Höhnegasse
Gedenktafel für jüdische Familie Erdheim in Währing enthüllt
Die jüdische Familie Erdheim und der Widerstandskämpfer Laurenz Genner waren in Währing zu Hause. Von erfolgreicher Flucht während des Nationalsozialismus bis zum Widerstand – zu ihren Ehren gibt es nun eine Gedenktafel.
WIEN/WÄHRING. Viele Straßen, Plätze oder Parks sind nach berühmten Personen oder jenen Menschen, die Unglaubliches geleistet haben, benannt. Damit man nicht vergisst, was sie geleistet haben, wird an prägenden Orten eine Gedenktafel angebracht – so auch in der Höhnegasse in Währing.
Schon seit längerem wurde am Haus der Höhnegasse 19 eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Familie Erdheim und den Widerstandskämpfer Laurenz Genner angebracht. Nun wurde sie im Rahmen einer Feierlichkeit offiziell enthüllt. Auch Bezirksvorsteherin Silvia Nossek (Grüne) war vor Ort.
Lange Familiengeschichte
Auf der Tafel wird an die jüdischen Familienmitglieder Oskar Osias Erdheim, Moses Hersch Erdheim, Jakob Erdheim, Peter Pinkas Erdheim, Tea Erdheim und Laurenz Genner gedacht. Die Familie Erdheim stammte ursprünglich aus einem kleinen Dorf in Galizien. Ende der 1860er-Jahre zog Moses Hersch Erdheim nach Borysław, aufgrund großer Erdölmengen. Gemeinsam mit seiner Frau Esther hatte er fünf Söhne: Sische (später Sigmund), Osias (später Oskar), Jakob, Abe und Pinkas (später Peter), auf dem Weg zur Assimilation nahmen die Erdheim-Brüder jedoch deutsche Namen an.
Oskar, der einen Großhandel bis 1938 betrieb, heiratete mit Sophie eine nichtjüdische Frau. Dies hatte jedoch keine weiteren Konsequenzen. Nach ihrem Tod 1942 musste Oskar ins Ghetto in den 2. Bezirk übersiedeln, wo er im Juni 1945 aufgrund der dortigen Lebensbedingungen starb. Jakob wurde ein mehrfach geehrter Pathologe. Jurist Peter entschied sich für die polnische Staatsbürgerschaft, lebte mit seiner Familie in Zabłatow. Mithilfe eines falschen Namens gelang ihnen die Flucht.
Laurenz Genner war für seinen Widerstand bekannt
Auch Oskars Tochter Tea interessierte sich für die Medizin. Aufgrund der Rassengesetze verlor sie ihre Stelle als Psychoanalytikerin im Maria-Theresien-Schlössel und musste ihre Ausbildung abbrechen. Seit 1934 waren Tea und Laurenz Genner liiert.
Genner war sozialdemokratischer Nationalrat, jedoch ab 1934 unter Dollfuß und Schuschnigg arbeitslos. Nach der Machtergreifung trat er illegal der KPÖ bei, woraufhin er am 17. November 1938 von der Gestapo verhaftet wurde und 1,5 Jahre in Haft war. Nach seiner Entlassung ließ er sich nicht unterkriegen und setzte den Kampf gegen die Nationalsozialisten fort. 1942 zog er in die Höhnegasse.
Flucht mit Frau und Kind
Aus Angst, erneut verhaftet zu werden, war er dort allerdings nicht oft aufzufinden. Lange dauerte dies allerdings nicht, denn im August 1944 wurde das Haus in der Höhnegasse umstellt. Der Gestapo entkam er mit einem kleinen Trick: Seine Frau verabreichte ihm den Arzneistoff Luminal, heute bekannt unter Phenobarbital. Daraufhin fiel er in Ohnmacht, die Gestapo entließ ihn. Genner gelang mit Frau und Kind die Flucht nach Niederösterreich.
1945 wurde Genner unter Karl Renner Unterstaatssekretär der KPÖ, später stellvertretender niederösterreichischer Landeshauptmann und von 1945 bis 1954 niederösterreichischer Landesrat. Im selben Jahr gab es auch privat etwas zu feiern: Laurenz und Tea heirateten, was wegen der Rassengesetze davor nicht möglich war und die zweite Tochter Claudia wurde geboren. 1947 verließ Laurenz Genner allerdings die Familie.
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