Prozess gegen Pflegemutter
Erstklässlerin aus dem Bezirk Amstetten wog nur 13 kg

- Die Pflegemutter nach der Verhandlung.
- Foto: Probst
- hochgeladen von Thomas Leitsberger
BEZIRK AMSTETTEN. (ip) Auch nach dem zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen eine 44-jährige Pflegemutter aus dem Bezirk Amstetten führten mehrere Anträge zur Vertagung. Zumindest fünf Ärzte, die mit dem Pflegekind Janine (Name v. d. Red. geändert) medizinischen Kontakt hatten, sollen laut Verteidiger Georg Thum bestätigen, dass die Angeklagte mit dem Kind regelmäßig zu Kontrollen erschien und den ärztlichen Empfehlungen nachgekommen sei.
Schwere Vorwürfe: Gefesselt, geschlagen, kaum Nahrung
Laut Staatsanwältin Barbara Kirchner bekam das Kind jahrelang kaum zu essen, wurde geschlagen, mit Handschellen ans Bett gefesselt, gebissen und musste nicht zuletzt Kot essen. Ungewaschen und verwahrlost besuchte Janine Betreuungseinrichtungen. Eine Volksschullehrerin brachte entsprechende Maßnahmen schließlich ins Rollen, nachdem das Mädchen auch dadurch aufgefallen war, dass es den Schulkameraden die Jause stahl und häufig nicht in der Lage war, über Stiegen zu kommen.
Erstklässlerin wog nur 13 kg
Das nach Größe und Gewicht extrem auffallende, mittlerweile neunjährige Kind kam mit eineinhalb Jahren in die Familie der Beschuldigten. Brachte es damals zwölf Kilo auf die Waage, wog es im ersten Schuljahr noch keine 13 Kilo. Janine habe an vielen Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten gelitten und anscheinend beschlossen, nicht mehr zu wachsen, beteuerte die Frau vor Gericht und wies alle Vorwürfe Kirchners zurück.
Dem widersprach das Gutachten eines Kinderarztes, der sich den Zustand des Mädchens nur damit erklären kann, dass Janine die Nahrungszufuhr verweigert worden sei. Vertreterinnen von Kindergärten und Schule, die auch bei entsprechenden Ämtern Meldungen erstattet hätten, bestätigten, dass Janine immer hungrig gewesen sei und alles Angebotene gegessen habe.
Eher vorwurfsvoll klangen die Fragen des Richters, die er einer der Familienbetreuerinnen stellte. Diese gab an, dass sie etwa 2016 insgesamt zwei Hausbesuche machte, 2017 sogar nur einmal bei der Familie Nachschau hielt. Von den Hausbesuchen während der gesamten Betreuungszeit habe nur ein einziger ohne Ankündigung stattgefunden. Verwahrlosungen oder Verletzungen seien ihr keine aufgefallen, meinte die Zeugin.
Während die drei Kinder und der Lebenspartner der Angeklagten von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machten, stellte sich die Mutter der 44-Jährigen den Fragen des Richters. Mehrmals wöchentlich habe die Tochter Janine morgens zu ihr gebracht. Nach Frühstück, Zähneputzen und Waschen habe sie die Kleine in den Kindergarten gebracht, zu Mittag wieder abgeholt und sie mit Essen versorgt. Nur einmal habe sie Janine Wasser verweigert, da sie schon genug getrunken habe. Auf dem Weg zur Garage habe sich das Kind dann vor eine Pfütze fallen lassen und gemeint: „Ich muss verdursten!“



Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.