Muttertag zu Corona-Zeiten
"Wir wollten unsere Patienten nicht im Stich lassen"
Ulrike Mühlhofer (41) ist Orthopädin und hat zwei Kinder. Gemeinsam mit einer Kollegin betreibt sie ein Praxis, die sie auch während der Corona-Krise weiter betreibt. Zudem macht sie mit ihren beiden Kindern Homeschooling.
RMA: Frau Mühlhofer, Sie sind Fachärztin und haben Ihre Praxis weiterbetrieben. Hätten Sie auch zusperren können?
ULRIKE MÜHLHOFER: Meine Praxis-Partnerin und ich hätten zusperren können, das wäre in der Krise sicher auch argumentierbar gewesen, denn es gab diesbezüglich eine Abmachung zwischen Ärztekammer und Gesundheitskasse. Aber das wollten wir nicht. Wir machen vor allem Schmerztherapie. Die Patienten haben ja trotz Krise Schmerzen, sie brauchen weiter eine Versorgung gegen ihren Schmerz. Anfangs hat sich die Nachfrage reduziert, aber die Patienten konnten uns immer anrufen und zu uns kommen. Wir wollten nicht, dass sie in die Notfallambulanz gehen müssen. Meist handelt es sich bei unseren Patienten um chronische Beschwerden, ihre Probleme können theoretisch zwar in der Ambulanz behandelt werden, aber dort kennt man sie und ihre Vorgeschichte nicht, weiß nicht genau, wie sie auf Behandlungen reagieren. Zudem müssten sie dort lange Wartezeiten und mögliche Ansteckung in Kauf nehmen. Wir hingegen kennen sie, wissen, was sie genau brauchen.
Arbeiten Sie gleich viel wie vor der Krise?
Der Arbeitsaufwand hat sich seit der Krise deutlich reduziert, variiert aber stark. Anfangs arbeitete ich rund 15 Stunden in der Praxis, danach daheim sicher noch zehn Stunden pro Woche, meist abends, um uns zu organisieren, recherchieren, wie meine Praxis-Partnerin und ich uns selbst und die Patienten schützen können, bis sich das eingespielt hat. Vor allem die ersten Tage waren sehr schwierig, als wir nicht wussten, ob wir schließen müssen. Jetzt haben wir längere Öffnungszeiten, dafür reduziert sich der organisatorische Aufwand. Ich bin bei rund 30 Stunden, dazu kommt aber das Homeschooling mit den Kindern.
Wie läuft das, Sie haben ja zwei Volksschulkinder?
Ich habe zwei Kinder, sieben und neun Jahre alt, und das Kind meiner Praxis-Partnerin ist noch nicht ein Jahr alt. Ich habe die Kinder zu Hause gelassen, mein Mann hat zwei Tage übernommen, drei Tage lerne ich mit ihnen. Irgendwie hat das gut geklappt mit der Organisation. Und unsere Mitarbeiterinnen sind junge Mütter, die haben Kindergartenkinder, auch das ging.
Wie haben Sie sich zu Hause organisiert?
Wir machen Homeschooling, rund 20 Stunden die Woche. Die Zeit, die man da investieren muss, ist schon erheblich. Nebenbei kann man nichts machen, wie etwa Homeoffice. Man muss sich straff organisieren. Wir haben einen strikten Stundenplan eingeführt, mit Mittagspause, Jause, Sport und Abendessen. Das war sicher das Essentiellste bisher. Die Kinder vermissen ihre Freunde schon, das direkte Interagieren miteinander. Übers Internet geht das zwar auch gut, aber es fehlt der persönliche Kontakt. Sie verabreden sich manchmal über WhatsApp, um zum Beispiel "gemeinsam" Eis zu essen und zu quatschen.. Das ist aber anders, als wenn sie einander wirklich sehen.
Wie sehr spüren Sie die Doppelbelastung?
Ich spüre die Doppelbelastung schon, das ist noch einmal eine Herausforderung. Ich mag aber Herausforderungen, man wächst damit. Ich habe jetzt mit den Kindern eine weitere, andere Rolle. Neben Erziehung habe ich plötzlich eine Lehrfunktion inne. Ich komme damit schon zurecht, das Fachliche ist nicht das Problem, es geht eher darum, die Kinder ständig anzuhalten, zu lernen bzw. ihre Aufgaben zu machen. Manchmal geht es besser, manchmal weniger. Da muss man eben Regeln aufstellen. Dann können sich alle daran orientieren. Es war einfach eine Umstellung, dass die Eltern eine Lehrfunktion haben. Wir sind als Familie daran sehr gewachsen., weil wir viel mehr Zeit zu Hause hatten. Wir spielen viel gemeinsam, machen "Übernachtugnspartys" zu Hause, wo wir alle zum Beispiel im Wohnzimmer übernachten, damit alle Spaß machen. Das Um und Auf ist die Organisation. Wir hatten das Glück, dass wir im letzten Moment noch einen Computer anschaffen konnten, sodass die Kinder einen eigenen hatten. Wenn man das nicht hat, hätte es sicher zu Problemen kommen,. Das werden vielleicht manchen Familien spüren, die nicht mehrere Computer zur Verfügung haben.
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