Kreuzweg im FP-Kreuzfeuer
Zitat der Terroristin Ulrike Meinhof an Amstettner Marterl empört Gemeinderätin Kashofer.
AMSTETTEN. "Die Würde des Menschen ist antastbar geworden", ein Ausspruch der einstigen Friedensaktivistin und späteren RAF-Terroristin Ulrike Meinhof sorgt für Aufregung in der Amstettner FPÖ. Denn er steht am zehnten der zwölf Kreuze, die jedes Jahr in der Fastenzeit den Weg vom alten zum neuen Amstettner Friedhof säumen. Schüler der Polytechnischen Schule haben sie aus Holz, Eisen, Keramik und Glas gestaltet und bestücken sie im Religionsunterricht Jahr für Jahr mit neuen Bildern und Texten.
Letztere stammen heuer aus Pregarten und untermauern den Leidensweg Christi mit Geschichten und Zitaten sozial- und gesellschaftskritischer Menschen: von Adolph Kolping, Franz Jägerstätter, Sophie Scholl, Ernesto Cardenal, dem türkischen Dichter Nazim Hikmet - und Ulrike Meinhof.
Kritik im Gemeindekurier
Es werde "die vielfache Mörderin als 'Friedensaktivistin' wie eine Märtyrerin verherrlicht, ihre 'Zivilcourage' bewundert, ihre Verbrechen verharmlost" schreibt FP-Gemeinderätin Brigitte Kashofer im freiheitlichen Gemeindekurier und titelt "kommunistische Propaganda im Religionsunterricht". Dass im weiteren Text Meinhofs Handeln als erschütternder Irrweg bezeichnet wird, durch den sie ihre Ideale verriet, lässt die FPÖ-Chefin nicht gelten. "Das ist eine unzulässige Verharmlosung. Mord ist kein erschütternder Irrweg", so Kashofer, die auch nicht versteht, warum ein türkischer Dichter auf einem Amstettner Kreuzweg vorkommt.
Sinnerfassendes Lesen
"Die Verfasser der Texte waren sich klar darüber, dass alleine die Verwendung eines Zitates von Ulrike Meinhof polarisiert. Allerdings haben sie darauf vertraut, dass die Menschen sinnerfassend lesen können. Was Brigitte Kashofer 'liest' kann nur ihrer einseitigen Gedankenwelt entsprungen sein. Ihre Unterstellungen sind ungeheuerlich", schreibt Ulrike Schelberger, Direktorin des Poly Amstetten in einer Stellungnahme.
"Wenn man das nicht genau durchliest, dann kommt sowas heraus. Es ist die Aussage einer Frau, die sich damals noch auf legalem Boden bewegte und dann ihre Ideale verriet", meint Pfarrer Peter Bösendorfer und fügt hinzu: "Ein Kreuzweg regt immer auf."
Fazit: Wegen der Diskussion werden die zwölf Marterl heuer vierzehn Tage länger stehen bleiben, "damit die Leute schauen können", sagt Ulrike Schelberger.
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