Genuss im Freien: "Wir sind Frischluftfanatiker"
St. Pöltens Vorzeigegastronom Tezcan Soylu spricht sich für eine Minigastromeile am Domplatz aus.
ST. PÖLTEN (jg). Stellen Sie sich vor, das Thermometer zeigt 25 Grad, die Sonne scheint und Sie haben Gusto auf einen Spritzer oder einen Kaffee. Würden Sie eher in einem Kaffeehaus Platz nehmen oder sich lieber in einen Schanigarten setzen? Tezcan Soylu fällt die Antwort auf diese Frage ganz leicht: "Sicherlich in einen Garten. Wenn das Wetter passt, sitzt jeder gerne draußen. Wir sind ja alle Frischluftfanatiker", sagt er.
St. Pöltner Kultlokale
Warum ist das so, dass man gerne im Freien, womöglich auf schön angelegten Plätzen sitzt? Und welche Gegebenheiten braucht es, um Kunden erfolgreich in ein Lokal zu locken und damit auch in einer Stadt mitsamt ihren Plätzen für Leben zu sorgen?
Soylu, der gerne Tezcan genannt wird, muss die Antworten auf diese Fragen wissen. Er ist in St. Pölten alles andere als ein Unbekannter. Nachdem er sein Medizinstudium an den Nagel gehängt hatte, verwirklichte er sich in der Gastronomie und brachte mit dem Mittendrin und dem Musikcafé Egon Leben in die Szene. Die beiden Institutionen übergab er als Kultlokale an seine Nachfolger. Er selbst suchte sich im Palais Wellenstein eine neue Wirkstätte und zeigt auch hier einmal mehr, dass er Ahnung vom Geschäft hat.
Verweilen in Gesellschaft
Laut Soylu steckt Erfolg in der Persönlichkeit, in der Qualität und in der Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt und die Möglichkeit bietet, sich auszutauschen. "Wir sind ja Gesellschaftsmenschen", sagt der Vorzeigegastronom. "Wir sind kommunikativ und jeder will sich auf die eine oder andere Art und Weise austauschen."
Diese Möglichkeit zum Austausch könnte bald auch ein großer Schanigarten am Domplatz bieten, der zu einem anderen Teil des Palais Wellenstein gehört, in dem künftig ein Lokal betrieben werden soll und für das aktuell ein Pächter gesucht wird.
Abseits dieses Lokals sei es schwer, noch zusätzliche gastronomische Angebote zu schaffen. "Auf zwei Seiten ist der Dom, dann gibt es das Sparkassen-Gebäude. Es ist schwer, hier Möglichkeiten zu finden", sagt Soylu, der allerdings auf andere Ideen, über kulinarische Angebote Kundenströme zu lukrieren, verweist: "Super würde ich einen Fixmarkt in Form des Naschmarktes finden", sagt er. "Mit Spezialitäten aus kleinen Gastroständen einerseits – eine Minigastromeile – und andererseits Gemüse, Obst und Waren von Kleinproduzenten."
"Eine zusätzliche Belebung"
Als Konkurrenz würde der Wellenstein-Chef die kleinen Gastrostände nicht empfinden. Im Gegenteil: "Es wäre eine zusätzliche Belebung", sagt er. Mehr Angebot wäre quasi mehr Anreiz, öfter die Gegend aufzusuchen.
Und die Leute würden schließlich immer dort hingehen, wo etwas los ist: "Die Minigastromeile und die Erweiterung des Marktes wären meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, den Domplatz zu beleben. Kann das nicht realisiert werden, würde ich die Parkplätze bestehen lassen."
Domplatz: Pächter für Hotspot gesucht
Das sogenannte Palais Wellenstein liegt an prominenter Stelle des historischen Stadtkerns von St. Pölten und bildet den Großteil der südlichen Randbebauung des Domplatzes. Aktuell wird das Gebäude renoviert. Künftig soll es Platz für ein neues Lokal mitsamt Schanigarten bieten. Ein Pächter dafür wird aktuell gesucht, wie Michael Moser, Miteigentümer des Palais, bestätigt. "Es kommt keine Disco hinein", so viel könne Moser schon sagen. Ansonsten seien die Eigentümer für alles – ob zum Beispiel gut bürgerliche, französische oder italienische Küche – offen.
Domplatz 2020: Diskutieren Sie mit!
Im Rahmen einer sechsteiligen Serie werfen wir unter dem Titel "Mein Bezirk 2020" einen Blick auf die Neugestaltung des St. Pöltner Domplatzes. Im Mittelpunkt stehen Chancen, die sich aus der Neugestaltung für den Platz selbst und für die Stadt ergeben.
Im Anschluss an die Serie findet am 18. Juni um 18 Uhr im VAZ St. Pölten eine öffentliche Podiumsdiskussion statt. Kommen Sie und diskutieren Sie mit!
Teil 1: Domplatz: Die Attraktion im Herzen des Landes
Teil 2: Genuss im Freien: "Wir sind Frischluftfanatiker"
Teil 3: Professioneller Markt als Allheilmittel für die Stadt
Teil 4: Domplatz 2020: "Gehen ist ein Thema von wenigen hundert Metern"
Teil 5: Domplatz als Symbol für Öffnung der Kirche
Teil 6: Dem neuen Wohnzimmer fehlt es an Lebendigkeit
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