Kommentar
Heidnisch – na und?

Ein Brauchtum, der nach der Pandemiezeit wieder an Bedeutung gewonnen hat. | Foto: OF Gurtis
2Bilder
  • Ein Brauchtum, der nach der Pandemiezeit wieder an Bedeutung gewonnen hat.
  • Foto: OF Gurtis
  • hochgeladen von Christian Marold

Dieses Wochenende ist es wieder so weit. Ein landesweiter Brauch wird uns und den Gästen wieder nähergebracht. Die Rede ist vom Funken abbrennen. Mit viel Eifer und Manneskraft sowie mit Frauenpower werden meterhohe Holztürme gebaut, an deren oberen Ende eine Puppe angebracht wird, die einer Hexe ähneln soll. Ein Brauch, der bei uns eine sehr lange Tradition hat und nach außen hin von vielen nicht wirklich verstanden wird. Das Abrennen des Funkens hat eine derart hohe Bedeutung, dass der Vorarlberger Funkenbrauch 2010 in die UNESCO Liste des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen wurde.

Obwohl es nach vielen Expertenmeinungen ein heidnischer Brauch ist - pfeifen die katholischen Vorarlberger auf solche Aussagen. Traditionell gehört zu einem Funken nicht nur die Funkenzunft, die Funkenwache und das „Funkaküachle“, sondern eben auch die gesamte Dorfgemeinschaft. Mittlerweile findet vor dem großen Funkenabrennen auch noch ein Kinderfunken statt. Entgegen weitläufiger Meinung mancher Zugereisten oder Touristen werden hier keine Kinder verbrannt, sondern Kinder bauen mit Hilfe der ortsansässigen Funkenzunft einen eigenen kleinen Funken.

Diese vielen Funken im Land haben aber auch einen ganz pragmatischen Grund, welcher teilweise bis heute genutzt wird. So ist der Funken meist in Dorfnähe oder sogar in der Dorfmitte anzutreffen. Man nutzte ihn ursprünglich, um Sperrholz, die ausgedienten Christbäume oder alte Möbel („Grümpel“) im Zuge des bevorstehenden Frühjahrsputzes loszuwerden. Schnell entstand dadurch der Glaube, dass der Funken dazu diene, den Winter auszutreiben. Viele Experten sind aber der Überzeugung, dass das Abbrennen das Ende der Fasnat und den Beginn der Fastenzeit symbolisieren soll. Und vom Datum her macht dies ja auch Sinn: Funkensonntag ist immer der erste Sonntag nach Aschermittwoch und somit der erste Sonntag in der Fastenzeit.

Am Ende geht es nicht so sehr um die Sinnfrage eines solchen Brauchtums, sondern vielmehr um die kulturelle Identifikation des kleinen Landstrichs zwischen Bodensee und dem Arlberg. Zu oft wird heute bei jeder Handlung oder Äußerung gefragt, ob diese auch politisch korrekt sei. Manchmal muss man einfach nur zu seiner Kultur stehen und darf auch stolz darauf sein. Globalisierung hat auch den Effekt, dass man sich verstärkt mit seinen eigenen Werten und lokalen kulturellen Handlungen identifiziert. Einen Funken dieser Identifikation finden wir auch dieses Wochenende wieder.

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ
Ein Brauchtum, der nach der Pandemiezeit wieder an Bedeutung gewonnen hat. | Foto: OF Gurtis
Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.