Porträt: Michaela Öhlinger
„Eine Nische zum Atmen finden“

Die Weißkirchnerin Michaela Öhlinger veröffentlichte im Juli 2019 ihr Erstlingswerk "Bis Odette schweigt". | Foto: Michaela Öhlinger
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  • Die Weißkirchnerin Michaela Öhlinger veröffentlichte im Juli 2019 ihr Erstlingswerk "Bis Odette schweigt".
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Die Weißkirchnerin Michaela Öhlinger veröffentlichte 2019 ihr Erstlingswerk „Bis Odette schweigt“ im Eigenverlag. Ein Buch, mit dem sie ermutigen möchte, zu seinen eigenen Macken zu stehen und sich nicht zu verbiegen.

WEISSKIRCHEN AN DER TRAUN. Michaela Öhlinger wurde 1982 in Wels geboren und ist hier aufgewachsen. Heute lebt sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern in Weißkirchen. Nach erfolgreicher HAK-Matura und Studium der Kommunikationswissenschaften in Salzburg war Öhlinger, geborene Höllmüller, zwölf Jahre in einer Linzer Agentur im Bereich Gesundheitskommunikation und anschließend als Veranstaltungsorganisatorin tätig. Die Idee, ein Buch zu schreiben, begleitet die Enddreißigerin schon sehr lange.

Wann fiel die Entscheidung, ein Buch zu schreiben?
Öhlinger: „Auf meiner inneren Liste war diese Idee von je her notiert. Ich hab nur immer auf den richtigen Zeitpunkt gewartet. Damit kann man sehr viel Zeit vertrödeln, weil man eigentlich nie ‚mehr Zeit‘ oder ‚DIE zündende Idee‘ hat. Das Buch ist eigentlich in einer recht durchschnittlichen Sinnkrise entstanden. Ich habe schon vor Covid-19 viel im Home-Office gearbeitet. Mit allen Vor- und Nachteilen, die in den vergangenen Wochen sicherlich viele Leute kennengelernt haben. Mit zwei Kindern standen da oft Nachtschichten am Programm. Der eigene Anspruch in allen Lebenslagen war häufig größer als ein gesundes Schlaf- und Entspannungsverhalten. Ich war schlicht ausgelaugt und es ging mir nicht so gut. Eine neue Ausrichtung musste her. Nach langem Zögern und Zaudern habe ich angefangen zu schreiben und nicht mehr aufgehört, bis ich fertig gewesen bin.“

Wie entwickelte sich die Geschichte?
"Mein Kopf ist eigentlich immer voller Ideen und Geschichten. Ich hab mir ehrlicherweise kein großes Konzept überlegt. Nach dem Entschluss, es zu probieren, hat es nur wenige Wochen gedauert, bis ich die ersten 50 Seiten hatte. Und spätestens da war ich einfach kopfmäßig total vereinnahmt und die Geschichte hat sich vor meinen Augen entwickelt. Das war spannend.“ Der Grundgedanke entstand, weil sich meiner Meinung nach zu viele Menschen Gedanken um ihre Außenwirkung machen. Sich immer und überall inszenieren zu müssen erzeugt großen Druck. Es bleibt kaum Zeit, das Besondere zu entdecken. Gleichzeitig kämpfen unglaublich viele mit sich selbst. Und dann gibt es so viele, die immer nur so tun als ob. Ich hatte die Idee, ein Buch zu schreiben über die Undefinierbarkeit von „normal“ und „geistig gesund“. Alles weitere ist von selbst und während des Schreibens entstanden."

Wann blieb Zeit zum Schreiben?
"Ich habe als Mutter von zwei Halbwüchsigen den klassischen Teilzeitjob und ich habe wirklich jede Minute, in denen die Kinder mal nicht zuhause waren, zum Schreiben genutzt. Auch die Abende und so manche Nacht. Das war nicht immer ganz stressfrei, ich habe allerdings schnell gemerkt, dass das keine Rolle mehr für mich gespielt hat, weil ich das Gefühl wirklich sensationell fand, auf dem „richtigen“ Weg zu sein."

Gab es Unterstützung von außen?
"Von meinem Umfeld wurde ich weder besonders bestärkt noch daran gehindert, dieses Projekt zu starten. Mein Mann fand die Idee zwar lässig, aber das war auch alles recht weit weg. Ich glaube, für mein Umfeld wurde das Ganze erst greifbar, als das Buch in groben Zügen wirklich Gestalt annahm. Ab diesem Zeitpunkt stieg das Interesse."

Wie wird man Autorin?
"Wörter, Sprache und Ausdruck – das sind so Dinge, die ich von Klein an interessant fand. Ich hatte zudem lange Zeit einen ‚schreibenden Beruf‘. Einen Kurs – speziell für dieses Buch – habe ich nicht besucht. Dazu hatte ich weder Zeit noch Muße. Vielleicht wäre es nicht schlecht gewesen. Ein Roman erfordert doch einiges an Handwerkzeug und ich bin im Laufe des Schreibprozesses über viele kleine Hürden gestolpert. Da sind Phasen dabei, wo man sich die Haare rauft, wo man ganze Kapitel löscht oder erkennt, dass man sich vielleichte ein gutes Konzept hätte machen sollen. Möglicherweise hätten ein Schreibkurs und eine Community da geholfen. Aber dazu war ich in dieser Phase einfach zu ungeduldig. Ich wollte etwas – und das schnell - zum Ausdruck bringen, damit es gelesen werden konnte. Deshalb ist mein Buch auch im Eigenverlag bei Amazon erschienen. Natürlich hätte ich mich gefreut, bei einem kleinen Verlag in Österreich Platz zu finden. Aber das ist eine hart umkämpfte Branche und ich wollte dieses Herzensprojekt einfach verwirklichen und nicht ewig lange Klinken putzen gehen."

Wovon handelt das Buch?
"Mein Buch handelt von der Endzwanzigerin Lille, die sich ganz stark nach einem angepassten Leben sehnt. Sie leidet an einer generalisierten Angststörung wodurch ihr Dinge schwerfallen, über die andere nicht einmal nachdenken. Das kann ganz schön viel Energie und dem Leben ein bisschen den „Glitzer“ rauben. Ich wollte aufzeigen, dass Menschen mit psychischen Problemen nicht die ‚falsche‘ Einstellung haben. Sondern dass manche Dinge eine Herausforderung sein können die andere mit links erledigen. Und dass Menschen wie Lille keine Seltenheit sind. Möglichweise leidet die immer gut angezogene Nachbarin an psychischen Problemen oder der selbstbewusste Arbeitskollege im Büro hat eine gut versteckte Zwangsneurose. Vielleicht hat der ständig abgebrannte Bekannte, der endlich mal erwachsen werden sollte, in Wirklichkeit aber eine Idee vom Glück. Was wissen wir schon wirklich von den kleinen „Störungen“ unserer Mitmenschen? Mir war daher auch wichtig zu zeigen, dass es im Leben gar nicht um diese Außenwirkung geht. Vielmehr haben wir alle unsere Macken, Schwächen und einzigartigen Stärken. Und wenn man Glück hat, trifft man im Leben ein paar Menschen, die einen genauso nehmen, wie man ist. Die holen dann auf einmal das Beste aus dir heraus. Deswegen wird auch nicht alles „rosarot“, aber man findet für sich selbst ab und zu plötzlich eine Nische, in der man gut Atem holen kann. Ich wollte gerne sagen: „Leute, steht zu euren Macken und Umständlichkeiten. Es gibt ohnehin zu viele, die es zu sehr versuchen."

Wie viel Michaela steckt in Lille?
"Das fragt mich jeder und es bringt mich immer zum Schmunzeln. Ich würde sagen, zwischen mir und Lille gibt es so gut wie überhaupt keine Parallelen. Ich finde, ich bin ein gänzlich unaufdringlicher Mensch. Mit allen Vor- und Nachteilen. Aber in allen anderen Charakteren meines Buches kann ich mich wiederfinden. In ihren guten wie schlechten Eigenschaften."

Ist Schreiben ein Hobby oder mehr?
"Ich neige leider dazu, meine Hobbies viel zu oft nicht als solche wahrzunehmen, weil ich mir meinen Alltag mit zu vielen Dingen vollräume. Mein Kopf ist immer mit irgendetwas beschäftigt. Aber ich glaube, ich kann sagen, dass das Schreiben schon zu meinen Hobbies zählt. Nachdem das Buch ‚draußen‘ war, wollte ich allerdings erstmal nichts mehr davon hören. Nicht einmal mein eigenes Buch wollte ich aufschlagen. Aber ich bin sicher, das kommt wieder. Ich habe ein paar Ideen. Ansonsten bin ich in keinem Verein Mitglied, schreibe allerdings ehrenamtlich für die Vereinszeitung ‚vernetzt‘ in Weißkirchen."

Was ist im Alltag wichtig?

"Definitiv meine Familie und ein gemütliches Zuhause, in dem man die Tür vor der Welt schließen kann. Wichtig sind mir aber auch regelmäßige Inputs von außen, die etwas in mir bewegen. Das können Reisen sein oder gute Bücher oder Herausforderungen, die mich verändern. Aber auch tolle Menschen oder Geschichten. Aktuell ist die Situation natürlich sehr herausfordernd. Ich bin hochschwanger, gerade frisch in Mutterschutz. In den Schulen ist Schichtbetrieb und das Home-Schooling geht weiter. Das geht an meinen Kindern auch nicht spurlos vorbei. Ich bin jetzt viel mit ihnen draußen und versuche, unsere innere Aufgeregtheit mit der viel gepriesenen Entschleunigung zu kompensieren."

Gibt es Pläne?
"Ich bin recht mittelmäßig darin, mein Leben oder meine Karriere zu planen. Ich falle irgendwie von einem in das andere, aber meistens fühlt es sich hinterher recht sinnvoll an – oder zumindest rede ich mir das ein. Grundsätzlich wäre es natürlich ein Hit, als Autorin arbeiten zu können. Aber das muss man realistisch sehen. Davon können die wenigsten leben. Gerade im Eigenverlag setzt das schon sehr viel Initiative voraus. Wahrscheinlich bin ich auch zu schüchtern, für notwendige Eigenwerbung auf allen möglichen Kanälen zu sorgen. Langfristig mag ich mich da also nicht festlegen. Aber wer weiß – das Leben schreibt viele Geschichten. Vielleicht kann ich noch die eine oder andere erzählen. Das fände ich schon sehr schön."

WORDRAP

  • Mein Lebensmotto lautet
    .... Man muss weggehen können und doch sein, wie ein Baum. (Hilde Domin)
  • Auf eine einsame Insel nehme ich mit
    …. Meine Familie, ein gutes Buch und Musik
  • Bedanken möchte ich mich bei
    …. Leuten, die mein Buch gelesen haben und mir Feedback gaben. Ich hab mich ehrlich über jede Rückmeldung gefreut.
  • Stolz bin ich
    …. Jedes Mal auf mich oder Menschen, die mir nahe stehen, immer dann, wenn ich oder sie über mich/sich selbst hinaus wachsen.
  • Darüber kann ich lachen
    …. Flachwitze, Situationskomik, manchmal über mein eigenes Kopfchaos
  • Ich liebe
    …. Meine Kinder, anregende Gespräche und Bücher, Projekte und aktuell ERDBEEREN
  • Zuletzt geweint habe ich
    …. Ich weine eher weniger, allerdings bin ich gerade schwanger …😉
  • Wütend macht mich
    …. Ungerechtigkeit, Scheinheiligkeit, Phlegmatik, Selbstgerechtigkeit und Ignoranz
  • Diesen Menschen würde ich gerne treffen
    …. Einstein und die Nöstlinger. Könnte mir vorstellen, dass die beide ein bisschen schräg waren.
  • Kanzler Kurz würde ich fragen
    …. Ach herrjeh….
  • Ich glaube an
    …. Ausgleichende Gerechtigkeit (meistens)
  • Ich wünsche mir
    …. wenn man darüber nachdenkt, müsste man über Kriege sprechen, Hunger, Umweltverschmutzung, Machtmissbrauch, Umweltkatastrophen,…deshalb sage ich jetzt mal: abseits dieser weltweiten Pandemie und ihren unzähligen Nachbeben bin ich zufrieden mit meinem Leben.
  • Unbedingt lesen sollten Sie
    …. Natürlich mein Buch (bei Amazon im Eigenverlag erschienen)
  • Meine letzten Worte
    .… Dankeschön. War gut.

Bis Odette schweigt
Originalausgabe Juli 2019
ISBN: 9781078328135
im Eigenverlag erschienen

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