimat zu ermöglichen. Heimat ist dort, wo man sich frei, wohl und geborgen fühlt.

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Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

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