Alsergrund
Wiens erstes Denkmal für homosexuelle NS-Opfer eröffnet
Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung wurde der offene Bücherschrank im Heinz-Heger-Park, der den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus gewidmet ist, eröffnet. Es ist das erste permanente Denkmal für diese Opfergruppe in Wien.
WIEN/ALSERGRUND. "Wir haben dreimal die Geschichte des Nationalsozialismus durchgemacht. Homosexuelle Opfer waren dabei eine Fußnote – wenn überhaupt", sagt Ann-Sophie Otte, Obfrau der "Homosexuellen Initiative Wien". Sie spricht bei einer Gedenkfeier am ersten dauerhaften Denkmal für homosexuelle Opfer in Wien – dieses steht nämlich seit Sommer am Alsergrund, genauer gesagt am Zimmermannplatz im kleinen Heinz-Heger-Park.
Zur Feier sind dabei vor allem Vertreterinnen und Vertreter des Alsergrunder Bezirksparlaments gekommen, aber auch die Stadtpolitik ließ sich nicht bitten. So waren Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Peter Kraus, der Parteivorsitzende der Grünen Wien, im kleinen Park. Auch Mitglieder der Homosexuellen Initiative Wien, die sich für die Rechte und Anliegen von queeren Menschen einsetzt, waren dabei.
Ein offener Bücherschrank als Denkmal
"Hier wird ein Zeichen gesetzt, ein wichtiges Zeichen, für die Gedenkkultur unserer Stadt", erklärte Kaup-Hasler dabei in ihrer Rede: "Und das ist der offene Bücherschrank im Heinz-Heger-Park." Heinz Heger war das Pseudonym eines homosexuellen Autors, der in der Nazi-Zeit in ein Konzentrationslager (KZ) deportiert wurde.
Er schrieb später das erste Buch, welches die Erfahrungen eines Homosexuellen in einem KZ thematisierte: "Die Männer mit dem Rosa Winkel". Der Mann war dabei Alsergrunder – er lebte selbst am Zimmermannplatz, direkt dort, wo sich jetzt der kleine Heinz-Heger-Platz befindet. Daran erinnert passenderweise ein Bücherschrank. Darauf abgebildet ist etwa ein rosa Dreieck – dieses erinnert an die rosa Winkel, die homosexuelle KZ-Häftlinge an ihrer Kleidung tragen mussten.
Auch wenn das Thema ernst und die Stimmung entsprechend würdevoll war, herrschte nicht nur Niedergeschlagenheit vor – nein, es war auch Raum für Humor und Hoffnung in die Zukunft. So wurde gewitzelt, ob die kleine grüne Fläche am Zimmermannplatz wirklich ein Park sei und ob die Definition eines "Parks" auf die von Auto- und Straßenbahnlärm erfüllte Insel wirklich zutreffen würde. Am Ende wurde zu "Born this way" von Lady Gaga geschunkelt – aber das nur am Rande.
Das erste "offizielle" Denkmal für Homosexuelle NS-Opfer
Denn im Zentrum stand natürlich der Bücherschrank, der tatsächlich das erste "offizielle" Denkmal der Stadt Wien ist, das sichtbar an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Zwar ist auch ein Denkmal im Resselpark im 4. Bezirk geplant – die Fertigstellung dauert aber noch, auch wenn im Mai bereits ein Siegerentwurf präsentiert wurde. Und so ist bis hierhin der kleine, aber modern gestaltete Bücherschrank am Rande des Alsergrunds Wiens erstes Denkmal für diese spezielle Opfergruppe.
Lange verdrängt und vergessen
"Es sind Geschichten von Personengruppen, die bis heute viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen", stellt die Alsergrunder Bezirksvorsteherin Saya Ahmad (SPÖ) in ihrem Statement klar: "Und die viel mehr Aufmerksamkeit und historische Aufarbeitung verdienen und auch bräuchten."
Dazu möchte der 9. Bezirk einen Beitrag leisten. Der Bücherschrank, davon konnte man sich auch während der Gedenkveranstaltung überzeugen, wird dabei fleißig benützt. Immer wieder spazierten Personen vorbei und betrachteten interessiert die Bücher, stöberten im Schrank. Das soll wohl zeigen, dass ein Denkmal an NS-Opfer keinesfalls eine tote Form der Erinnerung ist – sondern durchaus auch mit Leben gefüllt werden kann.
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