20 Kilometer zu Fuß
9-Jähriger läuft in Hausschuhen zu seinem Papa
Ein 9-jähriger Bub hatte offenbar Sehnsucht nach seinem Papa: Er marschierte nur in Hausschuhen 20 Kilometer von Stadl-Paura bis nach Gallspach. Jetzt läuft eine Untersuchung.
STADL-PAURA, GALLSPACH. Die Reise des Bubs begann in Stadl-Paura, wo er heimlich aus der privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung „Lebensraum Heidlmair“ verschwand, um seinem Vater im 30 Kilometer entfernten Taufkirchen an der Trattnach zu besuchen. Bevor diese begann, saß der 9-Jährige laut dem Geschäftsführer Peter Heidlmair in seinem Kinderzimmer am Arbeitsplatz, um eine Aufgabe zu erledigen. Da er dabei Unterstützung brauchte, wandte er sich gegen 17 Uhr hilfesuchend an eine Mitarbeiterin. „Diese war gerade noch damit beschäftigt, einem Mädchen zu helfen und wollte sich danach um den Buben kümmern“, sagt Heidlmair.
Große Suchaktion ausgelöst
Als die Betreuerin etwas später in das Zimmer des Jungen kam, war dieser jedoch bereits verschwunden. Ungefähr 25 Minuten lang durchkämmten die drei diensthabenden Mitarbeiter das Gelände der Wohngruppe – der Kleine war jedoch nicht auffindbar. Daraufhin wurde die sozialtherapeutische Leitung kontaktiert, welche dann den Auftrag gab, die Polizei zu verständigen. „Als 9-Jähriger nicht mehr auffindbar zu sein, ist natürlich noch einmal eine andere Dimension als bei einem 14-Jährigen“, erklärt der Geschäftsführer. Die Polizei sei zeitnah vor Ort gewesen und habe aufgrund des Verschwindens eine große Suchaktion ausgelöst. Insgesamt zehn Polizeistreifen, zwei davon mit Diensthunden und einem Hubschrauber rückten aus, um den Buben aufzustöbern.
20 Kilometer nur in Hausschuhen
Geschlagene drei Stunden wurde die Gegend durchforstet – jedoch konnte der Bub nirgends entdeckt werden. Das große Aufatmen kam gegen 20 Uhr, als der Papa anrief, dass er seinen Sohn in Gallspach ausfindig machen konnte. Nur in Hausschuhen habe der Kleine rund 20 Kilometer alleine zurückgelegt – 10 Kilometer hätten ihm noch bis nach Taufkirchen gefehlt. Gegen 9 Uhr befand sich der Kleine wieder zurück in der Wohngruppe: „Danach hat es noch ein konstruktives Gespräch zwischen dem Vater, dem Sohn und den Mitarbeiterinnen gegeben”, erzählt Heidlmair. Nach dem langen Marsch habe „der Bub gut geschlafen“. „Wir sind alle froh, dass der Bub gesund nach Hause gekommen ist“, betont der Leiter.
Weitere Betreuung
Nach diesem Vorfall komme es laut Heidlmair nun zu sozialpädagogischen Einschätzungen des Teams, um die Ursache herauszufinden: „Sollten die Sozialpädagogen zu der Einschätzung kommen, dass es mehr braucht, dann haben wir einen psychologischen Dienst, der in solchen Fällen dem Team zur Verfügung gestellt wird”, sagt der Geschäftsführer. Dieser erstelle dann eine Diagnostik, ob noch weitere Betreuung nötig sei: „Das, was es mehr braucht und wir intern nicht haben, wird dann zugekauft oder in Anspruch genommen.” Vor allem sei es laut Heidlmair aber wichtig, darauf zu achten, „was dem Kind zumutbar ist und was er will“ darauf solle „in erster Linie Rücksicht genommen“ werden.
Untersuchungen vor Ort
Außerdem werde sich die Betreuungseinrichtung auch einer Prüfung der Fachaufsicht der Fachabteilung von der Kinder- und Jugendhilfe der Landesregierung unterziehen müssen: „Wir schicken dort eine Sachverhaltsdarstellung hin, die dann angeschaut wird“, erklärt der Leiter der Betreuungseinrichtung. Daraufhin werde dann vor Ort untersucht, welche Schwachstellen es gegeben habe, die dazu führen konnte, dass der Bub entwischen konnte. Die Fachaufsicht gebe dann eine Einschätzung ab, was geändert werden müsse: „Aufgrund dieses Konzepts müssen dann wir dann den Tagesablauf etc. anpassen, damit zumindest in der Zukunft das Risiko reduziert wird, damit so etwas nicht zum Alltag wird“, so Heidlmair.
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