Schub für Digitalisierung
Wels will "smarter City" werden

Tallinn, die Hauptstadt von Estland zwischen Moderne ...
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Online-Verwaltung, Bürgerkonto, Radoffensive: Die Welser Stadtregierung holte sich in der estnischen Hauptstadt Tallinn Anregungen, wie die digitale Zukunft der Messestadt aussehen kann.

WELS, TALLIN. Klein, aber oho: So lässt sich Estland am besten beschreiben. Der baltische Staat ist Vorreiter in Sachen Digitalisierung von Verwaltung und Öffentlichkeit. Bereits vor 20 Jahren begann, was der Bürgermeister der Hauptstadt Tallinn, Mihhail Kõlvart, als "nationale Identität" beschreibt. "Wir haben kaum Ressourcen, sind sehr zersiedelt. Auf diesem Feld konnten wir gemeinsam etwas erreichen und alles zusammenhalten." Heute kommen Delegationen aus der ganzen Welt, um von den Esten zu lernen – so auch die Welser Stadtregierung. "Wir haben vor gut viereinhalb Jahren mit der Digitalisierung gestartet und noch eine große Reise vor uns", so der Welser Stadtchef Andreas Rabl (FPÖ). "Wir können nur von Tallinn lernen."

Alles vernetzt

Der Kern des Erfolges in Estland ist die Identifikationsnummer (ID), die jeder bei der Geburt automatisch bekommt und die mit einem Passwort geschützt ist. Mit ihr sind alle Geschäfte und Amtsgänge zu erledigen. Ob Stromrechnung, Pass beantragen, Rezepte, Bestellungen oder Bonuspunkte in den Supermärkten – alles läuft über die ID. "Nur noch die Scheidung ist persönlich zu erledigen", sagt Allan Dobrõš vom e-estonia-briefing center. Dokumente muss keiner mehr bei sich haben, selbst bei einer Polizeikontrolle reicht die ID. "Damit kann der Fahrer eindeutig identifiziert werden", so Dobrõš.

Dafür ist alles miteinander vernetzt, der Mehrwert für die Bürger ist spürbar. "Denn alles geht dadurch immens schneller und unproblematischer." Und so leben und gestalten auch 99 % der Esten alles online. Und die Skepsis? "Gibt es nicht, weil alle mit hineingewachsen sind. Alle sind hier offen für Automatisierung. Zudem ist jederzeit und vor allem leicht einsehbar, welche Behörde wann warum auf meine Daten zugegriffen hat", so Dobrõš. Generell gelte: "Man muss die Infrastruktur schaffen, dann kommen die Nutzer von selbst."

Kinder- & Arbeitslosengeld frei Haus

Und so fahren Lieferroboter durch die Stadt, gibt es Aufladestationen für e-Roller und e-Bikes vor den Supermärkten und sichere Absperrstationen für Räder. Zudem sind die Öffis in Tallin kostenlos, 38 % nutzen sie regelmäßig. "Wer einmal umgestiegen ist, wird nicht mehr zurückwechseln", so Tallinns Bürgermeister Mihhail Kõlvart.

Der weitere Weg geht in Richtung grüne Technologien, besserer Öffi-Verkehr, autofreie Räume. "Digitalisierung ist nur ein Teil grüner Ausrichtung", so Kõlvart. Und auch die Verwaltung soll noch proaktiver werden: Wer zum Beispiel ein Kind bekommt, soll künftig automatisch das Kindergeld erhalten. Wer die Arbeit verliert, soll nicht mehr ansuchen müssen. Alles kommt zum Bürger.

Wels soll digital werden

Was kann nun Wels daraus mitnehmen? "Die hohe Offenheit für digitale Lösungen hier hat mich sehr beeindruckt", sagt der Welser Bürgermeister Rabl. "Für mich heißt das: Wenn der Service digitaler Dienstleistungen gut ist, dann wird er auch genutzt. Weil es schneller und effizienter geht. Dafür brauchen wir aber eine hohe Benutzerfreundlichkeit, sehr barrierefrei. Was kompliziert ist, funktioniert nicht. Und die Transparenz, wer greift wann warum auf meine Daten zu, muss gegeben sein, das schafft Vertrauen".

Wels habe in den vergangenen fünf Jahren die IT auf den neuesten Stand gebracht, auch die Zahl der Mitarbeiter in dem Bereich habe sich verdreifacht. Vier MIllionen Euro fließen jährlich in den Bereich. Stehe das Basissystem mal, gehe es um die Anwendungsmöglichkeiten, um die Verwaltung gänzlich zu digitalisieren. Sind jetzt noch Formulare auszudrucken, händisch auszufüllen und zum Amt zu bringen, soll das in wenigen Jahren online möglich sein. "Und wir müssen dahin, dass man bis auf wenige Ausnahmen alles digital machen muss", so Rabl. "Es bringt Entlastung auf beiden Seiten – für Bürger und Personal", sagt Wirtschaftsstadtrat Martin Oberndorfer (ÖVP). "So wird es effizienter, schneller für alle." So lasse sich auch im Magistrat der Generationenwechsel und der Wissenstransfer besser umsetzen.

Voraussetzung dafür sei aber eine breite Nutzung der digitalen Unterschrift, die derzeit der Bund ausrollt. Ein weiterer großer Schritt in Richtung "smart city" sei dann, dem Bürger Dienstleistungen aktiv vorzuschlagen und er müsse nur noch auswählen. Personalabbau müssen übrigens niemand befürchten, denn: "Es kommen ständig Aufgaben dazu."

"Bürgercockpit"

Dafür sei laut Verkehrsstadtrat Stefan Ganzert (SPÖ) ein "Bürgercockpit" denkbar: Eine App oder Anwendung, in der der Bürger alles auf einen Blick hat – seine Kindergarten- und Schulgeldzahlungen, Sommerbetreuung, seine ihn betreffenden Angebote und Dienstleistungen "bis hin zu aktuellen Meldungen über Baustellen, Parkverbote und Staus in seinem Viertel" – auf einen Blick und mit schnellem Zugriff für Änderungen oder Antrag.

"Wir haben in Wels in Sachen Digitalisierung schon einiges erreicht, aber wir brauchen noch mehr Verzahnung", so Ganzert. Beispiel: Wer von A nach B will, bekomme künftig alle Infos, wo nicht nur der Zug oder Bus fahre, sondern auch ein Lastenfahrrad oder ein E-Roller zur Verfügung stehe. Hinzu kommen Pläne für ein Parkleitsystem mit digitalen Anzeigen und sichere platzsparende Abstelllösungen für Räder, freischaltbar mit Wels-Linien-Card oder Bankomatkarte. "Erst muss ich das schaffen, dann steigen auch mehr Menschen auf das Rad um."
Ein weiteres praktisches Beispiel für sein Ressort hat auch Bildungsreferent Klaus Schinninger (SPÖ): " Wir müssen bei den Vormerkungen für Kindergärten und Horte die Systeme noch mehr harmonisieren, damit der Austausch und die Abrechnungen zwischen den privaten Trägern und uns noch besser klappt und es zum Beispiel keine doppelten Anmeldungen mehr gibt."

Ziel "green city"

Umwelt- und Klimaschutzstadtrat Thomas Rammerstorfer (Grüne) liege die Weiterentwicklung zur 'green city' wie Tallinn und andere europäische Städte am Herzen: "Verkehrsberuhigte Zonen, umweltfreundliche Mobilitätsformen, autofreie Innenstadt sowie klimaschonende Energiegewinnung – das ist zu begrüßen." Auch in Wels arbeite man an solch einer Strategie. "Luft nach oben ist definitiv beim Bauen mit Blick auf klimaschonend und umweltfreundlich, bei der Fernwärme ist auch noch mehr möglich. Auch beim gesunden regionalen Schulessen ist noch mehr machbar, bei der Mobilität haben wir noch Aufholbedarf."

Automatisierung und Auslagerung

Automatisierung auf Magistratsebene selbst sei laut Rabl künftig zwingend: In vielen Bereichen würden auf kurz oder lang die Arbeitskräfte fehlen. "Wir bekommen bei den Dienstleistungen immer größere Personalprobleme. Da wir aber einen Versorgungsauftrag haben, werden wir auch auslagern müssen. Und mit digital abgebildeten Prozessen können Private sehr schnell unsere Aufgaben gemäß unseren Qualitätsstandards ausführen – sprich im Falle der Müllabfuhr: Wann ist was auf welcher Route abzuholen und wie funktioniert das Müllauto." Das oberste Prinzip bliebe aber, es selbst zu machen, Auslagerung sei nur die letzte Option, wenn man kein Personal mehr finde.

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