Nach zahlreichen Protesten
Welser Bürgermeister kandidiert doch nicht für jüdischen Gedenkverein
Der Welser Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ) kandidierte für den Vorstand der "Österreichischen Freunde von Yad Vashem". Doch die jüdische Kultusgemeinde lehnt jeden Kontakt zu den Freiheitlichen ab, eine Welle an Protesten war die Folge. Nun ist die Kandidatur vom Tisch.
WELS. Die "Freunde von Yad Vashem" sind laut Pressegentur APA ein unabhängiger Verein, der Kontakte zur Gedenkstätte in Israel pflegt. Nun wird hier der Vorstand gewählt. Auf der Liste fand sich laut APA auf Platz eins Klaus Luger, SPÖ-Bürgermeister von Linz. Dahinter, als sein Stellvertreter, kandidierte Andreas Rabl.
Sonst fanden sich eher Rote auf der – politisch durchsetzten – zweiten Liste. Darunter auch der oberösterreichische Dritte Landtagspräsident Peter Binder. Entschieden werden sollte bei der Generalversammlung am 20. März im Linzer Rathaus.
Keine Kontakte zu Freiheitlichen
In seinem Bewerbungsschreiben Rabl betone Rabl laut APA, den Verein schon seit Jahren zu unterstützen. Ihm seien "Zeichen für das Erinnern und gegen das Vergessen ein politisches Anliegen", schreibe er etwa zum Jährlichen Gedenken in seiner Stadt "an die Gräuel der Reichspogromnacht".
Die jüdische Gemeinde sah Rabls Kandidatur jedoch kritisch. Denn die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) lehnt Kontakte zu den Freihetlichen konsequent ab: Die FPÖ habe eine lange Geschichte rassistischer und antisemitischer Politik und versuche nicht, diese Geschichte aufzuarbeiten, erklärte IKG-Präsident Oskar Deutsch 2017: "FPÖ-Funktionäre distanzieren sich nicht von der Vergangenheit, wollen aber Kontakte zu Juden. Das ist ein doppeltes Spiel und für die Kultusgemeinde nicht glaubhaft."
Verein erhalten
Rabl sah das unaufgeregt: "Ich bin seit vielen Jahren Mitglied in dem Verein. Und als jetzt die Aufforderung kam, dass der Vorstand neu aufgestellt werden soll, habe ich mich mit Bürgermeister Luger besprochen, dass es eine gute Idee sei, wenn die Statutarstädte und großen Gemeinden da vertreten seien." Es ginge darum, die Idee und den oberösterreichischen Verein weiterzupflegen und zu erhalten.
"Zumutung"
Deutsch meldet sich jedoch nun aktuell zu Wort: Er siehe in der Kandidatur Rabls eine "Zumutung", wie er gegenüber der APA betonte. Der Verein kooperiere mit der weltweit wichtigsten Gedenk- und Forschungseinrichtung zur Shoah und dem Holocaust. "Die FPÖ hingegen ist nicht nur eine rechtsextreme Partei, sondern der politische Arm der deutschnationalen Burschenschaften, die unmittelbaren Vorgänger der Nationalsozialisten, die an NS-Gräueln beteiligt waren."
Bis heute fielen diese Burschenschaften und die FPÖ regelmäßig "durch die berühmten seriellen Einzelfälle auf, dazu gehört Shoah-Verharmlosung und -Verherrlichung", so Deutsch. "Politiker einer solchen Partei haben nichts im Vorstand der Freunde von Yad Vashem verloren." Deutsch vermutet, dass sich "hier jemand auf Kosten des Andenkens an die Opfer der Shoah einen Persilschein für seine politische Agenda verschaffen" wolle – und das mit Unterstützung des Bürgermeisters von Linz und anderen SPÖ-Politikern. "Das ist grotesk, aber nicht unumkehrbar", findet der IKG-Präsident.
"Weisswaschung"
Als "pure Chuzpe" bezeichnete der grüne Nationalratsabgeordnete Ralph Schallmeiner, der selbst aus Wels-Land stammt, die Kandidatur Rabls. Für ihn wirkt die Aktion "wie der weitere Versuch der eigenen Weißwaschung", hieß es in einer Aussendung. Seit Amtsantritt als Welser Bürgermeister versuche Rabl das Gedenken anlässlich der Novemberpogrome 1938 für sich "zu kapern".
Mauthausen Komitee gegen Kandidatur
Gegenwind auch vom Mauthausen Komitee (MKÖ): „Das ist wirklich eine Zumutung. Mehr noch: Damit verhöhnt der FPÖ-Politiker Rabl die Holocaust-Opfer!“, so MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi. „Rabl hat sich nicht nur nie von den unzähligen rechtsextremen und antisemitischen ‚Einzelfällen‘ seiner Partei distanziert. Sondern er hat auch selbst für einige solcher ‚Einzelfälle‘ gesorgt. Zum Beispiel wurde von ihm ein Treffen rechtsextremer Burschenschafter in Wels subventioniert und empfangen. Rabl hat die ‚braune Venus‘, eine Nachbildung des Welser NSDAP-Symbols, in der Fuzo aufstellen lassen. Und er weigert sich, die nach dem fanatischen Judenhetzer Franz Resl benannte Straße umzubenennen. Diese Liste ließe sich fortsetzen. Passt das zu Yad Vashem?“
Kein Verständnis habe das MKÖ auch für jene Politiker, die mit Rabl auf demselben Wahlvorschlag für den Gedenkverein kandidieren. „Da fehlt es leider an antifaschistischer Sensibilität. Als Weißwäscher gibt man sich nicht her“, sagt Mernyi.
Zurückgerudert
Jetzt ist allerdings alles vom Tisch: Städtebundpräsident und Linzer Bürgermeister Klaus Luger zog den überparteilichen Wahlvorschlag für einen neuen Vorstand der Gedenkorganisation zurück. „Unsere Absicht lag stets darin, den Fortbestand des Vereins, der noch Ende Jänner gefährdet war, durch eine Verknüpfung demokratisch legitimierter öffentlicher Funktionsträger mit Vorstandspositionen nachhaltig abzusichern. Dies erscheint nun nicht mehr notwendig, weshalb wir unser Angebot zurücknehmen können“, so Luger.
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