Das Kreuz mit der Leiharbeit
Schlechte Bezahlung und viele Überstunden - der Alltag von Leiharbeitern
In Österreich gibt es fast hunderttausend Leiharbeiter. Kaum eine Branche wächst schneller - und keine ist so umstritten: Immer wieder werden üble Tricks und Fälle von Ausbeutung bekannt.
WIENER NEUSTADT/BEZIRK.Auch wenn sie keinen guten Ruf genießen haben Leasingfirmen Vorteile, wenn auch ganz wenige. Das sieht auch AK-Bezirksstellenleiter Mag. Thomas Kaindl so. Er sieht die Leiharbeitsfirmen mit einem weinenden und einem lachenden Auge. „Für den Arbeitnehmer ist es besser bei einer Leasingfirma beschäftigt zu sein, als gar keiner Arbeit nachzugehen. Außerdem ist es für den Arbeitnehmer eine Chance wieder einen fixen Arbeitsplatz zu bekommen“, rückt Kaindl die Vorteile einer derartigen Beschäftigung in den Vordergrund.
Trotzdem ergeben sich in Sachen Leasingfirmen immer wieder zahlreiche Probleme. Leiharbeiter sind überaus großen saisonalen Einflüssen ausgesetzt. Im letzten Quartal des Jahres stieg die Arbeitslosigkeit rapide an. Das Arbeitsplatzrisiko bei einer Leihfirma ist enorm. Dementsprechend ist auch die Erwerbsdauer, vor allem bei Arbeitnehmern, sehr kurz. Kaindl: „Ein Drittel aller Leiharbeiterverhältnisse dauern nicht länger als einen Monat, rund 55 Prozent nicht länger als drei Monate. Bei den Arbeitern sind sogar nur 22 Prozent länger als zwölf Monate beschäftigt.“
Unzufrieden
Neben der kurzen Erwerbsdauer ist vor allem die Entlohnung ein großer Nachteil. Jeder vierte Leiharbeiter ist mit der Bezahlung unzufrieden. „Im Vergleich zwischen sich selbst und einem Stammarbeiter empfinden die Leiharbeiter eine Ungleichbehandlung. Tatsächlich erfolgt Leiharbeit vor allem im Bereich der Hilfs- und angelernten sowie der mittleren Tätigkeiten, was zum niedrigen Lohnniveau beiträgt“, führt Kaindl aus.
Doch nicht nur beim Geld fühlen sich Leiharbeiter benachteiligt. Sie meinen immer die schlechteste Arbeit verrichten zu müssen. Dazu kommen noch haufenweise Überstunden und die Tatsache, dass sie Schmutz, Hitze und Kälte ausgesetzt sind.
„Auch die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten und die Weiterbildung bleiben auf der Strecke. Rund zwei Drittel der Leiharbeiter haben im Zuge ihrer Beschäftigung keine Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung“, übt Kaindl Kritik an den Aus- und Weiterbildungschancen.
„Unart“ von einvernehmlichen Auflösungen
Ganz aus der Welt schaffen kann man Leasingfirmen nicht, und das ist auch nicht im Sinne der Arbeitnehmer, aber einen Tipp will Kaindl all jenen geben, die als Leiharbeiter arbeiten. „Auf keinen Fall sollten man einer einvernehmlichen Auflösung zustimmen. Mehr als die Hälfte aller derartigen Beschäftigungsverhältnisse werden durch einvernehmliche Auflösungen gelöst. Seitens der Überlasser-Betriebe wird dieses Instrument immer beliebter, da damit die Einhaltung der Kündigungsbestimmungen oder die Bezahlung von Stehzeiten oder Krankenständen, einfach umgangen werden. Um die Unterschrift zu bekommen, tendieren manche Zeitarbeitsfirmen dazu, die Arbeitnehmer unter Druck zu setzen. Mehr als zwei Drittel stimmen der Auflösung zu.
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