Katze als Psychotherapeutin: Praxis mit Kratzbaum
Flora Scheed hat in ihrer Praxis tatkräftige Unterstützung von acht Pfoten.
MARGARETEN. Bereits an der Eingangstür zur Praxis in der Krongasse 14 wird man von der Therapeutin empfangen. Allerdings wartet nicht Praxisinhaberin Flora Scheed an der Tür, sondern ihre Kollegin Lilli. Lilli ist kleiner als Flora Scheed, hat umwerfend grüne Augen, ist weich wie ein Teddybär, hat vier Pfoten und keine Ausbildung zur Psychotherapeutin. Trotzdem funktioniert die Zusammenarbeit bestens.
"Die meisten Patienten fragen bei der telefonischen Terminvereinbarung zum Erstgespräch nach den Therapiekatzen", so die blonde Therapeutin, während Lilli schnurrend um ihre Beine streicht. "Besonders Kinder und Jugendliche, die die Hälfte meiner Patienten ausmachen, möchten Lilli oder Otto bei ihren Therapieeinheiten dabei haben." Otto, der junge schwarze Kater, ist bei Kindern besonders gefragt, da er aktiver als die 10jährige "Sheba"-Katze Lilli ist.
Tiere beruhigen durch bloße Anwesenheit
Dass die Anwesenheit eines Tieres beruhigend auf Menschen mit psychischen Problemen wirkt, ist in Studien wissenschaftlich erwiesen. "Tiere haben einen beruhigenden Effekt. Allein ihre Anwesenheit senken Blutdruck und Herzfrequenz." Trotzdem sind Therapietiere nur vereinzelt in psychotherapeutischen Praxen zu finden. "Die Anwesenheit von Tieren ist nicht üblich. Vereinzelt gibt es Therapeuten, die ihre Tiere mit in die Praxis nehmen, aber das sind dann meist Hunde."
Die Idee, zwei von ihren drei Katzen mit an den Arbeitsplatz zu nehmen, kam Scheed aufgrund der Reaktion ihrer privaten Gäste. "Immer wenn ich Besuch hatte, waren die Katzen 80 Prozent des Gesprächthemas. Man fühlt sich schneller wohl und zu Hause, wenn sich eine Katze auf der Couch ankuschelt. Sie vermitteln ein heimeliges Gefühl. Daher dachte ich, dass sich auch meine Patienten in der Praxis schneller wohlfühlen würden, wenn eine Katze anwesend ist."
Katze als Türöffner
Die Idee erwies sich als Erfolg: Scheeds Patienten fühlen sich in Anwesenheit von Lilli oder Otto schneller wohl, kommen leichter ins Gespräch und auch schambesetzte Themen werden mit Katze am Schoß schneller angesprochen.
Und auch die Vierbeiner lieben ihren Job. "Wenn ich in die Praxis gehe, warten Otto und Lilli bereits an der Tür und wollen mitgehen. Beide nehme ich aber nie mit, da sie gerne streiten." Welches Tier mitdarf, wählt Scheed nach den Klienten aus. Therapiekater Otto kommt bei Kindern zum Einsatz, Therapiekatze Lilli, die von einem Waldviertler Bauernhof stammt, in dem einmal ein Britisch-Kurzhaar-Kater auf Sommerfrische war, erleichtert Erwachsenen die Therapie. Manchmal dürfen weder Otto noch Lilli mit in die Praxis, die mit Kratzbaum und Katzenklo ausgestattet ist, da ein Patient an einer Katzenallergie leidet.
Patienten haben sich Katzen zugelegt
Das Modell "Katze heilt Seele" hat Schule gemacht: Bereits zwei Patienten von Flora Scheed haben sich eine Katze genommen. "Eine Katze kann sich auf Depressionen positiv auswirken. Es ist auch erwiesen, dass ältere Menschen mit einem Haustier länger agil und aktiv bleiben", so Scheed. "Auch Kinder können von einem Haustier sozial viel lernen. Sie machen Erfahrungen mit Tod und Leben, müssen mit dem Tier behutsam umgehen, sich den Lebensraum mit ihm teilen und Rücksicht und Verantwortung übernehmen. Ein Tier muss gefüttert und erzogen werden - wobei bei Katzen die Erziehung eher begrenzt ist."
Flora Scheed, die ursprünglich aus der Behindertenbetreuung kommt und vor zwei Jahren ihre Ausbildung zur Psychotherapeutin abgeschlossen hat, ist mit Tieren aufgewachsen - vom Meerschweinchen über Hasen und Wellensittichen bis hin zu Wachteln. Seit ihrem siebzehnten Lebensjahr ist sie Katzenmama. Nun trägt die gebürtige Wiednerin ihre Tierliebe in ihre Margaretner Praxis - mit Erfolg. Alle Infos rund um die "Katzenpraxis" auf www.psychotherapie-margareten.at oder unter der Telefonnummer 0676/927 97 98.
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