Wiener Baumschutzgesetz
Physiologische Altersgrenze – Was ist das?

- Oft taucht die Frage auf, warum Bäume gefällt werden. Die Antwort ist ebenso oft das "Erreichen der physiologischen Altersgrenze". Was das konkret bedeutet, hat sich die BezirksZeitung angesehen.
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Das Wiener Baumschutzgesetz regelt das Aufstellen und Entfernen von Bäumen. Oft ist beim Umschneiden von Bäumen die Rede vom "Erreichen der physiologischen Altersgrenze". Klingt sperrig – die BezirksZeitung klärt auf, was man darunter versteht.
WIEN. Wer in Wien einen Baum fällen oder umpflanzen will, der darf das nicht einfach so. Grundsätzlich gilt: "Das Entfernen von Bäumen bedarf einer behördlichen Bewilligung", so will es das Wiener Baumschutzgesetz. Das gilt sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich.

- Einfach so einen Baum umschneiden, das geht in Wien natürlich nicht. In Zeiten des Klimawandels werden diese immer wichtiger.
- Foto: Johannes Reiterits
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Es gibt verschiedene Begründungen, um einen Baum umschneiden zu dürfen – oder zu müssen. Einer dieser ist das "Erreichen der physiologischen Altersgrenze". Ein oft genannter Grund. Die BezirksZeitung hat die Judikatur unter die Lupe genommen, und erklärt, was dahinter steckt.
Kein "Weiterbestand" möglich
Laut §4 "Bewilligungspflicht", Zusatz 1. des Wiener Baumschutzgesetzes, ist eine Bewilligung zum Entfernen eines Baumes zu erteilen, wenn:
"die Bäume die physiologische Altersgrenze nach Art und Standort erreicht oder überschritten haben oder sich in einem Zustand befinden, daß ihr Weiterbestand nicht mehr gesichert und daher die Entfernung geboten erscheint"
Was bedeutet dies? Das heißt, vereinfacht ausgedrückt, dass der Baum sein Lebensalter erreicht hat. In weiterer Folge könnte es zum Beispiel passieren, dass ein Baum umzustürzen droht, wenn er nicht umgeschnitten wird.

- Nicht nur alte Bäume können ihre "physiologische Altersgrenze" erreichen.
- Foto: Ute Rom
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Scheint auf den ersten Blick völlig logisch, doch handelt es sich oft auch nicht um uralte Bäume. So kann die "physiologische Altersgrenze" zum Beispiel erreicht sein, wenn ein Baum zu wenig Wasser bekommt oder der Standort durch zu verdichtete Erdböden schlicht ungeeignet ist. So können vermeintlich junge, fitte Bäume auch diese "Altersgrenze" erreichen.
Baumschutzgesetz regelt Ersatzpflanzungen
Grundsätzlich gilt: Wird ein Baum gefällt, muss es eine gleichwertige Ersatzpflanzung geben. Gerade in der Klimakrise ist man hierbei sehr bedacht. Baum ist nicht gleich Baum. Alte Hölzer, mit großen Kronen und dementsprechend großer CO2-Umwandlung werden höher gewichtet, als neu gesetzte Jungpflanzen.
Will heißen: Es wird errechnet, wie viele neue Bäume gepflanzt werden müssen, um den Verlust des alten Baumes wieder auszugleichen. Das kann ganz unterschiedliche Ausmaße annehmen. Konkret heißt es im Baumschutzgesetz, § 6 "Ersatzpflanzungen", Zusatz 1.:
Das Ausmaß der Ersatzpflanzung bestimmt sich derart, daß pro angefangenen 15 cm Stammumfang des zu entfernenden Baumes, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, ein Ersatzbaum mittlerer Baumschulenqualität (8 bis 15 cm Stammumfang) zu pflanzen ist.
Doch es gibt auch Ausnahmen, und genau so eine tritt ein, wenn Bäume ihre "physiologische Altersgrenze" erreicht haben. Dann sind Bäume im Verhältnis 1:1 nachzupflanzen.
Geld statt Baum
Ist eine Ersatzpflanzung nicht möglich – dafür gibt es durchaus Gründe – so gibt es die Möglichkeit, eine "Ausgleichsabgabe" zu entrichten. Hier wird Geld also gegen Baum aufgewogen. Auch dafür gibt es einen eigenen Paragraphen im Baumschutzgesetz. So heißt es laut § 9 Ausgleichsabgabe", Zusatz 3 im Wiener Baumschutzgesetz:
Die Ausgleichsabgabe ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl der Bäume, um die nach den bescheidmäßigen Feststellungen gemäß § 6 Abs. 5 die Zahl der Ersatzpflanzungen (Umpflanzungen) hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibt. Der Einheitssatz beträgt 1 090 Euro.
Das bedeutet, dass nicht jeder Baum ersetzt werden muss, sofern eine nötige Ausgleichszahlung entrichtet wird. Was hier wieder für Laien etwas sperrig klingt, heißt: Jeder gefällte Baum kostet ohne Ersatzpflanzung 1.090 Euro.
Wiener Magistratsamt entscheidet
Welche Bäume wo gefällt werden dürfen, darüber entscheidet letzten Endes die zuständige Magistratsabteilung 42 – Wiener Stadtgartenamt bzw. das Magistratische Bezirksamt für den jeweiligen Bezirks. Je nachdem, ob es sich um Bäume im öffentlichen oder privaten Eigentum handelt. Dort sitzen die Expertinnen und Experten, wenn es um den Erhalt von Bäumen geht. Auch eigene Gutachten werden ausgestellt, um die Lage rund um Bäume festzustellen.

- Ein Beispiel aus dem 18. Bezirk: Hier wollte man alte Bäume retten, bei händischen Grabungsarbeiten wurde herausgefunden, dass die Wurzeln nicht mehr in Ordnung sind. Eine Fällung wurde nachträglich erteilt.
- Foto: BV18
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Übrigens: Der oder die Bezirksvorsteher bzw. -vorsteherin kann eine Stellungnahme zur Entfernung abgeben. 14 Tage hat der Bezirkschef bzw. die Bezirkschefin dafür Zeit. Das Baumschutzgesetz erklärt in § 15 "Mitspracherecht der Bezirksvorstehung":
Der Magistrat hat vor Erlassung eines Bescheides gemäß § 4 dem örtlich zuständigen Bezirksvorsteher innerhalb einer Frist von zwei Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Die Entscheidung, ob Bäume gefällt werden oder eben nicht, obliegt letztlich dem Magistrat selbst. Es braucht also triftige, nachvollziehbare Gründe der Bezirksvorstehung, damit eine Fällung verhindert werden kann. Das kann zum Beispiel eine besondere historische Bedeutung eines Baums für den Bezirk sein – etwa eine "Beethoventanne" als fiktives Beispiel. Dieses Statement ist aber eher als Empfehlung für das Magistratsamt zu verstehen.
Die gesamte Judikatur dazu findest du hier: Wiener Baumschutzgesetz. Weiterführende Infos gibt auch die Wirtschaftskammer Wien hier.
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