Professioneller Markt als Allheilmittel für die Stadt
Branchenmix, Aufenthaltsqualität und Park-raum: Laut Thomas Egger braucht es mehr als nur ein paar Standln.
ST. PÖLTEN (jg). "Märkte gehören in Innenstädte. Städte haben sich ja überhaupt erst durch Märkte zu Städten entwickelt", sagt Thomas Egger. Als Geschäftsführer des in Linz ansässigen Beratungsunternehmens Egger & Partner, das sich seit 22 Jahren mit nachhaltigem Stadtmarketing beschäftigt und über 60 Wochenmärkte aufgebaut beziehungsweise optimiert hat, weiß er, wovon er spricht. Für Egger sind Märkte in Sachen Frequenz und Kaufkraftbringung "eine der nachhaltigsten Maßnahmen, um eine Revitalisierung von Ortsbereichen einzuleiten."
Förderung des Handels
Die Weiterentwicklung des bestehenden Marktes ist im Zuge der Neugestaltung des Domplatzes auch in St. Pölten ein Thema, dem so gut wie alle Interessensgruppen etwas abgewinnen können. Warum eigentlich? Welche positiven Effekte kann ein Markt mit sich bringen? Was braucht ein Markt überhaupt, um Konsumenten anzulocken?
"Wir haben herausgefunden, dass für 15 Euro Durchschnittsausgaben auf einem klassischen Markt mit 12 bis 14 Ständen 30 Euro in den umliegenden Betrieben ausgegeben werden", sagt Egger. Er spricht von einem Synergieeffekt und einem System: Hat man einen Kunden schon einmal im System, fahre er nicht gleich weg, sondern bleibe zumindest eine Zeit lang – etwa in der Innenstadt. "Märkte sind damit auch indirekte Förderer des lokalen Handels", so Egger.
Es braucht Qualitäten
Um diese Effekte zu erzielen, würden Kunden laut dem Experten Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren Produkten brauchen und das Angebot müsse passen: "Wenn der Bedarf nicht eins a abgedeckt ist, leiden darunter auch alle anderen Branchen". Darüber hinaus müsse man aber, um Räume aufzuwerten, diese in ihrer Gesamtheit betrachten. "Was nutzt mir der tollste Branchenmix, wenn mir die Bevölkerung wegbricht?", spricht Egger nur eine von vielen "Qualitäten" an, die es für eine attraktive Innenstadt brauche. "Man muss weg vom reinen Wirtschaftsdenken", sagt er und verweist auf Freizeit-, Kultur-, Wohn- und Lebensqualität – Nicht zuletzt, weil Märkte und damit Innenstädte neben dem Einkauf andere Funktionen erfüllen, die in Summe ein Erlebnis bieten sollen.
Parken: "Zentrale Bedeutung"
Laut Egger geht es dabei um Kommunikation, um Lifestyle, um soziale Treffpunkte und um Komfort. Zu Letzterem sei auch die Erreichbarkeit – Stichwort Parkplätze – zu zählen. Parken habe laut Egger "nach wie vor" eine zentrale Bedeutung: "Wenn ich keine Parkplätze in der richtigen Positionierung habe, bringt mir auch der beste Branchenmix nichts."
Die höchsten Durchschnittsausgaben haben Autofahrer, wie Studien laut Egger zeigen. Und diese würden am liebsten in die Geschäfte hineinfahren. Sind die Autostellplätze zu weit weg und über einen unattraktiven Weg mit dem Zielort verbunden, würden sich Konsumenten eher für Shopping-Center entscheiden. Gleiches gelte für Parkgebühren ohne entsprechender Rückvergütung: "Man darf nicht das Gefühl erwecken, dafür bestraft zu werden, wenn man in der Innenstadt einkaufen gehen will", sagt Egger.
Zur Person
Thomas Egger hat das Masterstudium „Standort- und Regionalmanagement“ absolviert, ist geprüfter Stadt- und Regionalmanager und Lehrbeauftragter an der Universität Basel. Der Fachmann in Sachen Standortentwicklung wird bei der öffentlichen Diskussion am 18. Juni um 18 Uhr im VAZ St. Pölten am Podium Platz nehmen.
Markt am Domplatz: "Bauch von St. Pölten"
Seit 1786 dient der Domplatz als Veranstaltungsort des Donnerstag und Samstag jeweils von 7 bis 12.30 Uhr stattfindenden Wochenmarktes, der als Treffpunkt für Feinschmecker oft als "Bauch von St. Pölten" bezeichnet wird. Darüber hinaus finden hier im Sommer sowohl klassische als auch zeitgenössische Open-Air-Veranstaltungen statt. Der Wochenmarkt bietet ganzjähriges Einkaufsvergnügen mit saisonalen Schwerpunkten. Er gilt als Nahversorger für die Innenstadt und Anziehungspunkt für Menschen aus dem Umland. Neben Landwirten, die selbst erzeugte Produkte anbieten, sind Gärtner mit Blumen und Pflanzen, aber auch Händler mit Obst und Gemüse und Textilbeschicker am Markt präsent.
Domplatz 2020: Diskutieren Sie mit!
Im Rahmen einer sechsteiligen Serie werfen wir unter dem Titel "Mein Bezirk 2020" einen Blick auf die Neugestaltung des St. Pöltner Domplatzes. Im Mittelpunkt stehen Chancen, die sich aus der Neugestaltung für den Platz selbst und für die Stadt ergeben.
Im Anschluss an die Serie findet am 18. Juni um 18 Uhr im VAZ St. Pölten eine öffentliche Podiumsdiskussion statt. Kommen Sie und diskutieren Sie mit!
Teil 1: Domplatz: Die Attraktion im Herzen des Landes
Teil 2: Genuss im Freien: "Wir sind Frischluftfanatiker"
Teil 3: Professioneller Markt als Allheilmittel für die Stadt
Teil 4: Domplatz 2020: "Gehen ist ein Thema von wenigen hundert Metern"
Teil 5: Domplatz als Symbol für Öffnung der Kirche
Teil 6: Dem neuen Wohnzimmer fehlt es an Lebendigkeit
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