Club Niederösterreich Waidhofen/Ybbs
Neue Arbeitswelten – die Belegschaft ist König!
Die Informations- und Diskussionsveranstaltung des Club Niederösterreich und der Stadtgemeinde Waidhofen an der Ybbs im Beta Campus Waidhofen beleuchtete das Thema „Neue Arbeitswelten“ aus unterschiedlichen Perspektiven.
WAIDHOFEN/YBBS. Fazit: Der Spruch „der Kunde ist König“ als Basis des Wirtschaftens reicht nicht mehr. In gleicher Weise geht es heute darum, die Bedürfnisse der Mitarbeitern im Fokus zu haben und dem vielfach radikalen Wandel, der nahezu alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche prägt, mit mutigen und innovativen Strategien zu begegnen, die Dienstnehmern und Dienstgebern gemeinsam in eine gute Zukunft führen.
„Die gegenwärtigen und zukünftigen Veränderungen in der Arbeitswelt sind beträchtlich und vielfach nicht absehbar. Phänomene wie Globalisierung, Digitalisierung und Pandemie haben das vor Kurzem noch Außergewöhnliche zum Alltäglichen gemacht“, betonte Paul Nemecek, seit knapp einem Jahr Präsident des Club Niederösterreich, bei seinen Eröffnungsworten. Entwicklungen wie Klimawandel, Energie- und Rohstoffverknappung, Preisexplosionen und nicht zuletzt der Wandel individueller Wertepyramiden bewirkten, so Nemecek weiter, dass Arbeitsplätze und Mitarbeiter von morgen sich deutlich von jenen von gestern unterscheiden würden.
Stilles Kündigen
Keynote-Speaker Michael Vogler, Philosoph, Unternehmens-, Organisations- und Stadtentwickler, sieht die Gesellschaft gefangen zwischen sich auflösenden Wertehaltungen einerseits und dem Verlust an Perspektive und Hoffnung andererseits. „Quiet Quitting“, scheinbar oder tatsächlich mangelndes Engagement, Verschwörungstheorien, wie auch die verschiedensten Widerstands- und Protestbewegungen seien nichts anderes als die Suche nach Orientierung in einer sich rasant verändernden Welt. „Um in dieser Situation positive Zukunftsvorstellungen entwickeln zu können, müssen wir den Betrachtungswinkel ändern: Wie wir zusammenarbeiten wird signifikant wichtiger sein als das, was wir arbeiten“, so Vogler mit seinem Plädoyer für eine neue, auf die Bedürfnisse der Mitarbeitern ausgerichteten Unternehmenskultur.
Thomas Welser, Geschäftsführer der Welser Profile Beteiligungs GmbH, setzt auf eine Unternehmenskultur, die Mitgestaltung ermöglicht. Das attraktive Zukunftsbild des Unternehmens wird gemeinsam gestaltet, was Leidenschaft weckt und das Zugehörigkeitsgefühl stärkt. „Wollen, Können und Dürfen – es braucht alle drei, um Erfolg zu haben. Umso wichtiger ist es daher, die Potentiale der Mitarbeiter zu erkennen und zu fördern.“
Potenziale entwickeln
Elisabeth Lietz, systemischer Coach und Unternehmensberaterin, Initiatorin der Freiraum.Klasse in Waidhofen an der Ybbs, ist davon überzeugt, dass neue Arbeitswelten auch neue Bildungswelten brauchen, die die Selbständigkeit fördern und das Erkennen der eigenen Potenziale erleichtern. „Denn Potenzialentwicklung darf nicht erst im Arbeitsleben wichtig genommen werden. Schon unsere Kinder verdienen den potenzialorientierten Blick und die Bereitstellung der dafür notwendigen Ressourcen“.
Für Fritz Kaltenegger, Geschäftsführer der café+co International Holding GmbH, kommt einer attraktiven und zeitgemäßen Mitarbeiterversorgung im Arbeitsalltag – Stichwort Kaffeepause –, die den Wohlfühlfaktor hebt und das soziale Miteinander fördert, große Bedeutung zu. „Wir von café+co beschäftigen uns daher eingehend mit den aktuellen Veränderungen in der Arbeitswelt, um den Unternehmen jene Angebote unterbreiten zu können, die dazu beitragen, erfahrene Mitarbeiter zu halten und neues, motiviertes Personal akquirieren zu können“, so Kaltenegger, dessen Unternehmen ebenso wie die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien als Sponsoringpartner der Veranstaltung fungierte.
Miteinander wichtig
„Gegenseitige Wertschätzung von Unternehmern und Mitarbeitern ist das Um und Auf für eine zufriedene Belegschaft und damit für das Funktionieren eines Betriebes“, so der „sozialpartnerschaftliche“ Ansatz von Robert Schuster, Bezirksstellenleiter der Kammer für Arbeiter und Angestellte in Amstetten. Dass die Bedeutung von Qualifizierung und Weiterbildung weiter wachsen werde, stehe für ihn außer Frage, dass man auf diesem Weg auch die Schwächsten mitnehmen und dem dramatischen Anstieg an psychischen Erkrankungen auf den Grund gehen müsse, sei ihm ein Herzensanliegen.
Martin Plank von der Geschäftsstelle Amstetten der Wirtschaftskammer Niederösterreich verwies darauf, dass die Wirtschaft bei der Suche nach Fachkräften bemüht sei, den Wünschen der Dienstnehmern – etwa bei der Gestaltung der Arbeitsplätze, flexiblen Arbeitszeitmodellen oder Weiterbildungsangeboten – entgegenzukommen. „Homeoffice und 4-Tage-Woche werden bereits verstärkt umgesetzt. Dass dies aber branchenbedingt nicht überall möglich ist oder nicht immer leistbar ist, um konkurrenzfähig zu bleiben, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden“.
Keine Beschränkungen
Für Werner Krammer, Bürgermeister der Stadtgemeinde Waidhofen an der Ybbs, steht fest, dass „Neue Arbeitswelten“ sich nicht nur auf den Bereich der Arbeit beschränken, sondern auch den Lebensraum der Menschen miteinbeziehen, an den diese spezielle Ansprüche hätten. „Das ist ein ganz wesentlicher Punkt im Wettbewerb um Arbeitskräfte: Wir müssen die Bedürfnisse von potenziellen Mitarbeitern kennen und darauf reagieren. Gemeinden und Unternehmen sind gefordert, die Lebenswelten gemeinsam weiterzuentwickeln.“
So unterschiedlich und vielfältig sich Podium und Gäste zusammensetzten, so einig war man sich darin, dass branchenübergreifende Netzwerke, ein sozialpartnerschaftliches Miteinander und eine enge Kooperation zwischen Unternehmerschaft, Bildungseinrichtungen und Gemeinden das Gebot der Stunde seien. Einig war man sich auch dahingehend, dass der Beta Campus – ein zu einem multifunktionalen Arbeits- und Experimentierzentrum mit Co-Working-Spaces, Kreativräumen und Lehrwerkstätten umgenutztes ehemaliges Fabriksgebäude – der ideale Austragungsort der Veranstaltung war. Weil die Zukunft der Arbeit hier bereits Gegenwart ist.
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