Neue Ansätze
Grinziger Dorfchronik als Teil des dörflichen Alltags

Dorfchronistin Heidi Kastl beschreitet bei ihrer Arbeit im Dienst des dörflichen Geschichte neue Wege. | Foto: Veronika Lamprecht
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  • Dorfchronistin Heidi Kastl beschreitet bei ihrer Arbeit im Dienst des dörflichen Geschichte neue Wege.
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In Grinzens wird die klassische Chronikarbeit um einen digitalen Ansatz erweitert: die Nutzung von WhatsApp-Statusmeldungen.

GRINZENS. Das ist nicht nur eine methodische Erweiterung. Die Vorgehensweise erzeugt auch neue soziale Dynamiken, die die Dorfgemeinschaft damit implizit stärken. Das individuelle Engagement der Dorfchronistin Heidi Kastl und die aktive Mitwirkung der Bürger gehen hier Hand in Hand, die Dorfchronik ist nun Teil des Alltags im Dorf.

Große Reichweite

Rund 1.400 Telefonnummern hat die Chronistin in ihrem Mobiltelefon gespeichert und täglich verfolgen etwa 350 Personen die veröffentlichten Bilder. Die tatsächliche Reichweite dürfte weitaus höher sein, da viele Inhalte im privaten Umfeld weitergegeben werden oder Empfänger nicht sichtbar machen, dass sie den Status angesehen haben. Die Resonanz ist vielfältig. „Daumenhochs“ gibt es reichlich. Nicht nur die Grinziger selbst verfolgen Heidi Kastls Posts, sondern auch ehemalige Pfarrer, Chronisten aus den Nachbargemeinden und viele Bewohner des Alten- und Pflegeheims in Axams.

Fanclub

„Mein Fanclub ist 80+“, erzählt die Chronistin. Viele ältere Menschen gehen kaum noch aus dem Haus, doch durch die Bilder der Chronistin sind sie trotzdem bei der Prozession, bei Faschingsfeiern oder vielen weiteren Anlässen mit dabei. Viele Bilder zeigen aber auch Impressionen und Neuigkeiten aus dem Dorfgeschehen und zahlreiche historische Bilder aus Grinzens und seinen Nachbardörfern. "Einen unverzichtbaren Teil in den Nachschlagewerken bilden auch die Berichte in den Bezirksblättern sowohl in der Zeitung als auch im Internet auf meinbezirk.at," berichtet die Chronistin über "externe Zulieferungen".

Soziales Miteinander

Spontane Interaktionen – etwa Nachfragen zu abgebildeten Personen oder der Austausch über vergangene Ereignisse – machen die Chronik hier zu einem dynamischen Bestandteil des sozialen Miteinanders. Ein einziges Bild kann viele Gespräche im Ort auslösen.
Wenn nach dem Krippeleschaugn, die selbstgeschnitzten Figuren der Krippeler im Status zu sehen sind und sie gefragt wird, wer die denn gemacht hat, gibt Heidi gerne Auskunft. Der Schnitzer wird dann mit Lob überschüttet. „Du tretest da was los, und andere bekommen viel Positives ab."

Chronikraum im Gemeindeamt

Von besonderer Bedeutung ist in Grinzens auch der Standort des Chronikraums. Er bildet, zwischen Volksschule, Kindergarten, Dorfplatz, Kirche und Gemeindeamt gelegen, einen zentralen Punkt des dörflichen Lebens. Hier trifft man sich, oft wird auch gemeinsam recherchiert und Neuigkeiten werden besprochen. Durch diese Nähe zum Gemeindeleben bleibt die Chronikarbeit eng mit dem Alltag verbunden.
Viele Bilder wurden der Chronik von Chronisten aus den Nachbargemeinden geschenkt. Diese Großzügigkeit schätzt die Dorfchronistin sehr. Außerdem kauft sie selbst viele Fotos in Archiven oder per E-Bay. Sie fotografiert alte Zeitungen in der Bibliothek des Ferdinandeums oder scannt Bilder aus alten Büchern, die sie auf der Antikmesse findet.
Die Bewohner werden gebeten historische Dokumente und Fotos nicht leichtfertig wegzuwerfen und auch die MitarbeiterInnen im Recyclinghof haben ein Auge auf sorglos entsorgte Schätze.

Nur eines von historischen Bildern, die die Chronistin mithilfe neuer Möglichkeiten "sichtbar" macht. | Foto: Chronik Gemeinde Grinzens
  • Nur eines von historischen Bildern, die die Chronistin mithilfe neuer Möglichkeiten "sichtbar" macht.
  • Foto: Chronik Gemeinde Grinzens
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Mühevolle Arbeit

Dann beginnt die mühevolle Arbeit: Wer ist auf den Fotos zu sehen? Nach dieser Recherche ist es der Chronistin ein großes Anliegen, die Bilder an eventuelle Nachkommen weiterzugeben. „Ich möchte, dass die Originale bei den Familien bleiben.“ Für die Chronik behält sie das Digitalisat und eine analoge Kopie. Mittlerweile ist das Vertrauen und das Bewußtsein so groß, dass sie sehr viel Material geschenkt bekommt. Durch die stete Präsenz der Chronikarbeit werden ihr nun immer häufiger alte private Fotoalben zur Digitalisierung zur Verfügung gestellt, wobei eine schnelle Rückgabe innerhalb eines Tages das Vertrauen in diese Arbeit fördert.

Resonanzraum

Auch Bürgermeister Anton Bucher trägt die Chronikarbeit seitens der Gemeinde vollinhaltlich mit. "Anders als in der klassischen Chronikarbeit, wo man nur punktuell wenige Personen erreicht, wurde hier im Ort ein Resonanzraum geschaffen, in dem die Geschichte des Orts im allgemeinen Bewusstsein vieler Menschen präsent ist und permanent gemeinschaftlich erweitert wird. Das verdanken wir der Arbeit unserer Ortschronistin."

Eine absolute Besonderheit

... bildet neuerdings auch ein Buch, in welchem die 60 Bauernhöfe des Ortes abgebildet und exakt beschrieben sind. Ein gewaltiges Werk, dessen Dimension nur schwer nachvollziehbar ist. "Dieses Buch ist in Zusammenarbeit mit dem pensionierten Sellrainer Volksschuldirektor Heinrich Gruber entstanden. Seine Vorleistung ist unschätzbar. da es sich um jahrzehntelange Archivarbeit handelt. In den vergangenen zehn Jahren haben wir dann gemeinsam dieses einmalige Nachschlagwerk erstellt."
Das Buch ist vorderhand noch nicht im Handel erhältlich. Es liegt allerdings in der Gemeindechronik  zur Einsichtnahme auf. Interessierte können sich jederzeit per E-Mail unter chronik@grinzens.gv.at oder während der Bürozeiten im Gemeindeamt Grinzens melden.

Mega-Projekt: Alle 60 Bauernhöfe des Ortes sind beschrieben und in einem Werk zusammengefasst, das künftig auch in Buchform aufliegen soll. | Foto: Hassl
  • Mega-Projekt: Alle 60 Bauernhöfe des Ortes sind beschrieben und in einem Werk zusammengefasst, das künftig auch in Buchform aufliegen soll.
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Viele Berichte über die Gemeinde Grinzens finden Sie auch auf unserer Themenseite aus www.meinbezirk
Weitere Berichte: www.meinbezirk.at/westliches-mittelgebirge

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