Leserbrief zur Eis-Katastrophe: Bewusst SEIN
Ein raues Gemüt sagen sie, haben wir, wir Waldviertler. Ganz anders erlebt man uns in Zeiten wie diesen, wenn Eis & Wind tausende Bäume zum Fall bringen. Einerseits sind wir verzweifelt, andererseits schmelzen wir. Wie wir an der heimeligen Kraft unserer Wälder hängen merken wir jetzt erst recht. Übrig lässt Mutter Natur ein Schlachtfeld. Das Herz blutet, Schluss mit der Romantik hinterm Haus. Seit ein paar Stunden befreit Tauwetter die Bäume vom zentimeterdicken Eis. Der unheimlichen Stille und dem bedrohlichen Knacksen der fallenden Giganten sind Motorsägen-, und Traktorenlärm gewichen. Ein Stück "dahoam" wird jetzt schon von riesigen Gefährten abtransportiert. Niedergemetzelt von ungeheuerlichen Harvestern, dank Männern, die wissen was sie tun.
Innen drinnen mischen sich Traurigkeit mit Demut & Dankbarkeit. Eine ganz besondere Aufgabe für uns alle. Oft denken wir Herr über alles zu sein, an solchen Tagen wird vieles ganz, ganz klein. Draußen wird's Nacht, wie gut, dass es herinnen hell & warm ist. Der liebe Strom ist wieder da! Viele geschickte Hände werken Tag & Nacht daran und werden noch lange ihren Kragen für uns riskieren.
Was wir nun tun? Die Wälder gehen und drinnen, alles beim Alten? NOCH nicht: Jede Lampe die unnötig brennt wird schnell ausgeknipst, die heiße Suppe mit Bedacht geschlürft, den Keksen im Rohr wie einem Geschenk vom Himmel beim Backen zugeschaut (übrigens, sie schmecken noch besser als vor ein paar Tagen!) und die Kerzen? Die, die lassen wir lieber noch stehen. Es könnte ja sein, dass es doch wieder finster wird! Hoffen wir sogar ein wenig darauf? Ich muss ehrlich gestehen, ja, ich schon. Diese Stille, dieses nichts tun "können" hat etwas so Wertvolles in uns freigegeben. Zeit für einander, zum Danken heil zu sein, einfach zum BEWUSST SEIN. Zu romantisch für einen "rauen" Waldviertler? Gerne, du auch? Alles Gute uns allen & besinnliche Zeiten!
Michi Auer, dein-schreiberling.at
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